Meinung

Erfolgreich ausgesessen

Anna Staroselski Foto: Gregor Zielke

Meinung

Erfolgreich ausgesessen

documenta: Der Vorwurf des Antisemitismus wiegt schwerer, als der Antisemitismus selbst

von Anna Staroselski  22.09.2022 13:51 Uhr

Von Naivität im Umgang mit Antisemitismus kann bei diesem Debakel nicht mehr die Rede sein. Getreu dem Motto »Schlimmer geht es immer« mussten wir in regelmäßigen Abständen erleben, wie dort, man muss es so sagen, antisemitische Urstände gefeiert wurden.

Man sollte doch denken, dass es normalerweise so abläuft: Es gibt einen antisemitischen Vorfall, es könnte aber auch Rassismus, Homophobie, Sexismus oder sonst etwas sein. Die Verantwortlichen versprechen, sie würden das Anliegen ernst nehmen und es prüfen. Experten werden herangezogen, die mit der Aufgabe betraut werden, der Sache auf den Grund zu gehen. Eine Untersuchung folgt, eine Stellungnahme wird abgegeben, auf deren Grundlage eine Entscheidung und konkrete Maßnahmen getroffen werden.

Hass Nicht so aber bei der diesjährigen documenta. Ein Expertengremium wurde einberufen, aus der Untersuchung resultierte eine klare Stellungnahme und was passierte dann? Die Experten wurden beschimpft. Die Künstler und Kuratoren antworteten auf den Vorwurf des Israel-Hasses mit noch mehr Israel-Hass.

Was Juden oft erleben, wird hier wieder einmal deutlich: Der Vorwurf des Antisemitismus wiegt schwerer, als der Antisemitismus selbst. Und was machen die Verantwortlichen? Nichts. Vom Geschäftsführer ganz zu schweigen. Die Gesellschafter schaffen es gerade einmal drei mickrige Zeilen zu fabrizieren.

Nächste Woche wird die documenta Geschichte sein. Die Verantwortlichen werden es geschafft haben, die Aneinanderreihung von Antisemitismus-Skandalen erfolgreich ausgesessen zu haben. Die Künstler und Kuratoren fühlen sich nachhaltig in ihrem Glauben bestärkt, Judenhass konsequenzlos ausleben lassen zu können und für die Juden bleibt die Erkenntnis, dass ihre Perspektive nicht nur nicht gehört, sondern sogar konsequent ignoriert wird.

Aber der 9. November steht ja vor der Tür. Alle Mann: Holt Eure »Nie-Wieder-Schilder« aus der Mottenkiste, es ist wieder Selfie Time!

Die Autorin ist Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD).

Diplomatie

Netanjahu geht auf Belgiens Premier los

Für seine Entscheidung, Palästina als Staat anzuerkennen, wird Bart De Wever vom israelischen Ministerpräsident persönlich attackiert

von Michael Thaidigsmann  04.09.2025

Hannover

Angriff auf Gedenkstätte: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage

Ein 26-jähriger Rechtsextremist war im Mai in Budapest festgenommen worden

 02.09.2025

Nahost

Deutscher Beauftragter für Menschenrechte reist nach Israel

Lars Castellucci macht sich ein persönliches Bild von der Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten. Ein Augenmerk liegt darauf, wo deutsche Hilfe möglich ist - und wo sie behindert wird

 01.09.2025

Rotes Meer

Huthi greifen Öltanker an

Das Schiff gehört einem israelischen Milliardär

 01.09.2025

Ankara

Türkei bricht Handelsbeziehungen zu Israel ab

Der Handel der Türkei mit Israel belief sich im Jahr 2023 noch auf mehrere Milliarden US-Dollar. Nun bricht die Türkei alle Handelsbeziehungen zu Israel ab. Doch es ist nicht die einzige Maßnahme

 29.08.2025

Geburtstag

Popstar der Klassik: Geiger Itzhak Perlman wird 80

»Sesamstraße«, »Schindlers Liste« und alle großen Konzertsäle der Welt natürlich sowieso: Der Geiger gehört zu den ganz großen Stars der Klassik. Jetzt wird er 80 - und macht weiter

von Christina Horsten  29.08.2025

Bonn

Experte: Opfer mit Bewältigung von Rechtsterror nicht alleinlassen

Der erste NSU-Mord liegt beinahe 25 Jahre zurück. Angehörige der Opfer fordern mehr Aufmerksamkeit - und angemessenes Gedenken, wenn es um rechtsextreme Gewalt geht. Fachleute sehen unterschiedliche Entwicklungen

 29.08.2025

Frankfurt am Main

Michel Friedman will nicht für TikTok tanzen

Es handle sich um eine Plattform, die primär Propaganda und Lügen verbreite, sagt der Publizist

 28.08.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebende Renate Aris wird 90

Aris war lange stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Chemnitz und Präsidiumsmitglied des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden. 1999 gründete sie den ersten jüdischen Frauenverein in den ostdeutschen Bundesländern

 25.08.2025