Hat auch die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung Anspruch auf staatliche Förderung in Millionenhöhe? Bisher bekommt sie kein Geld aus dem Bundeshaushalt. Die AfD sieht sich dadurch indirekt benachteiligt und hat in Karlsruhe geklagt. Am Mittwoch (10.00 Uhr) verkündet das Bundesverfassungsgericht sein Urteil.
Die stellvertretende AfD-Bundessprecherin Mariana Harder-Kühnel sagte der dpa, es sei skandalös, dass den anderen sechs parteinahen Stiftungen »jährlich öffentliche Zuschüsse von mittlerweile insgesamt etwa 660 Millionen Euro gewährt werden, aber nur die Stiftung der AfD davon ausgenommen wird«.
Bildungsarbeit Allein aus dem Haushalt des Innenministeriums sind für dieses Jahr 148 Millionen Euro an sogenannten Globalzuschüssen eingeplant, die der politischen Bildungsarbeit dienen. Das restliche Geld kommt von den Ministerien für Entwicklung und Bildung und vom Auswärtigen Amt.
Dabei sind die Förderkriterien bis heute nirgendwo gesetzlich geregelt. Als Richtschnur gilt ein Karlsruher Urteil aus dem Jahr 1986. Darin steht, dass sichergestellt sein muss, dass »alle dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen in der Bundesrepublik Deutschland angemessen berücksichtigt« werden.
Für die praktische Umsetzung haben die Stiftungen 1998 selbst einen Vorschlag gemacht. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es, ein geeigneter Anhaltspunkt dürfte »eine wiederholte Vertretung« der entsprechenden Partei im Bundestag sein, und zwar zumindest einmal in Fraktionsstärke. Daran hat sich die Politik seither orientiert.
Grundordnung Die AfD war 2021 zum zweiten Mal nach 2017 in den Bundestag eingezogen. Die Erasmus-Stiftung (DES) bekommt aber nach wie vor kein Geld. Denn seit 2022 steht ein neuer Passus im Haushaltsgesetz. Danach werden die Zuschüsse »nur politischen Stiftungen gewährt, die nach ihrer Satzung und ihrer gesamten Tätigkeit jederzeit die Gewähr bieten, dass sie sich zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen«.
In der Verhandlung im Oktober hatte die DES-Vorsitzende Erika Steinbach gesagt, ohne Zuschüsse seien derzeit maximal 50 Veranstaltungen im Jahr möglich, es könnten keine Stipendien vergeben und kein Parteiarchiv aufgebaut werden. Dabei vermittle die Stiftung »garantiert auf gar keinen Fall« verfassungsfeindliches, antisemitisches und menschenverachtendes Gedankengut oder Rassismus.
Inwieweit sich der Zweite Senat in seinem Urteil zu dem Vermerk im Haushaltsgesetz und der aktuellen Situation äußern wird, war damals offen geblieben. Die AfD hatte das Verfahren schon 2019 angestrengt und ihre Anträge später mehrfach auf neue Haushaltsjahre erweitert - zuletzt ganz knapp vor der Verhandlung. Die Richterinnen und Richter wollten noch beraten, wie sie damit umgehen. Diskutiert wurde auch, ob die AfD überhaupt anstelle der Stiftung klagen kann.
Fördermittel Die AfD ist der Ansicht, dass der DES für 2022 fast acht Millionen Euro und für 2023 fast zwölf Millionen Euro zustehen. Perspektivisch sei mit jährlichen Fördermitteln von 80 Millionen Euro zu rechnen.
Die spannende Frage ist, ob das Gericht diesmal auf ein Gesetz mit verbindlichen Kriterien pocht - und wie diese aussehen könnten. Die Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, die Finanzierung der Stiftungen rechtlich besser abzusichern. Bisher ist das aber nicht passiert.
Organisationen wie die Bürgerbewegung Campact und die Bildungsstätte Anne Frank werfen der Politik vor, das Thema verschleppt zu haben. Dabei gehe von der Desiderius-Erasmus-Stiftung gleich eine dreifache Gefahr aus: »Mit ihr werden Diskurse und politische Einstellungen weiter nach rechts verschoben, rechtes Geschwurbel wird wissenschaftlich verpackt und die Rechte in ganz Deutschland kann ihre Organisationsstrukturen und Netzwerke massiv ausbauen. Und das alles mit unserem Steuergeld.« dpa