Düsseldorf

Gleise über Gräbern

von Jan Popp-Sewing

Bei einer Probebohrung für einen geplanten U-Bahntunnel sind Arbeiter nahe der Düsseldorfer Innenstadt offenbar auf Reste eines jüdischen Friedhofs gestoßen. Das Skelett eines dort Bestatteten sowie Reste eines Sargs wurden geborgen. Der Schädel war beim Bau einer provisorischen Spundwand vom Rumpf getrennt worden. Die Stadt ließ die Arbeiten daraufhin vorerst einstellen und sprach zunächst mit der jüdischen Gemeinde. Ergebnis: Die U-Bahntrasse soll den Friedhof nach Möglichkeit unberührt lassen.
»Es handelt sich mit allergrößter Sicherheit um einen jüdischer Leichnam«, sagt Gemeinderabbiner Julian Chaim Soussan. Die Stadt habe sich mit ihrem Angebot, die Trasse zu verlegen, sehr entgegenkommend gezeigt, betonte er. Düsseldorf hat an der schnurgerade Kasernenstraße keinen großen Spielraum für Kurven in der Trasse. Auf die Ingenieure kommt also eine diffizile Aufgabe zu. Noch haben sie dafür etwas Zeit: Die Arbeiten an dem Teilstück sollen erst in einigen Monaten beginnen. Rabbiner Soussan hatte in den Verhandlungen darauf gedrängt, die Totenruhe zu respektieren. Es gäbe nur eine Ausnahme: Wenn es für die Toten eine »Verbesserung« bedeute, dürfe man sie umbetten. Eine solche Verbesserung stelle zum Beispiel die Überführung nach Israel oder auf den jüdischen Teil des Düsseldorfer Nordfriedhofs dar, wohin das bereits ausgegrabene Skelett gebracht und neu bestattet wurde.
Dass in diesem Bauabschnitt mit einem solchen Fund gerechnet werden konnte, belegt ein Zeugnis aus dem Jahr 1700, in dem Kurfürst Johann Wilhelm den Düsseldorfer Juden erlaubte, hier einen Friedhof anzulegen. Er befand sich damals in einem öden Landstrich außerhalb der Stadt. Auch die Gebeine von Heinrich Heines Großmutter mütterlicherseits, Sarah van Geldern, die 1779 bestattet wurde, könnten hier nach wie vor ruhen.
Die rheinische Residenz wuchs, und um 1780 sollte eine neue Vorstadt entstehen. Der alte Friedhof war im Weg, und die aus rund 24 Familien bestehende Gemeinde bekam vom Kurfürsten ein anderes Gelände im heutigen Stadtteil Pempelfort zugewiesen.
In den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts wurden daraufhin einige jüdische Verstorbene exhumiert und auf den neuen Friedhof überführt – jedoch nicht alle. Die Bindung der Gemeinde zu dem Areal blieb bestehen. 1787 kauften die Düsseldorfer Juden dort ein Grundstück und errichteten eine Synagoge. Spuren des alten Friedhofs kamen dann bei Kanalarbeiten in den 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts in Form von fünf Grabsteinen zutage – darunter berfand sich auch der Grabstein von Heines Großmutter, der heute auf dem Nordfriedhof steht. Den Nachfolgebau der Kasernenstraßen-Synagoge brannten die Nationalsozialisten in der Pogromnacht 1938 nieder. Heute er-innert ein Gedenkstein vor dem Verlagshaus des Handelsblatts an das Bauwerk. An den jüdischen Friedhof dachte man erst wieder durch den Skelettfund – gut 80 Meter vom Gedenkstein entfernt.
Stadt und Gemeinde rechnen damit, dass bei den Bauarbeiten noch mehr menschliche Überreste gefunden werden.

Berlin

Umgang mit Gaza: SPD-Fraktion erhöht Druck auf Koalition

Muss die Bundesregierung mehr tun, um den Menschen im Gazastreifen zu helfen? Die SPD-Fraktion fordert konkrete Maßnahmen

 06.08.2025

Einwurf

Mit Heine gegen den Terror

Wer die Bilder der ausgemergelten Geiseln Rom Braslavski und Evjatar David kaum ertragen kann, findet zumindest ein bisschen Trost in Heinrich Heines Gedichten. Seine Verse sind auch heute so wahrhaftig wie vor 200 Jahren

von Maria Ossowski  04.08.2025

Berlin

Deportationsmahnmal in Moabit beschädigt

Polizeibeamte entdecken auf der Putlitzbrücke Farbspritzer und Paketklebeband am Mahnmal

 04.08.2025

Deutschland

Merz will nach Wadephul-Bericht über Israel-Politik entscheiden

Der Bundeskanzler wird am Samstag mit dem Außenminister sprechen

 01.08.2025

Niedersachsen

Hannover will Kinder aus Gaza und Israel aufnehmen

Getragen wird die Initiative von einer ungewöhnlichen Allianz aus Stadt, jüdischer und palästinensischer Gemeinde

von Kilian Genius  01.08.2025

Nahost

Israel: Weitere Lkw mit Hilfsgütern erreichen Gazastreifen

Am Montag erreichten mehr als 200 Lastwagenladungen den Gazastreifen

 29.07.2025

Naher Osten

Trump fordert zu Essenslieferungen nach Gaza auf

Es gebe viele hungernde Menschen in Gaza, deswegen sei es jetzt vor allem wichtig, »dass die Menschen etwas zu essen bekommen«, so der US-Präsident

 28.07.2025

Großbritannien

Londoner Bürgermeister fordert Anerkennung von Palästinenserstaat

Aus israelischer Sicht würde ein solcher Schritt zu diesem Zeitpunkt einer Belohnung des Terrors gleichkommen

 24.07.2025

Der unter liberianischer Flagge fahrende Massengutfrachter "Eternity C" beim Untergang im Roten Meer am Mittwoch, den 9. Juli 2025.

Terror auf See

Tote nach Huthi-Angriff auf Handelsschiff

Die Huthi-Miliz im Jemen versenkt innerhalb von 24 Stunden zwei Schiffe auf dem Roten Meer

von Nicole Dreyfus  10.07.2025