Helsinki

Reich an Heimat

von Katharina Schmidt-Hirschfelder

Einen besseren Ort als Finnland können sich viele finnische Juden nicht vorstellen. Außer dem rauen Klima sehen sie keine Probleme im Land der tausend Seen. Deshalb herrscht schon jetzt, ein halbes Jahr vor dem 90. Unabhängigkeitsjubiläum im Dezember, hektische Betriebsamkeit in Helsinkis jüdischer Gemeinde.
Harry Matso, der aus diesem Anlass einen Empfang in der Gemeinde organisiert, erwartet hochrangige Gäste aus Politik und Kultur. »Wir sind akzeptiert in Finnland. Heute wie damals«, erklärt er gelassen und weist dabei mit seinem Gehstock auf ein vergilbtes Foto. Es zeigt ihn in der Synagoge, drei Reihen hinter General Mannerheim. Es war eine Geste mit Symbolkraft, dass der finnische Staatsmann 1944 an Finnlands Nationaltag die Synagoge besuchte. Die Geste wirkt für Matso bis heute fort. Denn ohne den streitbaren Mannerheim und Finnlands Unabhängigkeit wäre der heute 80-Jährige nicht mehr am Leben. »Wer auch immer den Krieg gewonnen hätte, Hitler oder Stalin, wir wären die Verlierer gewesen. Finnlands Unabhängigkeit hat uns gerettet.«
Ein Satz, den auch der neue Gemeindevorsitzende Rony Smolar von seinem Vater Sholka gut kennt. Mitten im Krieg gegen Russland baute er aus einem ein-
fachen Zelt, nur einen Kilometer von der finnisch-russischen Front entfernt, eine Synagoge. Selbst an eisigen Winterabenden trafen sich hier am Schabbat finnisch-jüdische Soldaten. Manche kamen sogar auf Skiern aus Südkarelien. »Während in Europa Synagogen brannten, salutierten hier deutsche Soldaten an der Sholka Shul.« Denn um seine Unabhängigkeit zu retten, war Finnland 1941 eine höchst zweifelhafte Kurzallianz mit Nazideutschland eingegangen – mit glücklichem Ausgang für die finnischen Juden: Keiner von ihnen fiel der Schoa zum Opfer.
Nach dem Krieg gab es noch drei jüdische Gemeinden: Tampere, Turku und Helsinki. Selbst in den südfinnischen Urlaubsorten kam damals regelmäßig ein Minjan zusammen. »Als Zehnjähri-
ger fuhr ich mit dem Fahrrad von Haus zu Haus und trommelte die Leute zusammen«, schwärmt Emanuel Schapira. Heute ist der Lehrer und Vizekantor pensioniert, aber das Gemeindeleben lässt ihn nicht los. Während der Abwärtstrend in seiner alten Heimatstadt Turku wohl kaum aufzuhalten ist, blüht die einzig verbliebene Gemeinde Helsinki seit ein paar Jahren auf. Kindergarten, Schule, Altersheim, Jiddischklub, Koscher Deli, Europas ältester aktiver Makkabiverein – Helsinkis Gemeindezentrum kann sich sehen lassen. Und wird gesehen. Was nicht nur an der exponierten Lage im Trendviertel Kamppi liegt. Als die Synagoge in der Malminkatu im letzten Jahr 100 Jahre alt wurde, kam das offizielle Finnland, um zu gratulieren.
Auf ein Lebensprojekt ist Schapira besonders stolz – den ersten finnischen Siddur. Pünktlich zum Unabhängigkeitsjubiläum soll er in diesem Jahr veröffentlicht werden. Behutsam blättert er in dem druckfrischen Exemplar mit dem blauen Einband. »Wir sind zwar eine kleine Minderheit, aber das hier ist für unsere Kinder«, strahlt Emanuel Schapira.
Etwa 1.300 Juden leben heute in Helsinki, 80 Prozent von ihnen sind Gemeindemitglieder. Die meisten sind säkular, während die Synagoge dem orthodoxen Ritus folgt. Ein Widerspruch, den Einwanderer aus Israel, Russland und Estland noch verstärken. Durch mehr Integration der nichtjüdischen Ehepartner will Gemeindechef Smolar mehr Öffnung anregen, um die junge Generation zu halten: »Vielleicht kommen dann auch mehr junge Familien in die Synagoge.« Die Voraussetzungen sind jedenfalls bestens. In der modernen finnischen Gesellschaft kann sich das moderne jüdische Leben ungehindert entfalten.

Berlin

Wagenknecht-Bündnis gegen Waffenexporte nach Israel

Das Bündnis Sahra Wagenknecht fordert einen kompletten »Waffenstopp«

 22.04.2024

Capri

G7 warnen Israel und Iran vor Eskalation

Der Iran wird aufgefordert auf, die Unterstützung der Terrororganisation Hamas zu beenden

 19.04.2024

Frankfurt am Main

Angriff Israels auf Iran belastet Aktienmarkt

Der Leitindex Dax sackte gleich zu Beginn des Handelstages ab

 19.04.2024

Jerusalem

Baerbock trifft Premier Netanjahu und Präsident Herzog

 17.04.2024

Israel

Omer und ich

Ich habe einen neuen Mitbewohner, einen neuen Freund. Omer Shem Tov ist bei mir eingezogen. Er hat wunderschöne Augen, blaugrün und gutmütig, während ich derzeit schlecht schlafe, schließt er sie nie

von Gabriella Meros  15.04.2024

Naher Osten

G7 verurteilen Angriff auf Israel

Die sieben großen Industriestaaten hatten am Sonntag ein Treffen einberufen

 14.04.2024

Berlin

Zentralrat der Juden ruft Deutschland und die EU zu einer harten Position gegenüber Iran auf

Zentralrat hat den Großangriff Irans auf Israel mit aller Schärfe verurteilt

 14.04.2024

Rechtsextremismus

Zentralrat: »AfD-Funktionäre müssen immer wieder mit ihren radikalen Ansichten konfrontiert werden«

Zentralratspräsident Josef Schuster äußert sich zum TV-Duell

 12.04.2024

NRW

Haftbefehl gegen drei Jugendliche wegen Terrorverdachts

Sie werden verdächtigt, einen islamistisch motivierten Anschlag geplant zu haben

 12.04.2024