Vom rein juristischen Standpunkt aus halte ich eine Begnadigung für zwingend notwendig. Ich betrachte dies auch im Vergleich zu den NS-Straftätern. Von denen hat keiner mehr als 20 Jahre Haftstrafe verbüßt. Obwohl man die Umstände und das Ausmaß ihrer Taten nicht vergleichen kann, haben wir es in beiden Fällen mit Mördern zu tun.
Albert Meyer, Rechtsanwalt und Notar, Berlin
Bei der derzeitigen Diskussion wird mir die Sühne- und Genugtuungsfunktion der Strafe zu wenig berücksichtigt. Alle scheinen Angst zu haben, sich dabei dem Verdacht auszusetzen, Vergeltung üben zu wollen, wenn sie die Begnadigung ablehnen. Dabei muss die Gesellschaft Opfern beziehungsweise deren Hinterbliebenen sehr wohl das Recht auf Sühneausgleich zugestehen. Wenn man im konkreten Fall meint, dass durch die bisherige Strafverbüßung ein Sühneausgleich erfolgt ist, muss man, insbesondere im Falle Buback, von dem Täter zusätzlich fordern, dass er durch lückenlose Aufklärung des Tathergangs dem Schmerz der Hinterbliebenen Rechnung trägt. Für mich ist der Beginn der Reue, sich auf die Hinterbliebenen zuzubewegen, obwohl Reue eigentlich mehr verlangt. Aber ich halte diese Geste den Hinterbliebenen gegenüber entscheidend als Voraussetzung für eine Strafentlassung auf dem Gnadenwege.
Zwi Rappoport, Mitglied im Schiedsgericht des Zentralrats der Juden und Richter in Dortmund
Als Jurist kann ich keine Bewertung der unterschiedlichen Fälle der beiden ehemaligen RAF-Terroristen abgeben, da ich die Hintergründe nicht genügend kenne. Da kommt es zum Beispiel darauf an, ob sie die gesetzliche Mindeststrafe verbüßt haben. Grundsätzlich sieht aber das deutsche Recht vor, dass Straftätern die Möglichkeit eingeräumt werden kann, ins gesellschaftliche Leben zurückzukehren. Gnade setzt meiner Meinung nach jedoch auch Reue und Distanz zur Tat voraus. Von Interesse ist zudem die Frage, was die Familien der Opfer meinen. Da geht es nicht nur um das Recht der Täter, sondern auch um das Recht der Opfer. Jedes Erbarmen erfordert jedoch Reue.
Jochen Fahlenkamp, Kantor und Strafverteidiger, Berlin
Das deutsche Rechtssystem eröffnet grundsätzlich die Möglichkeit zu Gnadenerweisen. Im Falle des zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Terroristen sind daher die gleichen Maßstäbe zu Grunde zu legen wie bei jedem anderen Gnadengesuch. Wenn die grundlegenden Voraussetzungen für eine Begnadigung vorliegen, das heißt wenn der Täter sein Unrecht einsieht, Reue zeigt und nach Überzeugung des Gerichts nicht erneut straffällig wird, kann es für die Entscheidung über das Gnadengesuch nicht darauf ankommen, welche Motive den Täter leiteten und wer Opfer der Tat war.
Hermann Alter, Mitglied im Schiedsgericht des Zentralrats der Juden und Rechtsanwalt in Frankfurt