Grenzüberschreitend in jeder Beziehung ist das Projekt eines israelischen Künstlers, das am Sonntag in Weimar der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Mit seiner Aktion »Medinat Weimar« will Ron Eidelman Fragen der deutschen, israelischen und jüdischen Identität und Geschichte neu stellen. Der 37-Jährige hat einen propagandistischen »Vorschlag« des iranischen Staatspräsidenten Ahmadinedschad aufgegriffen, der vor einiger Zeit erklärt hatte, wenn denn die Schoa überhaupt stattgefunden habe, sei es an den Deutschen, nicht den Arabern, Land an die Juden abzutreten.
Diese Idee setzt Eidelman auf seine Art jetzt um. Thüringen soll ein jüdischer Staat werden, mit Weimar als Hauptstadt. Die Heimat der deutschen Klassik, der Rostbratwurst und des KZs Buchenwald sagt Eidelman, eigne sich dafür hervorragend. Nicht nur, weil der Israeli in diesem Bundesland Kunst an der Weimarer Bauhaus-Universität studiert. »Thüringen leidet an Bevölkerungsverlust, die Wirtschaft liegt im Argen«, so Eidelman im Gespräch mit der israelischen Zeitung Ha’aretz. Einwanderer brauche das Land auch, weil die Bevölkerung ethnisch immer gleichförmiger werde: »Wenn man hier die Straßen entlanggeht, fällt auf, dass alle Mädchen gleich aussehen.«
Mit Transparenten wie »Koschere Bratwurst jetzt!« präsentierte Eidelman vergangenen Sonntag auf dem Weimarer Theaterplatz der Öffentlichkeit sein Projekt, das gleichzeitig auch seine Abschluss-arbeit an der Bauhausuniversität ist. Die Hochschule hatte sich allerdings geweigert, die Aktion mitzutragen. »Als deutsche Universität sehen wir uns in der Pflicht, besondere Sorgfalt im Umgang mit allen Aspekten der deutsch-jüdischen Beziehungen zu pflegen und Fehldeutungen vermeiden«, ließ die Hochschulleitung verlauten. Zudem befürchtete man Sicherheitsrisiken durch eventuelle Übergriffe von Rechtsextremen, die den Kunstcha-rakter des Ereignisses nicht begriffen. Auch die Jüdische Landesgemeinde hatte sich von Eidelmans Projekt distanziert. Ihr Vorsitzender Wolfgang Nossen sagte der amerikanisch-jüdischen Presseagentur JTA: »Wir sollten froh sein, dass wir einen richtigen Staat haben und kein Spiel daraus machen.« Auch sah Nossen die Gefahr von Missverständnissen bei der thüringischen Bevölkerung. Die scheint die Aktion am Sonntag allerdings eher verwundert bis amüsiert zur Kenntnis genommen zu haben. Gewalttätige Auseinandersetzungen blieben ebenfalls aus. Die Bauhaus-Universität hat das Projekt als Abschlussarbeit anerkannt. Ron Eidelman trägt jetzt den Titel eines Magisters in öffentlicher Kunst. mjw
www.medinatweimar.org