von Jessica Jacoby
Die 13-jährige Nelly (Zoe Moore) ist der Prototyp einer bei ihren Mitschülerinnen unbeliebten Streberin: Einser in allen Fächern und besessen von einem Ehrgeiz wahrhaft kosmischer Dimension: Sie will Astronomin werden. Auch bei ihrer pubertären Schwärmerei tut Nelly es nicht unterhalb des Hochadels: Ihr heimlicher Angebeteter ist ein veritabler Prinz. Dem endlich in Fleisch und Blut zu begegnen bietet sich plötzlich eine Gelegenheit. Prinz Edouard ist Schirmherr eines Sportfests, bei dem das Mädchenbasketballteam von Nellys Schule mitspielen wird. Obwohl sie sich eigentlich nicht die Bohne für Sport interessiert und ihre Leistungen entsprechend sind, hat Nelly sich darauf kapriziert, mitzufahren, koste es, was es wolle. Da kommt ihr der neue Nachbarssohn Max Minsky (Emil Reinke) wie gerufen. Der ist 15 und sehr sportlich, aber in allen anderen Fächern eine Niete. Schlau fädelt Nelly einen Deal ein: Sie macht für Max die Hausaufgaben, er trainiert sie als Basketballspielerin. Dabei bleibt allerdings der für Nelly ohnehin unattraktive Batmizwa-Unterricht auf der Strecke: Statt Hebräisch zu lernen, probiert sie lieber Slamdunks, sehr zum Unmut ihrer Mutter Lucy (Adriana Altaras), der die religiöse Zeremonie eine Herzensangelegenheit ist. Derweil fängt Nellys Vater (Jan Joseph Liefers) eine Affäre mit Max’ Mutter (Susanna Simon) an. Die Ehe von Nellys Eltern kriselt, die Tochter findet sich unversehens in einem Loyalitätskonflikt wieder.
Als ob das nicht schon an Problemen reichen würde, fliegt auch noch der Hausaufgabendeal auf. Doch Max’ Training war inzwischen so erfolgreich, dass Nelly tatsächlich ins Basketballteam aufgenommen wird. Nellys Klassenkameradin und Intimfeindin Yvonne ist das ein Dorn im Auge. Sie ist scharf auf Max und erzählt ihm brühwarm, dass die Nebenbuhlerin für den Prinzen schwärmt. Dabei hat der Junge schon genügend Ärger. Wegen seiner schlechten Noten soll er auf ein Internat geschickt werden. In seiner Verzweiflung reißt Max von zu Hause aus. Nelly, die sich Sorgen um ihn macht, begibt sich auf die Suche nach dem Verschwundenen und verpasst deshalb den Zug, der die Basketballspielerinnen zum Wettkampf bringt – aber das Sportfest und der Prinz sind längst nicht mehr wichtig. Am Ende hat die Dreizehnjährige zwei wichtige Dinge gelernt. Erstens: Der Junge von nebenan ist ein geeigneteres Objekt für die erste Liebe als ein unerreichbarer Prinz. Zweitens: Eine Batmizwa fordert zwar viel anstrengende Vorbereitung, bietet aber, wenn man das endlich geschafft hat, eine gute Gelegenheit zum Feiern.
Anna Justices Spielfilm, der diese Woche in die Kinos kommt, beruht auf dem erfolgreichen Jugendroman Prinz William, Maximilian Minsky und ich, für den dessen Autorin Holly-Jane Rahlens mehrfach ausgezeichnet wurde. Rahlens schrieb auch das Drehbuch zum Film. Die unterhaltsame Coming-of-Age-Geschichte hat die Transformation auf die Leinwand recht gut überstanden, sieht man einmal davon ab, dass aus dem realen britischen Prinzen William im Roman im Film ein fiktiver Prinz Edouard wird und es in der Kinoversion schwer nachvollziehbar ist, wieso sich Nelly am Ende doch noch auf ihre Batmizwa einlässt. Dafür aber gelingt dem Film wie schon vorher dem Buch das Kunststück, eine jüdische Kindheit im heutigen Deutschland mit selbstverständlicher Leichtigkeit und viel Humor zu erzählen. Die Zeiten, in denen jüdisches Leben in Deutschland als Widerspruch an sich galt und ständig problematisiert werden musste, sind wohl endgültig vorbei.