„News from Home“

Leise Töne aus Jerusalem

von Jessica Jacoby

Mit seinen mehr als 40 Filmen gilt Amos Gitai als einer der produktivsten und vielseitigsten Regisseure Israels. Der 55jährige ist ständiger Gast auf allen wichtigen internationalen Festivals. Obwohl er in Paris lebt, fand und findet Gitai seine Themen in der kritischen Auseinandersetzung mit Israels Geschichte und Gegenwart. Im Zentrum seiner Filme stehen oft starke Frauen – biblische wie Königin Esther und Judith, historische wie Else Lasker-Schüler und Mania Shohat, aber auch unbekannte Heldinnen des Alltags: Malka aus Mea Schearim zum Beispiel, die in Kadosh der orthodoxen Enge den Rücken kehrt, Zwangsprostituierte, die sich in Promised Land aus der Sexsklaverei befreien, die tapfere Taxifahrerin Hanna in Free Zone.
Ein anderes Motiv, das bei dem gelernten Architekten Gitai immer wieder auftaucht, ist das des Hauses als gesellschaftlicher Mikrokosmos: In Eden verliert sich Dov, ein junger Architekt in Bauhausvisionen, während sein konkreter Hausbau nie fertig zu werden scheint. Alila erzählt von den komplexen Verflechtungen und Konflikten der Mieter in einem Tel Aviver Mehrfamilienhaus.
Ein Haus steht auch im Mittelpunkt von Amos Gitais Dokumentarfilm News from Home, der an diesem Donnerstag in die deutschen Kinos kommt. Es ist der dritte und letzte Teil einer 1980 mit House begonnenen und 1998 mit A House in Jerusalem fortgesetzen Trilogie. »Archäologie« nennt der israelische Regisseur diese Art der dokumentarischen Langzeitbeobachtung. Das Haus, um das es geht, steht in Jerusalem. Einst gehörte es einem arabischen Arzt und seiner Familie. 1948 wurde es als »verlassener Besitz« einem jüdischen Einwanderer aus Algerien übergeben. Wie ein Mosaik setzt Gitai die Geschichte des Hauses aus den Erinnerungen seiner ehemaligen und jetzigen Bewohner sowie der palästinensischen Bauarbeiter, die es umgebaut haben, zusammen. Alle äußern sich erstaunlich differenziert. Die schrillen Töne, die so oft die Berichterstattung aus dem Nahen Osten dominieren, sind hier wohltuend abwesend. »Man darf nicht immer an die Vergangenheit denken«, sagt beispielsweise die Enkelin des ursprünglichen Eigentümers in ihrem sonnendurchfluteten Garten in Amman. Wobei Amos Gitai weiß, das eine solch versöhnliche Haltung ein Privileg der Wohlhabenden ist. Anders sieht es für einen der palästinensischen Bauarbeiter aus, dessen ei- genes Haus auf unsicherem Grund steht: Er hat es illegal errichtet, ohne Baugenehmigung der israelischen Behörden. So muß seine Familie täglich mit Räumung und Zerstörung rechnen, während er in Jerusalem arbeitet.
News from Home ist ein Film der vorbehaltlosen Entdeckerfreude, der mit der leisen Stimme der Besonnenheit spricht. Das macht ihn gerade in der aktuellen politischen Lage besonders sehenswert.

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  05.02.2025

USA/Israel

Trump empfängt Netanjahu im Weißen Haus

Als erster ausländischer Staatsgast in Trumps zweiter Amtszeit kommt der israelische Regierungschef nach Washington. In dem Republikaner hat der israelische Besucher einen wohlwollenden Unterstützer gefunden

 04.02.2025

Düsseldorf

Igor Levit: Bin noch nicht fertig mit diesem Land

Am Klavier ist er ein Ausnahmekönner, in politischen Debatten meldet er sich immer wieder zu Wort. 2020 erhielt der jüdische Künstler das Bundesverdienstkreuz - das er nun nach eigenen Worten fast zurückgegeben hätte

 03.02.2025

Berlin

Kreise: Union will Gesetz doch zur Abstimmung stellen

Hinter verschlossenen Türen wurde in den Unionsparteien viel über das »Zustrombegrenzungsgesetz« gesprochen. Nun gibt es laut Teilnehmern eine Entscheidung

 31.01.2025

Kommentar

Der stumme Schrei der Arbel Yehoud

Die Israelin wurde am Donnerstag von den Hamas-Terroristen endlich freigelassen. Die junge Frau muss unvorstellbare Qualen ausgestanden haben

von Nicole Dreyfus  31.01.2025

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 30. Januar bis zum 5. Februar

 30.01.2025

Österreich

»Gegen Antisemitismus und Antizionismus aufstehen«

Der Bundeskanzler, dessen ÖVP Koalitionsgespräche mit der rechtsextremen FPÖ führt, sagt, weder Hass noch Ausgrenzung dürfe Platz geboten werden

 27.01.2025

Irland

Eklat mit Ansage beim Holocaust-Gedenken

Nach seinem Exkurs zum Gaza-Krieg bei der Gedenkfeier in Dublin hagelt es scharfe Kritik am irischen Staatspräsidenten

von Michael Thaidigsmann  27.01.2025

Berlin

Scholz zu Auschwitz-Gedenken: Müssen Erinnerung hochhalten

Am 80. Jahrestag der Befreiung des ehemaligen deutschen Vernichtungslagers wird der Opfer des NS-Terrors gedacht. Viele Zeitzeugen sind mittlerweile gestorben

 27.01.2025