Jüdisches Museum

Geschwätz von gestern

von Alex Feuerherdt

Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma hat das Modell für ein Museum der jüdischen Kultur auf dem Kölner Rathausplatz kritisiert. Unmittelbar nach der Bekanntgabe des Siegers des Architektenwettbewerbs Mitte Juni war Schramma noch »froh und dankbar« über die Pläne des Architekturbüros Wandel Hoefer Lorch + Hirsch (vgl. JA vom 26. Juni). Doch inzwischen ist er anderer Meinung: »Der Entwurf stellt einen Riesenkomplex dar«, bemängelte er. Das Rathaus und das Wallraf-Richartz-Museum würden dadurch »zugebaut«. Zudem sei »im Vorfeld niemals die Frage gestellt worden, wie denn überhaupt die grundsätzliche Akzeptanz einer solchen Bebauung des Rathausvorplatzes ist«. Daher müsse man jetzt die Diskussion mit den Bürgern suchen.
Eine ähnliche Kehrtwende vollzog Kulturdezernent Georg Quander. Zunächst hatte er noch bekannt, ihm sei »mit der Entscheidung ein Stein vom Herzen gefallen«. Doch wenig später stellte sich heraus, dass er als einziges Mitglied der 22-köpfigen Jury gegen den Siegerentwurf gestimmt hatte, weil dieser nicht alle Ausschreibungskriterien erfülle. Zudem sei die Finanzierung des Projekts, dem ein Ratsbeschluss aus dem Jahr 2006 zugrunde liegt, nicht gesichert. Quander forderte vom Förderverein als Bauherr des Museums, eine Bankbürgschaft über 15 Millionen Euro vorzulegen.
Unterdessen hält sich in Köln das Gerücht, der Zeitungsverleger Alfred Neven DuMont habe entscheidenden Einfluss auf den Meinungswandel der Verantwortlichen der Stadt genommen. Neven DuMont, in dessen Verlag sämtliche Kölner Tageszeitungen erscheinen, ist Vorsitzender des Stifterrats des Wallraf-Richartz-Museums und hat nie ein Hehl daraus gemacht, gegen ein weiteres Gebäude auf dem Rathausplatz zu sein. In seinen Zeitungen werden die Pläne für das Museum fast durchweg negativ beurteilt. Der Chefredakteur des »Kölner Stadt-Anzeigers«, Franz Sommerfeld, warf den Initiatoren sogar vor, mit ihrem Beharren auf dem Rathausplatz Antisemitismus zu schüren: »Jeder Versuch, städteplanerische Entscheidungen durch Hinweis auf die deutsche Schuld gegen Kritik zu immunisieren, spielt denen in die Hände, die die Vernichtung der Juden relativieren und auf antisemitische Reflexe spekulieren«, schrieb er in einem Kommentar.
Die in Köln lebende Historikerin Ingrid Strobl bezeichnet die neu entflammte Debatte als »Provinzposse«. »Die Stadt sollte eigentlich stolz darauf sein, nicht nur die größte Judaica-Sammlung in Europa, sondern auch die älteste jüdische Gemeinde nördlich der Alpen vorweisen zu können«, sagte sie der Jüdischen Allgemeinen. Das Argument, der Rathausplatz dürfe nicht verbaut werden, sei genauso »verlogen« wie die Forderung nach einer Bürgerbefragung: »Der Platz ist nichts weiter als eine verhübschte Nachkriegsbrache. Und die Bürger werden sonst auch nicht gefragt, wenn es um die Schließung oder den Bau eines Museums geht.« Dass dies gerade jetzt gefordert werde, sei »sehr seltsam«, so Strobl. Offenbar passe es »einigen Leuten nicht in den Kram, dass das jüdische Leben und die jüdische Kultur in Köln in einer adäquaten Größe dokumentiert werden«. Dabei sei beides ein Teil der Kölner Geschichte, »deshalb sollte die Stadt Köln das Projekt mitfinanzieren, statt es auszubremsen«.

Diplomatie

Netanjahu geht auf Belgiens Premier los

Für seine Entscheidung, Palästina als Staat anzuerkennen, wird Bart De Wever vom israelischen Ministerpräsident persönlich attackiert

von Michael Thaidigsmann  04.09.2025

Hannover

Angriff auf Gedenkstätte: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage

Ein 26-jähriger Rechtsextremist war im Mai in Budapest festgenommen worden

 02.09.2025

Nahost

Deutscher Beauftragter für Menschenrechte reist nach Israel

Lars Castellucci macht sich ein persönliches Bild von der Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten. Ein Augenmerk liegt darauf, wo deutsche Hilfe möglich ist - und wo sie behindert wird

 01.09.2025

Rotes Meer

Huthi greifen Öltanker an

Das Schiff gehört einem israelischen Milliardär

 01.09.2025

Ankara

Türkei bricht Handelsbeziehungen zu Israel ab

Der Handel der Türkei mit Israel belief sich im Jahr 2023 noch auf mehrere Milliarden US-Dollar. Nun bricht die Türkei alle Handelsbeziehungen zu Israel ab. Doch es ist nicht die einzige Maßnahme

 29.08.2025

Geburtstag

Popstar der Klassik: Geiger Itzhak Perlman wird 80

»Sesamstraße«, »Schindlers Liste« und alle großen Konzertsäle der Welt natürlich sowieso: Der Geiger gehört zu den ganz großen Stars der Klassik. Jetzt wird er 80 - und macht weiter

von Christina Horsten  29.08.2025

Bonn

Experte: Opfer mit Bewältigung von Rechtsterror nicht alleinlassen

Der erste NSU-Mord liegt beinahe 25 Jahre zurück. Angehörige der Opfer fordern mehr Aufmerksamkeit - und angemessenes Gedenken, wenn es um rechtsextreme Gewalt geht. Fachleute sehen unterschiedliche Entwicklungen

 29.08.2025

Frankfurt am Main

Michel Friedman will nicht für TikTok tanzen

Es handle sich um eine Plattform, die primär Propaganda und Lügen verbreite, sagt der Publizist

 28.08.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebende Renate Aris wird 90

Aris war lange stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Chemnitz und Präsidiumsmitglied des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden. 1999 gründete sie den ersten jüdischen Frauenverein in den ostdeutschen Bundesländern

 25.08.2025