Krankheiten

Leidgeprüft

von Rabbiner Avichai Apel

Viele Menschen leiden an schweren Krankheiten. Sie suchen unterschiedliche Wege der Heilung: konventionelle Therapien, Chinesische Medizin oder andere Heilmethoden. Die Krankenkassen bieten in vielen Fällen zusätzlich zur medizinischen Versorgung auch psychologische Beratung. Diese Hilfe erweist sich als wirksam, da sie dem Patienten und seiner Familie Wege zeigt, sich besser mit unbekannten Schwierigkeiten auseinanderzusetzen.
Es gibt auch eine andere Herangehensweise. Manche Menschen, deren Angehörige oder Freunde erkrankt sind, suchen den Rabbiner auf oder gehen allein in die Synagoge, um für die Gesundheit des Kranken zu beten. Viele Menschen wenden sich auch mystischen Möglichkeiten des Glaubens zu. Sie sind davon überzeugt, dass es einen alternativen Weg gibt, geheilt zu werden.
Wie können wir uns mit den schrecklichen Krankheiten auseinandersetzen? In 3. Buch Moses 13,2 lesen wir: »So bei einem Menschen auf der Haut seines Fleisches eine Geschwulst entsteht oder eine Flechte oder ein Fleck, und es könnte an der Haut seines Fleisches zum Ausschlag des Aussatzes werden, so werde er gebracht zu dem Priester Aharon oder zu einem seiner Söhne, den Priestern.«
Erhalten hier Aharon und seine Söhne die außergewöhnliche Rolle, über den Krankheitszustand eines Menschen zu entscheiden? Was ist eigentlich die Rolle der Priester? Können sie Medikamente verabreichen, die einen Menschen heilen?
Der Talmud nimmt Leid und Krankheiten der Menschen sehr ernst. »Sagte Raba und Iteima (und es gibt einige, die sagen, es sei Rav Chisda gewesen), wenn ein Mensch betrachtet wird, der Leiden hat, soll er über seine Taten nachdenken, da geschrieben steht: ›Durchsuchen wir unseren Wandel und ergründen ihn, und kehren zurück zum Ewigen‹ (Ejcha 3).«
Der Patient muss sich an Ärzte wenden, um den Grund für seine Krankheit zu suchen und den Weg der Heilung zu finden. Gleichzeitig ist der Patient verpflichtet, über seine Taten nachzudenken. Der Mensch wird nicht grundlos krank. Sein physischer Zustand soll auch Hinweis auf eine psychische Schwäche geben. Der Mensch soll über seine Taten nachdenken. Er soll schauen, was er falsch gemacht hat und herausfinden, wie er seine Wege verbessern kann.
Die Tora weist auf eine direkte Abhängigkeit zwischen den Taten des Menschen und seinem physischen Zustand hin. »Und sprach: Wenn du hörst auf die Stimme des Ewigen, deines Gottes, und tust, was recht ist in seinen Augen, und neigst dein Ohr seinen Geboten zu und beachtest alle seine Satzungen; so werde ich keine der Krankheiten, die ich auf Mizrajim gelegt, auf dich legen, denn ich, der Ewige, bin dein Arzt« (2. Buch Moses 15,26).
Die Medizin ist in G’ttes Händen. Der Mensch ist verpflichtet, sich an einen Arzt zu wenden und das Beste für seine Gesundheit zu tun. Aber man sollte nicht vergessen, dass unsere Taten Einfluss auf unsere Gesundheit haben. Je mehr der Mensch tut, um ein hohes Moralniveau zu halten, desto besser wird seine Gesundheit.
Schon Maimonides (1138-1204) schrieb in seinem Führer der Unschlüssigen (3, 24), es sei nicht selbstverständlich, dass der Mensch leidet, sondern grundsätzlich sei der Mensch von guter Gesundheit. Dadurch wird Lebenskraft konserviert und gefördert. Die Ruhe im Leben des Menschen ist eine der wichtigsten Komponenten, um seine Ziele zu erreichen und sein Potenzial zu verwirklichen. Das Leiden dient dazu, den Menschen zu wecken, damit er über seine Taten nachdenkt und seine Wege korrigiert.
Im normalen Lebensverlaufs neigt der Mensch dazu, seine Taten nicht zu prüfen und nicht darüber nachzudenken, wie er sie verbessern kann. Durch die Veränderung des physischen Zustands wird der Mensch dazu gebracht, sich zu prüfen und die richtige Perspektive im Leben zu bekommen. Viele denken, dass die Gesundheit das Wichtigste im Leben ist. Sie meinen, dass der Mensch eine gesunde Lebens- und Verhaltensweise führen soll. Zweifellos kann gerade der Mensch, der einen nicht einfachen Gesundheitszustand bewältigt und seine Krankheit besiegt hat, die wahre Bedeutung von Leben und Gesundheit verstehen.
Lepra, die in der Tora erwähnt wird, dient als Symbol für eine Krankheit, die gänzlich auf gescheitertes moralisches Verhalten zurückzuführen ist. »Und sagte Rav Schmuel im Namen Rav Nachmani im Namen von Rabi Jochanan: ›Krankheiten kommen aus sieben Gründen: wegen übler Nachrede, wegen Blutvergießens, wegen eines Schwures umsonst, wegen Inzest, wegen Grobheit, wegen Diebstahl und wegen mangelnder Großzügigkeit‹« (Arachin 16).
Die Tora hebt gerade die Lepra hervor, da diese Krankheit für jeden sichtbar ist. Der Patient wurde direkt an Aharon, den Priester, oder an einen seiner Söhne, die ebenfalls Priester waren, verwiesen. Hier muss einseitig gehandelt werden. Eine Überweisung an einen Arzt, um ein Rezept gegen Ausschlag zu erhalten, ist hier nicht hilfreich. Die Heilung der Krankheit erfordert soziale Isolation für eine Woche, in der der Mensch tief nachdenken muss, um herauszufinden, wie er auf das Niveau solcher schlechten Taten geraten ist. Erst nachdem der Mensch einen Weg gefunden hat, seinen Lebenswandel zu bessern, kann er zum Priester zurückkehren, um den Fleck zu beseitigen und so eine neue Eintrittskarte in die normale Gesellschaft erhalten.
Wir sollen allerdings nicht denken, dass nun jeder Leidende annehmen muss, seine Krankheit sei durch seine Sünden verursacht worden. Wir haben nicht die Fähigkeit, G’ttes Urteilswege und seine Geheimnisse in der Welt zu ergründen. Und den- noch kann man die Zeit der Krankheit dazu nutzen, nachzudenken und seine Taten zu prüfen.
Möge G’tt uns helfen, dass wir diese Prüfung nicht erleben müssen.

Der Autor ist Rabbiner der Jüdischen Kultusgemeinde Dortmund

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