Einspruch

Eine Schande namens Armut

Sergey Lagodinsky fordert die Politik auf, sich um ältere Zuwanderer zu kümmern

von Sergey Lagodinsky  13.06.2017 12:11 Uhr

Sergey Lagodinsky Foto: Gregor Zielke

Sergey Lagodinsky fordert die Politik auf, sich um ältere Zuwanderer zu kümmern

von Sergey Lagodinsky  13.06.2017 12:11 Uhr

Es gibt über 600 Mitglieder des Deutschen Bundestags, doch nur ein Einziger kümmert sich ernsthaft um das Schicksal der älteren jüdischen Menschen in Deutschland.

Seit Jahren wiederholt Volker Beck, der ab September kein Abgeordneter mehr sein wird, die Forderung, sich endlich um die massenhafte Armut unter jüdischen Senioren zu kümmern. Aber Sozialministerin Andreas Nahles (SPD) sieht keinen Handlungsbedarf, und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist es wichtiger, sich mit russischen Aussiedlern zu treffen.

renten Bald sollen die deutschen Renten für Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion erhöht werden. Immerhin gibt es von ihnen 2,5 Millionen, und in der Politik geht die Angst um, dass sie Wladimir Putin, der AfD oder beiden verfallen.

Angst vor jüdischen Bürgern hat die Politik nicht. Zumindest nicht vor den lebenden. Denn wir arbeiten, studieren und kämpfen für die Demokratie in diesem Land. Unsere Loyalität gegenüber dieser Bundesrepublik, unsere Leidenschaft für die europäische Demokratie wird als gegeben angenommen. Dankend, aber schweigend. Für die toten Juden werde ja schließlich genug getan. Unser Ruf nach Hilfe für unsere verarmten Eltern und Großeltern verhallt.

rechtsverständnis Es reicht! Die Juden in diesem Land sind nicht dafür da, dass die nichtjüdischen Deutschen nachts besser schlafen können. Die Juden sind da, damit sie hier in Würde arbeiten, leben und altern können. Letzteres bleibt ihnen verwehrt. Unsere Alten haben in denselben Fabriken wie die Aussiedler gearbeitet, an denselben Schulen unterrichtet, in denselben Krankenhäusern behandelt. Doch unsere Alten haben nach dem deutschen Rechtsverständnis kein »deutsches Blut«. Und sie gehen nicht zu Demonstrationen gegen Merkel auf die Straße.

Die Altersarmut unter unseren Zuwanderern ist eine Schande. Wenn sie nicht endlich politisch bekämpft wird, ist das Vertrauen in dieses politische System auch für viele russischsprachige Juden ernsthaft infrage gestellt.

Der Autor ist Publizist und Jurist in Berlin.

Zusammenfassung

Hubschrauber-Absturz von Irans Präsident Raisi: Was bisher bekannt ist

Der 63-jährige war zusammen mit Irans Außenminister auf der Rückreise von einem Treffen in Aserbaidschan

 19.05.2024

Israel

Proteste gegen Regierungschef Netanjahu

Wütende Demonstrationen gegen den Ministerpräsidenten und für die Rückholung aller Geiseln

 19.05.2024

Antisemitismus

»Bild« kritisiert FU Berlin wegen Beschwerde beim Presserat

»Bild«-Sprecher: Bedauerlich, dass eine Universität Berichterstattung über antisemitische Aktionen unterbinden und sanktionieren möchte

 18.05.2024

Jubiläum

Wehrhaft, aber keineswegs unüberwindbar

Vor 75 Jahren trat das Grundgesetz in Kraft, eine Verfassung, in die viele Elemente der wehrhaften Demokratie eingebaut sind. Doch verteidigt werden muss die Republik letztlich von den Bürgern

von Christoph Driessen  18.05.2024

Internationaler Gerichtshof

»Wie tief ist Südafrika doch gesunken!«

Das Weltgericht verhandelte erneut über einen Antrag Südafrikas gegen Israel - und es hagelte gegenseitige Vorwürfe

von Michael Thaidigsmann  17.05.2024

Berlin

Opferberatung zählt 355 rechte und antisemitische Angriffe

Betroffene rassistischer Gewalt würden häufig nicht als Opfer anerkannt und mit den Folgen der Angriffe alleingelassen

 17.05.2024

Madrid

Spanien will Schiffen mit Waffen für Israel die Hafeneinfahrt verweigen

Außenminister José Manuel Albares: »Das Letzte, was der Nahe Osten derzeit braucht, sind mehr Waffen«

 17.05.2024

Ehrung

Margot Friedländer erhält Mevlüde-Genç-Medaille

Die 102-Jährige wird für ihre besonderen Verdienste im Kampf gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus geehrt

 17.05.2024

Bangkok

FIFA: Keine Abstimmung über Ausschluss Israels

Der Fußball dürfe niemals die Geisel der Politik werden, sagt der Vorsitzende des Fußball-Weltverband Gianni Infantino

 17.05.2024