Plakataktion

Prominente zeigen Gesicht

Der Fernsehmoderator Ulrich Wickert ist Jude. So zumindest steht es auf riesigen Plakaten, die seit heute in Berlin und bald überall in Deutschland hängen. Darunter der Halbsatz: »wenn du was gegen Juden hast«. Wer näher hinschaut, liest auch vier Zeilen Kleingedrucktes: »Mein Name ist Ulrich Wickert, und ich zeige Gesucht: für Respekt, für ein weltoffenes Deutschland und für deine Würde. Denn meine Freiheit ist auch deine Freiheit. Zeig auch du dein Gesicht. Es wird gebraucht.«

Pünktlich zum 21. März, dem Internationalen Tag gegen Rassismus, präsentiert der Verein »Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland« eine neue Kampagne. Mit unterschiedlichen Motiven zeigen neun Prominente ihr Gesicht gegen Ausgrenzung und Diskriminierung – darunter Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (»Ich bin Migrant«), der Komiker Kurt Krömer (»Ich bin Jude«), die Schauspielerin Gesine Cukrowski (»Ich bin Türkin«), DJ Markus Kavka (»Ich bin schwarz«) und Fernsehmoderatorin Astrid Frohloff (»Ich bin Muslima«). In Zeiten, die geprägt sind von der mühsamen Aufarbeitung des NSU-Skandals, einer diffamierend geführten Beschneidungsdebatte und wachsender Islamophobie, sei ein Bekenntnis der Mehrheitsgesellschaft dringend notwendig, begründet der Verein die Antirassismus-Kampagne.

Präsentation Die Idee stammt von der Berliner Agentur WE DO. Deren Geschäftsführer Gregor Blach sagte bei der Vorstellung des Projekts am Mittwochvormittag in der Akademie der Künste in Berlin: »Wir wollen Irritation erzeugen, die Menschen mit ihren Vorurteilen konfrontieren und zeigen, wie absurd sie sind.« Eigentlich gehöre doch jeder in irgendeiner Form zu einer Minderheit, so Blach weiter.

Der Vorstandsvorsitzende von »Gesicht Zeigen!«, der frühere Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye, zitierte bei der Präsentation Artikel 3 des Grundgesetzes: »Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.« Doch die Wirklichkeit sehe ganz anders aus, sagte Heye. Deshalb brauche es Aktionen wie die neue Kampagne. Die Fremdenfeindlichkeit sei gestiegen, in Ostdeutschland hätten nach einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung rund 15 Prozent der Bevölkerung ein geschlossen rechtsextremes Weltbild.

Heye kritisierte, dass die Bundesregierung auf ein eigenes NPD-Verbotsverfahren verzichtet. FDP-Chef Philipp Rösler hatte die Entscheidung Anfang der Woche damit begründet, dass sich Dummheit nicht verbieten lasse. »Politische Dummheit auch nicht«, konterte Heye am Mittwoch in der Akademie der Künste. Es sei nicht Sache der FDP, festzustellen, ob die NPD verfassungsfeindlich ist, sondern Sache des Bundesverfassungsgerichts.

www.gesichtzeigen.de

Kommentar

Zeit für ein Machtwort, Herr Woidke!

Brandenburg hat immer noch keinen Antisemitismusbeauftragten - dabei ist der jüngste Verfassungsschutzbericht alarmierend

von Michael Thaidigsmann  03.05.2024

Bildung

»Düsseldorfer Erklärung«: Lehrer und Eltern in NRW mobilisieren gegen Antisemitismus an Schulen

Neun Lehrer- und Elternverbände in Nordrhein-Westfalen haben sich in einer gemeinsamem »Düsseldorfer Erklärung« verpflichtet, Antisemitismus an Schulen dauerhaft entgegenzuwirken.

 03.05.2024

Berlin

Polizei räumt israelfeindlichen Protest an der Humboldt Universität

Bei dem Sit-In forderten die Teilnehmer die Vernichtung Israels

 03.05.2024

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an Warschauer Ghetto-Aufstand

Bereits ab dem Vormittag werden die Namen der 55.696 von den Nazis ermordeten Berliner Juden verlesen

 03.05.2024

Studie

Jeder dritte angehende Islam-Lehrer sieht Juden als Feinde

Die Untersuchung zeigt, wie konservativ, antisemitisch und antiwestlich die Mehrheit der islamischen Religionslehrer von morgen denkt

 03.05.2024

Kampagne

Holocaust-Leugnung in Social Media: Überlebende widersprechen

Die Aktion der Claims Conference startet auf Plattformen wie Facebook und X

 03.05.2024

Fußball

FIFA diskutiert Ausschluss Israels

Sollte sich der palästinensische Fußballverband durchsetzen, könnte Israel nicht mehr an den Weltmeisterschaften teilnehmen

von Nils Kottmann  03.05.2024

Frankreich

»Keine Zionisten«: Aufruhr an der Sciences Po

Auch an der französischen Eliteuniversität sorgen antiisraelische und antisemitische Proteste für Konflikte

 03.05.2024

Lars-Henrik Gass

Boykottaufruf

»Die Wahrheit spielt längst keine Rolle mehr«

Der Leiter der Kurzfilmtage Oberhausen Lars-Henrik Gass wehrt sich gegen eine Diffamierungskampagne von Hamas-Sympathisanten. Für die Zukunft des deutschen Kulturbetriebs sieht er schwarz

von Sophie Albers Ben Chamo  03.05.2024