Türkei

Die neuen Osmanen

von Thomas Seibert

Als Unterhändler aus Israel und Syrien kürzlich zum ersten Mal seit Jahren in Istanbul unter türkischer Vermittlung indirekte Gespräche über die Zukunft der Golanhöhen aufnahmen, dürfte ein 49- jähriger Politikprofessor in Ankara das als ganz persönlichen Erfolg verbucht haben. Ahmet Davutoglu ist einer der einflussreichsten Berater des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan und Hauptarchitekt einer neuen türkischen Nahostpolitik. Anders als in den vergangenen Jahrzehnten, als sich die Türkei in der Nachbarregion mehr oder weniger mit einer Zuschauerrolle begnügte, versucht sie heute, die Geschicke des Nahen Ostens als ehrlicher Makler zu beeinflussen.
»Auf diesen Namen sollte man achten«, schrieb die türkische Zeitung Aksam schon im August 2003. Damals war Erdogans AK-Partei erst wenige Monate in Ankara an der Macht. Doch Davutoglu begann bereits in dieser frühen Phase der Ära Erdogan, seine Initiativen vorzubereiten.
Dreh- und Angelpunkt der neuen türkischen Nahostpolitik ist die Überlegung, dass die Türkei nicht als – passive – Brücke zwischen Ost und West betrachtet wird, sondern als Regionalmacht, die andere Akteure aktiv beeinflussen kann. Weil dabei hin und wieder das Erbe des Osmanischen Reiches beschworen wird, das den Nahen Osten über Jahrhunderte beherrschte, gelten Außenpolitiker wie Davutoglu auch als »neue Osmanen«.
Davutoglus Denkanstöße passten gut zur politischen Ausrichtung der islamisch verwurzelten Erdogan-Regierung, weil sie auf eine Stärkung der Beziehungen zu den islamischen Staaten des Nahen Ostens ohne gleichzeitige Schwächung des türkischen Verhältnisses zu Israel und zum Westen hinausliefen. Unumstritten war der Ansatz nicht. Der Altvater des politischen Islam in der Türkei, Necmettin Erbakan, hatte in seiner kurzen Zeit als Ministerpräsident 1996 und 1997 eine »islami- sche Außenpolitik« angekündigt und war damit grandios gescheitert.
Die Erdogan-Regierung bemühte sich, diese Fehler zu vermeiden. Sie forcierte zwar ihre Kontakte zu Staaten wie Iran und Syrien sowie zu den Palästinensern und nahm sogar eine empfindliche Abkühlung der türkischen Beziehungen zum traditionellen Partner Israel in Kauf. Doch anders als Erbakan ließ Erdogan die Dinge nie aus dem Ruder laufen. Mit einem Besuch in Israel machte er im April 2005 deutlich, wie viel ihm an einem guten Verhältnis zu Jerusalem gelegen ist.
Vor etwa einem Jahr begannen die Türken, hinter den Kulissen die Möglichkeiten für eine Annäherung von Israel und Syrien zu sondieren. Die Initiative der »neuen Osmanen«, die letztlich zu den Gesprächen von Istanbul führte, zielte nicht nur darauf ab, das türkische Prestige zu mehren. Davutoglu geht davon aus, dass es im ureigenen Interesse der Türkei liegt, wenn die chronischen Krisen in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft beigelegt werden. Deshalb schalteten sich die Türken auch in die Bemühungen um ein Ende des Streits um die neue Regierung und den neuen Präsidenten im Libanon ein.
Der Weg der neuen türkischen Außenpolitik war aber nicht immer eben. Gleich nach ihrem Regierungsantritt schoss die AKP im März 2003 ein Eigentor, als sie den amerikanischen Wunsch nach Truppenstationierung für den Irakkrieg ablehnte. Das türkisch-amerikanische Verhältnis war auf Jahre hinaus vergiftet.
Erdogan und Davutoglu haben lange gebraucht, um die Türkei aus dieser Lage zu bugsieren. Im Herbst 2007 erhielt Ankara die Erlaubnis der USA zu begrenzten Militärschlägen gegen die kurdischen PKK-Rebellen im Nordirak. Gleichzeitig bemühte sich die Türkei um ein besseres Verhältnis zu den irakischen Kurden, die den Nordirak und damit die Grenzregion zur Türkei beherrschen. Anfang Mai fanden die ersten direkten Gespräche zwischen der Türkei und den nordirakischen Autonomiebehörden statt. Der türkische Delegationsleiter hieß Ahmet Davutoglu.

Israel

Gideon Saar: Mehrheit der Regierung will Gaza-Deal

Israels rechtsextreme Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich möchten einen neuen Gaza-Deal verhindern. Laut Außenminister Saar sind die meisten Regierungsmitglieder aber anderer Ansicht

 02.07.2025

Politik

Dobrindt in Israel - Treffen mit Netanjahu geplant

Innenminister: »Ich will zeigen, dass wir Israel als engsten Partner im Kampf gegen den Terror unterstützen.«

 28.06.2025

Berlin

Frei informiert die Fraktionschefs über Lage in Nahost

Die Bundesregierung ist nach dem US-Angriff auf den Iran im Krisenmodus. Am Vormittag findet ein Informationsgespräch im Kanzleramt statt, an dem auch die rechtsextremistische AfD teilnimmt

 23.06.2025

Ethik

Zentralrat will sich für Schächten auf europäischer Ebene einsetzen

In manchen Ländern und Regionen Europas ist das Schächten verboten

 22.06.2025

Iran-Krieg

Steinmeier sieht noch Chancen für Diplomatie

Für Diplomatie ist im nahen Osten derzeit kein Raum. Das muss aus Sicht von Bundespräsident Steinmeier aber nicht so bleiben

 18.06.2025

Krieg

Jerusalem warnt Menschen im Iran vor möglichen neuen Angriffen

In bestimmten Gebieten des Irans stehen offensichtlich neue Angriffe bevor. Israels Militär ruft die iranische Bevölkerung zur Evakuierung auf

 15.06.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Juni bis zum 18. Juni

 11.06.2025

Tel Aviv/Gaza

Israel will Ankunft von Thunbergs Schiff in Gaza verhindern

Das Schiff des Bündnisses Freedom Flotilla Coalition ist unterwegs nach Gaza. Nach Angaben der Aktivisten nähern sie sich immer mehr dem Gebiet - Israel droht ihnen nun

 08.06.2025

Petition

Deutsche Prominente werfen Israel Völkermord vor

Die Unterzeichner verlangen eine Aussetzung von Rüstungsexporten

 05.06.2025