Hamas-Sieg

Ratlose Supermacht

von Matthias B. Krause

Wenn US-Außenministerin Condoleezza Rice in dieser Woche durch den Nahen Osten reist, ist sie wieder einmal in einer schwierigen Mission unterwegs. Einerseits will sie versuchen, die Front gegen den nuklear aufrüstenden Iran zu verbreitern, andererseits die Isolation der Hamas-Bewegung voranzutreiben, die bei der Wahl zum palästinensischen Parlament überraschend stärkste Kraft geworden war. Beides wird in Ägypten, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf wenig Gegenliebe stoßen. Die israelische Regierung schuf Fakten und fror rund 40 Millionen Euro Steuergeld ein, noch bevor Palästinenser-Präsident Machmud Abbas den für Hamas-Verhältnisse als gemäßigt geltenden Ismail Hanija mit der Regierungsbildung beauftragte. In den USA gehen die Meinungen derweil darüber auseinander, wie man mit dem Problem umgehen soll.
US-Präsident George W. Bush wirkte desorientiert und zerstreut, als er erstmals zu den für seine Regierung überraschenden Vorgängen im Nahen Osten Stellung nahm. Angestrengt versuchte er, der Wahl wenigstens einen halbwegs positiven Dreh zu geben. »Ich schätze den Wettbewerb der Ideen«, sagte er, »ich mag es, daß die Leute rausgehen und sagen können: ›Wählt mich, und dies ist, was ich tun werde.’ Ein System, das dies zuläßt, ist gesund.« Gesund vielleicht, aber es schützt nicht davor, daß sich die Menschen falsch entscheiden. Aus Sicht der USA zumindest.
Washington hatte darauf gedrängt, daß die Palästinenser ein neues Parlament wählen. Daß die radikale Hamas dabei an die Macht kommen würde, hatte keiner geglaubt. Das Ganze war vielmehr gedacht als ein weiterer Beweis für Bushs außenpolitische Doktrin: Wenn man nur der Demokratie auf der Welt den Weg bereite, notfalls mit Waffengewalt, dann stelle sich der Frieden von alleine ein. Eine Fehleinschätzung – und jetzt wird Bush die Geister, die er rief, nicht wieder los.
»Wir müssen uns in den Vereinigten Staaten daran gewöhnen, daß sich andere Länder verändern in einer Weise, die wir in unserer traditionellen westlichen Denkart nicht so einfach verstehen«, sagt Judith Kipper, Expertin für den Nahen Osten am New Yorker »Council on Foreign Relations«. Schwer fällt das wohl besonders den amerikanischen Neokonservativen. Bislang hatten sie stets alle Stimmen überhört, die statt auf einen vermeintlich schnellen Sieg im Kampf gegen den Terrorismus auf eine langfristige Strategie der Unterstützung demokratiefreundlicher Kräfte setzen.
Nach dem Hamas-Erfolg dürften nun die moderaten Kräfte in Washington Auftrieb gewinnen. Und die setzen darauf, daß sich eine Hamas in Regierungsverantwortung selbst mäßigen wird. Doch wie das Weiße Haus kurzfristig mit dem Problem Hamas umgeht, dafür haben auch sie kein Patentrezept. Er wolle nichts mit Hamas zu tun haben, solange die Organisation nicht das Existenzrecht Israels anerkenne und dem Terrorismus abschwöre, stellte Bush klar: »Man kann kein friedvoller Partner sein, wenn man einen bewaffneten Flügel hat.«
Eine Abordnung des Außenministeriums heckte bei einem Israel-Besuch einen eigenen Plan aus. Die Hamas solle derart finanziell ausgehungert werden, daß es schon in sechs Monaten Neuwahlen geben könnte. Kaum berichtete die New York Times darüber, beeilte sich Washington, die Gespräche als »Gedankenspiele« abzutun. »Es gibt keinen amerikanisch-israelischen Plan, kein Projekt oder Plot, die künftige palästinensische Regierung zu destabilisieren«, beteuerte Außenamtssprecher Sean McCormack.
Alleine im vergangenen Jahr unterstützten die USA die palästinensische Selbstverwaltung mit fast 500 Millionen Dollar. Würden sie den Geldhahn tatsächlich zuzudrehen, besteht die Gefahr, daß Hamas dem Westen gänzlich den Rücken kehrt und etwa im Iran Unterstützung sucht – und vermutlich auch findet. Die neue Regierung komplett zu ignorieren, hieße zudem, den Wählerwillen zu ignorieren.
Die Lage ist verzwickt, der Lernprozeß für das Weiße Haus schmerzhaft. Am Ende wird nur eine Politik der kleinen Schritte weiterhelfen, mit der es vielleicht gelingen kann, den radikalen Flügel innerhalb der Hamas zu isolieren. »Die Bush-Regierung glaubte einst, sie könne es sich einfach machen und die Welt mit ein paar mutigen Federstrichen neu gestalten«, schrieb die Washington Post kürzlich. »Aber Demokratisierung ist schwierig, kompliziert und frustrierend. Es gibt keine Abkürzungen.«

Israel

Gideon Saar: Mehrheit der Regierung will Gaza-Deal

Israels rechtsextreme Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich möchten einen neuen Gaza-Deal verhindern. Laut Außenminister Saar sind die meisten Regierungsmitglieder aber anderer Ansicht

 02.07.2025

Politik

Dobrindt in Israel - Treffen mit Netanjahu geplant

Innenminister: »Ich will zeigen, dass wir Israel als engsten Partner im Kampf gegen den Terror unterstützen.«

 28.06.2025

Berlin

Frei informiert die Fraktionschefs über Lage in Nahost

Die Bundesregierung ist nach dem US-Angriff auf den Iran im Krisenmodus. Am Vormittag findet ein Informationsgespräch im Kanzleramt statt, an dem auch die rechtsextremistische AfD teilnimmt

 23.06.2025

Ethik

Zentralrat will sich für Schächten auf europäischer Ebene einsetzen

In manchen Ländern und Regionen Europas ist das Schächten verboten

 22.06.2025

Iran-Krieg

Steinmeier sieht noch Chancen für Diplomatie

Für Diplomatie ist im nahen Osten derzeit kein Raum. Das muss aus Sicht von Bundespräsident Steinmeier aber nicht so bleiben

 18.06.2025

Krieg

Jerusalem warnt Menschen im Iran vor möglichen neuen Angriffen

In bestimmten Gebieten des Irans stehen offensichtlich neue Angriffe bevor. Israels Militär ruft die iranische Bevölkerung zur Evakuierung auf

 15.06.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Juni bis zum 18. Juni

 11.06.2025

Tel Aviv/Gaza

Israel will Ankunft von Thunbergs Schiff in Gaza verhindern

Das Schiff des Bündnisses Freedom Flotilla Coalition ist unterwegs nach Gaza. Nach Angaben der Aktivisten nähern sie sich immer mehr dem Gebiet - Israel droht ihnen nun

 08.06.2025

Petition

Deutsche Prominente werfen Israel Völkermord vor

Die Unterzeichner verlangen eine Aussetzung von Rüstungsexporten

 05.06.2025