zuwanderinnen

»Ich hoffte, dass Mutter wiederkommt«

von Marina Maisel

Die Erinnerung an die Schoa hat die Gedanken in Westeuropa vor allem zu den Konzentrationslagern von Auschwitz bis Dachau gelenkt. Seit der Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion ist auch die Verfolgung dort durch Zeitzeugenberichte greifbar geworden. Anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus hat die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit zu einem Abend eingeladen, bei dem sich zwei Überlebende des Massakers von Babij Jar an die schrecklichsten Jahre in ihrem Leben erinnerten. Das Gespräch mit den beiden Zeitzeuginnen Renata Koporovska und Viktoria Ivanova, das Wolfgang Küpper moderierte, wurde bereichert durch Gedichte, die die Jugendtheatergruppe der IKG unter Leitung von Anastasija Komerloh vortrug.
Renata Koporovska erinnert sich, wie sie im September 1941 als fünfjähriges Mädchen mit ihrer Mutter und dem kleinen Bruder in einem Menschenstrom von Juden zum Dorf Kurenevka geschickt wurde. »Es waren so viele Menschen. Als eine Panik ausbrach, versuchte meine Mutter wegzulaufen und zu fliehen.« So entkamen sie dem Massaker von Babij Jar. Die Mutter ging mit ihren zwei Kindern von Dorf zu Dorf, um Schutz zu finden. Schließlich fand sie im Haus der Ukrainerin Matrena Schewtschuk und ihrer Tochter Sinaida Zuflucht. Die mutige Matrena schützte die Familie Koporovska während der ganzen Okkupationszeit. Damals hingen überall Flugblätter, die dazu aufriefen, Juden, Kommunisten und Partisanen zu verraten. Ein Tag vor der Befreiung des Dorfes wurde Familie Koporovska dann doch noch denunziert. Doch Matrena rettete sie erneut und fand ein neues Versteck für alle. »Mein Dank gilt Menschen wie Matrena, die uns Juden trotz Todesgefahr versteckt und gerettet haben«, sagt Renata Koporovska abschließend.
Das Schicksal der anderen Zeitzeugin des Abends, Viktoria Ivanova, machte die Zuhörer noch betroffener. Auch ihre Mutter hatte mit allen Kräften versucht, die Familie vor dem Tod durch die Faschisten zu bewahren. Doch sie blieben nicht lange in ihrem Versteck. Die Gestapo kam eines Tages morgens um 6 Uhr mit einem Polizeihelfer, um sie zu verhaften. Viktoria konnte mit der Mutter fliehen. Doch der Gestapo gelang es, die kleine Schwester Nadja mitzunehmen. Mit ihr als Pfand boten die Nazis der Mutter einen perfiden Handel an: Sie wollten die Kleine freilassen, wenn die Mutter sich stellt. Die Mutter rettete die kleine Nadja und wurde selbst in Babij Jar ermordet. »Ich habe so auf meine Mutter gewartet, so gehofft, dass sie wieder zurückkommt«, erzählte Viktoria Ivanova.
Das Publikum zeigte sich von den Erzählungen der beiden Frauen sichtlich betroffen und berührt und bestätigte damit die Ausführungen Abi Pitums von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, der in seiner einführenden Rede sagte: »Durch biografische Erfahrungen wird fassbarer, was unser Denken und Verstehen nicht zu fassen vermag. Wenn sich das Abstrakte mit dem Konkreten und Anschaulichen, die Erzählung mit einem Gesicht und einem Schicksal verbindet, dann betrifft es uns unweigerlich. Der Abstand schmilzt, es treibt uns um.«

Brandenburg

Antisemitismusbeauftragter fordert Priorisierung der Bildungsarbeit

Auch die Sicherheit jüdischer Einrichtungen und Menschen müsse gewährleistet werden, sagte Büttner

 10.12.2024

Berlin

Nach dem Sturz von Assad: Wie geht es nun weiter für die syrischen Flüchtlinge in Deutschland?

von Anne-Béatrice Clasmann  09.12.2024

Ausstellung

Projekt zu verlorenen Büchern aus der NS-Zeit erreicht Israel

Ausstellungseröffnung am Montagabend in Tel Aviv

 09.12.2024

Israel

Netanjahu beginnt Aussage in seinem Korruptionsprozess

Die Anwälte des Ministerpräsidenten hatten sich wegen der Kriegszustände in der Region vergeblich um einen längeren Aufschub seiner Aussage bemüht

 09.12.2024

Nahost

Machtwechsel in Syrien: Was wir wissen - und was nicht 

von Martin Romanczyk  08.12.2024

Krieg

Armee rät Dutzenden Soldaten ab, ins Ausland zu reisen

Nach Klagen von israelfeindlichen Gruppen könnten sie Gefahr laufen, verhört oder verhaftet zu werden

von Sabine Brandes  05.12.2024

Meldungen

Preis, Genehmigung, Siedler

Kurznachrichten aus Israel

von Sabine Brandes  03.12.2024

Gemeindebarometer

So geht es uns

Eine Umfrage des Zentralrats zeigt, wie sich Jüdinnen und Juden fühlen – und was ihnen wichtiger geworden ist

von Christine Schmitt  03.12.2024

Berlin

75 Jahre Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit

Am Sonntag wird gefeiert und auch ein neues Buch präsentiert

 30.11.2024