Soldaten

»Schande für Israel«

Die Aufkleber am Kofferraum sind eindeutig: »Lasst nicht Gleichgültigkeit sie töten«, heißt es da in blauen Buchstaben auf weißem Grund. Daneben sind die drei Gesichter der im zweiten Libanonkrieg entführten Soldaten zu sehen: Ehud Goldwasser, Eldad Regev und Gilad Shalit.
Ob die im Libanon festgehaltenen Goldwasser und Regev noch leben, weiß hier niemand. Doch auch nicht, ob sie tot sind. Dennoch erwägt die Regierung nun, die beiden als »Killed in Action« – zu im Kampf Gefallenen zu erklären. Der oberste Militärrabbiner Avichai Ronsky prüft derzeit die Voraussetzungen entsprechend Geheimdienstinformationen und Halacha. Grund ist der Deal zwischen Israel und Hisbollah, an dem seit Monaten gefeilt wird. Zuerst lautete der Handel: die Soldaten gegen den Terroristen Samir Kuntar, der 1979 drei Israelis getötet hatte. Die meisten Minister waren dafür. Jetzt will die libanesische Terrororganisation auch palästinensische Gefangene haben. Doch darauf lautet die Antwort des Premiers eindeutig »Nein«.
»Warum gerade jetzt?«, fragen die völlig entsetzten Familien und drängen Premierminister Ehud Olmert, das Abkommen endlich vor die Knesset zu bringen. Goldwassers Ehefrau Karnit spricht inzwischen von einer »Schande für Israel«.
Familie Shalit hat kürzlich immerhin ein Lebenszeichen von ihrem Sohn erhalten. Einen einseitigen Brief, den er offensichtlich im Juni verfasst hat. Gilad be-
schreibt, wie sehr er seine Familie vermisst, wie schwer es für ihn sei: »Ich habe körperliche und psychologische Schwierigkeiten und Depressionen, die Teil dieser Art von Leben sind …« Hamas entführte Gilad zu Beginn des Libanonkrieges an der Grenze zwischen Israel und Gasa. Er war ein Soldat und gerade 18 Jahre alt. Um die fragilen Verhandlungen nicht zu gefährden, hielten sich seine Eltern stets aus der Öffentlichkeit heraus. Bis jetzt. Nach dem Abkommen zwischen der Regierung und Hamas über einen Waffenstillstand – das Gilad nicht beinhaltet – riss Aviva und Noam Shalit der Geduldsfaden.
»Es gibt kein Licht am Ende des Tunnels«, beschreibt Mutter Aviva ihr Gefühl. Vater Noam fügt hinzu, dass er nicht verstehe, wie diese hoch entwickelte Armee es nicht schafft, seinen Sohn zu befreien, der offenbar in einem Keller in Gasa, »hier um die Ecke, nicht irgendwo in Bora Bora«, gefangen gehalten wird. Die Shalits haben vor dem Obersten Gerichtshof gegen Verhandlungen mit Hamas, die die Freilassung ihres Sohnes nicht einbeziehen, geklagt. Ihre Klage wurde am Montagabend abgewiesen. Sabine Brandes
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