Abraham B. Jehoschua

Israel ohne Helden

von Carsten Hueck

Vor einem Jahr hielt er einen Vortrag an der Freien Universität in Berlin. Der Hörsaal war groß, das Auditorium beschämend klein. Viele waren nicht gekommen, um Abraham B. Jehoschua zu hören, den neben Amos Oz bedeutendsten israelischen Gegenwartsautor. Doch wer dabei war, kam auf seine Kosten. Zu erleben war an diesem Abend der politische Jehoshua, der mit souveränem Witz, temperamentvoll und streitbar, Thesen zu jüdischer Identität vortrug. »Wenn ich schreibe, habe ich große Geduld«, sagt er. »Halte ich aber Vorträge über gesellschaftspolitische Belange, versuche ich, methodisch, logisch und eindringlich zu sein. Um die zu überzeugen, die nicht leicht zu überzeugen sind: meine jüdischen Brüder, über die ich mich sehr leicht aufregen kann – was letztendlich ein Beleg für familiäres Vertrauen ist.«
An diesem Samstag feiert Jehoschua in Haifa seinen 70. Geburtstag. Haifa, sein Zuhause, hat er auch während des Be schusses durch die Hisbollah in diesem Sommer nicht verlassen. Nur am Schabbat, fuhr er nach Ramat Gan, seine Enkel besuchen.
Geboren ist der Autor in Jerusalem, in fünfter Generation einer dort ansässigen sefardischen Familie. Er studierte an der Hebräischen Universität Literatur und Philosophie, unterrichtete an verschiedenen Hochschulen, unter anderem auch in Paris, wo er zwischen 1963 und 1967 lebte. Und er schreibt seit 40 Jahren: Acht Romane, vier Bände mit Erzählungen, Theaterstücke, Essays und Zeitungsartikel hat er veröffentlicht. In 28 Sprachen sind seine Werke übersetzt worden. Er wurde mit zahlreichen nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet, gilt seit Jahren als Nobelpreis-Kandidat. Und immer wieder mischt sich Jehoschua in die Tagespolitik ein, engagiert sich für Frieden mit den Palästinensern und schreckt nicht vor harscher Kritik an den israelischen Politikern bis hoch zum Staatspräsidenten zurück.
Jehoschua gehört zu den »Dor ha-medina«, der Generation von Schriftstellern, die in Israel geboren wurden und in den späten 50er Jahren auf Distanz zur zionistischen Bewegungsliteratur gingen. Das Innenleben ihrer Protagonisten interessierte sie mehr als die ideologischen Verpflichtungen des Kollektivs. An die Stelle von Heldenstereotypen rückte der »entwurzelte Israeli«. In Jehoshuas Romanen treten oft melancholische, gebrochene Charaktere auf, Außenseiter: der stumme Araber, der die Wälder des Jüdischen Nationalfonds bewacht (Angesichts der Wälder, 1968), der bei Ultraorthodoxen untergeschlüpfte Deserteur Gabriel Arditi (Der Liebhaber, 1977), Molcho, ein Tolstoi lesender Sefarde unter Jeckes (Die fünf Jahreszeiten des Molcho, 1987) oder jüngst der namenlose, in Scheidung lebende Personalchef einer Jerusalemer Großbäckerei (Die Passion des Personalbeauftragten, 2006).
In seinen Schilderungen vom Zustand der menschlichen Seele, der Vermischung von realistischen und phantastischen Vorgängen, zeichnet Jehoschua allegorisch die Veränderungen auf, die im kollektiven Bewußtsein Israels stattfinden. Dabei bedient er sich moderner Formen und Techniken des Erzählens: unterschiedliche Einzelperspektiven, Bewußtseinsstrom und Monologe. Jehoschua nimmt Einflüsse westeuropäischer Literatur auf, von Kafka, Camus, auch von den Amerikanern. Die New York Times nannte ihn den »israelischen Faulkner«.
»Literatur hat die Verpflichtung, für die Integration von Dingen zu sorgen, die im Leben willkürlich oder völlig chaotisch erscheinen«, hat Jehoschua seine Arbeit beschrieben. Am 9. Dezember darf die ordnende Hand des Schriftstellers auch mal Geschenke auspacken.

Magdeburg

Batiashvili und Levit mit Kaiser-Otto-Preis ausgezeichnet

Der Kaiser-Otto-Preis ist die höchste Auszeichnung der Stadt Magdeburg. Er wurde im Jahr 2005 anlässlich des 1.200-jährigen Stadtjubiläums zum ersten Mal verliehen. In diesem Jahr ging er an zwei Künstler, die sich gesellschaftlich engagieren

von Oliver Gierens  03.07.2025

Israel

Gideon Saar: Mehrheit der Regierung will Gaza-Deal

Israels rechtsextreme Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich möchten einen neuen Gaza-Deal verhindern. Laut Außenminister Saar sind die meisten Regierungsmitglieder aber anderer Ansicht

 02.07.2025

Politik

Dobrindt in Israel - Treffen mit Netanjahu geplant

Innenminister: »Ich will zeigen, dass wir Israel als engsten Partner im Kampf gegen den Terror unterstützen.«

 28.06.2025

Berlin

Frei informiert die Fraktionschefs über Lage in Nahost

Die Bundesregierung ist nach dem US-Angriff auf den Iran im Krisenmodus. Am Vormittag findet ein Informationsgespräch im Kanzleramt statt, an dem auch die rechtsextremistische AfD teilnimmt

 23.06.2025

Ethik

Zentralrat will sich für Schächten auf europäischer Ebene einsetzen

In manchen Ländern und Regionen Europas ist das Schächten verboten

 22.06.2025

Iran-Krieg

Steinmeier sieht noch Chancen für Diplomatie

Für Diplomatie ist im nahen Osten derzeit kein Raum. Das muss aus Sicht von Bundespräsident Steinmeier aber nicht so bleiben

 18.06.2025

Krieg

Jerusalem warnt Menschen im Iran vor möglichen neuen Angriffen

In bestimmten Gebieten des Irans stehen offensichtlich neue Angriffe bevor. Israels Militär ruft die iranische Bevölkerung zur Evakuierung auf

 15.06.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Juni bis zum 18. Juni

 11.06.2025

Tel Aviv/Gaza

Israel will Ankunft von Thunbergs Schiff in Gaza verhindern

Das Schiff des Bündnisses Freedom Flotilla Coalition ist unterwegs nach Gaza. Nach Angaben der Aktivisten nähern sie sich immer mehr dem Gebiet - Israel droht ihnen nun

 08.06.2025