Mel Gibson

Das Schweigen der Juden

von Tom Tugend

Hollywoods jüdische Prominenz hat fast einmütig auf Mel Gibsons antisemitische Ausfälle von vorletzter Woche reagiert – nämlich mit beredtem Schweigen. Der Schauspieler und Regisseur des umstrittenen Films Die Passion Christi war am 28. Juli in Malibu betrunken am Steuer in eine Alkoholkontrolle geraten, hatte die Polizisten als »Scheißjuden« beschimpft und erklärt: »Die Juden sind für alle Kriege in der Welt verantwortlich.«
Versuche, unmittelbar nach dem Vorfall einige der bekanntesten jüdischen Filmproduzenten, Regisseure, Schauspieler oder Drehbuchautoren auch nur zu einem kurzen Statement zu bewegen, schlugen fehl. Bemerkenswert viele der Angesprochenen ließen mitteilen, sie seien in Ur-laub oder auf Dienstreise; andere riefen erst gar nicht zurück. Sogar Gibsons jüdischer Pressesprecher Alan Nierob war, als die Krise um seinen Chef ihren Höhepunkt erreichte, angeblich in Ferien.
Zufall war das wohl nicht. Michael Speier, Chef vom Dienst des führenden Filmfachblatts Variety kennt seine Pappenheimer: »In Hollywood tut man sich keinen Gefallen, wenn man Kollegen krisiert. Man will niemanden verärgern, den man vielleicht später einmal brauchen könnte. Wer weiß, vielleicht ändert Mel Gibson sich ja und spendet in ein paar Jahren der Anti-Defamation-League 10 Millionen Dollar.«
Ähnlich sieht es Bernie Brillstein, ein erfahrener Künstleragent und Hollywood-Veteran: »Hollywood ist eine Kleinstadt, in der man sich nicht aus dem Weg gehen kann. Also soll jeder denken dürfen, was er will. Jeder geht eh davon aus, daß Gibson ein Antisemit ist, also sagen sich die Leute ›Nun, er hat es wieder getan.’« Nach einer kurzen Pause fügt Brillstein hinzu: »Hätte Gibson allerdings etwas Ähnliches über Schwarze oder Schwule gesagt, hätte es in Hollywood einen Aufstand gegeben, wie man ihn nie zuvor erlebt hat.«
Die eine große Ausnahme im allgemeinen Hollywooder jüdischen Schweigen war der Künstleragent Ari Emanuel. Er veröffentlichte eine Erklärung, in der es unter anderem hieß: »Wir in der Unterhaltungsbranche, ob jüdisch oder nicht, sollten in Zukunft nicht mehr mit Mel Gibson arbeiten, selbst wenn das finanzielle Opfer bedeutet. Es gibt Zeiten, in denen es wichtiger ist, gegen Rassismus und Vorurteile aufzustehen, als Geld zu vedienen.« Viele prominente Hollywooder Juden, sagt Emanuel, hätten ihm zu seinem Aufruf gratuliert – allerdings privat und mit der Bitte, sie nicht zu zitieren. Einzig »Rent-a-Man« Comedian Rob Schneider ging an die Öffentlichkeit. In einer Anzeige in Variety erklärte er: »Ich, Rob Schneider, halbjüdisch, gebe an diesem Tag bekannt, daß ich niemals mit dem Schauspieler, Regisseur, Produzenten und Antisemiten Gibson zusammenarbeiten werde.«
Inzwischen haben Gibsons Ausfälle erste Konsequenzen gehabt. Der Fernsehsender ABC entzog seiner Produktionsfirma Icon den Auftrag für eine Serie über das Schicksal niederländischer Juden in der Schoa. Und am 28. September muß der Oscar-Preisträger sich vor Gericht wegen Fahrens im betrunkenen Zustand verantworten. Der streng katholische Schauspieler hat sich inzwischen öffentlich »bei allen in der jüdischen Gemeinschaft« ent- schuldigt. Seine Ausfälle seien alkoholbedingt gewesen. »Ich bin von Herzen kein Antisemit. Haß jeder Art widerspricht meinem Glauben.« Er bitte um ein Treffen mit führenden amerikanischen Juden, um mit ihnen »den angemessenen Weg einer Wiedergutmachung« zu diskutieren.
Meyer Gottlieb, Chef der Produktionsfirma Samuel Goldwyn Films, hatte das so kommen sehen: »Als jemand, der den Holocaust als Kind überlebt hat, finde ich Gibsons Äußerungen widerlich und unverzeihlich. Aber die Öffentlichkeit verzeiht Prominenten gerne, wenn sie sich entschuldigen und reumütig zeigen.«
Der Kulturkritiker Neal Gabler, der sich als Historiker mit der Geschichte Hollywoods befaßt, fürchtet, daß wenn der Pulverdampf sich erst einmal verzogen hat, die Ereignisse und ihre Folgen Mel Gibson in seinem Fanatismus nur noch bestärken werden: »Bei nächster Gelegenheit wird er wieder laut verkünden, daß er von den Ungläubigen wegen seiner Religion verfolgt wird.«

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