Olympia-Boykott

Peking, wir kommen

von Martin Krauss

Von 13 Medaillenhoffnungen spricht man in Israel, wenn es um die diesjährigen Olympischen Spiele geht. Das Olympische Komitee Israels lässt auch in der aktuellen Diskussion über China und Tibet keinen Zweifel aufkommen, dass es seine Athleten nach Peking schicken will. »Wir glauben nicht, dass man Sport und Politik vermischen sollte«, sagt Efraim Zinger, der Generalsekretär des Komitees, »besonders, wenn man unsere aktuelle Situation in der Welt berücksichtigt.« Israel, will Zinger damit andeuten, ist selbst schon viel zu oft Opfer sportpolitischer Boykotte geworden.
Alex Giladi, Israels einziges Mitglied im Internationalen Olympischen Komitee (IOC), war schon 47 mal in China. Als im vergangenen Oktober der chinesische Sportminister Liu Peng Israel besuchte, bedankte er sich ausdrücklich für Giladis Unterstützung der Pekinger Bewerbung.
Die Diskussion, die Giladi und Zinger vermeiden möchten, findet dennoch statt. Die Jerusalem Post fragt: »Sind die Tibeter die neuen Juden?«, um Parallelen zwischen dem für einen unabhängigen Staat kämpfenden tibetischen Volk und dem Zionismus zu ziehen.
»Es ist nichts falsch daran, wenn Politik und Sport vermischt werden«, meint Michalis Firillas, Redakteur der liberalen Tageszeitung Haaretz: »Die Athleten sollten Armbänder tragen, um ihre Opposition zur Unterdrückung von Minderheiten und Dissidenten auszudrücken, und die Staatsrepräsentanten sollten nicht an der Eröffnungs- und Schlusszeremonie teilnehmen«.
Ähnlich argumentiert die konservative Tageszeitung Hatzofeh: Die Spiele böten die Chance, »die sportliche Bühne zu Protesten gegen das chinesische Regime zu nutzen«. Und Haaretz-Korrespondent Uzi Dann verweist auf das Beispiel Südkorea: Als das IOC im Jahr 1981 die Spiele 1988 an Seoul vergab, war das Land eine Diktatur; 1987 wurde erstmals seit über 20 Jahren der Präsident direkt gewählt – und die Spiele fanden in einer Demokratie statt. »Wenn wir alle Länder, die von Amnesty International als Menschenrechtsverletzer genannt werden, von den Spielen ausschließen«, so Dann, »dann hätten wir Olympische Spiele mit gerade mal vier Teilnehmern.« Dann nennt noch ein weiteres Argument: »Sport ohne Politik ist langweilig. Israel hat doch recht, wenn es bereit ist, auch gegen feindliche Staaten anzutreten, sogar gegen solche, die sein Existenzrecht bestreiten.«
Außerhalb Israels wird die Diskussion über China in der jüdischen Welt schärfer geführt. Der amerikanische Nobelpreisträger Elie Wiesel formulierte einen von 31 weiteren Preisträgern unterzeichneten Aufruf »gegen die unvertretbare Kampagne, die die chinesische Regierung gegen unseren Nobelpreis-Kollegen, den heiligen Dalai Lama, führt«. Wiesels Aufruf »endet aber kurz bevor er einen Boykott der Sommerolympiade fordern müsste«, heißt es in einem Kommentar der Jewish News Weekly of Northern California.
Seine ganz persönliche Olympiavorbereitung unternimmt derweil Lewis Sperber, ein New Yorker Jude, der seit 1994 in Peking lebt. Vor zehn Monaten eröffneten er und seine chinesische Frau das »Dini›s«, das vielleicht einzige, auf jeden Fall das bekannteste koschere Restaurant in Peking. Sperber wartet auf jüdische Olympiagäste. »Vor zwei Jahren hatte ich nicht geglaubt, dass es dafür eine Nachfrage geben könnte«, sagt er, »aber heute wächst sie«.

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