Kassel

Um Verständnis werben

Die Buber-Rosenzweig-Medaille der Woche der Brüderlichkeit Foto: dpa

Die beiden Rabbinerkonferenzen und die großen christlichen Kirchen wollen stärker um Verständnis für religiöse Lebensformen werben. Der Dialog mit denen, die keiner Religionsgemeinschaft angehören, werde immer wichtiger. Darin stimmten Vertreter der Orthodoxen und der Allgemeinen Rabbinerkonferenz, der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei einem Treffen am Montag in Kassel überein.

Besonders die Beschneidungsdebatte des vergangenen Jahres habe eine sehr starke Säkularisierung der Gesellschaft deutlich gemacht, sagte Julian-Chaim Soussan, Mitglied des Beirates der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland, der Jüdischen Allgemeinen. Jüdischerseits habe man bei dem Treffen in Kassel »sehr goutiert«, dass die führenden Vertreter der großen Kirchen ausgesprochen schnell auf das Beschneidungsurteil des Kölner Landgerichts vom vergangenen Jahr reagiert und erkannt hätten, dass es eine Gefahr für die Religionsfreiheit insgesamt darstelle. »Wir haben Gemeinsamkeiten: Wir wollen, dass der Wert der Religion per se wichtig bleibt – als Teil der demokratischen Gesellschaft, der nicht nur toleriert, sondern auch respektiert wird«, sagte Soussan.

Säkularismus Anlässlich der »Woche der Brüderlichkeit« findet regelmäßig ein Meinungsaustausch der Kirchen mit der Orthodoxen und der Allgemeinen Rabbinerkonferenz statt. Hauptthema in diesem Jahr war der Umgang mit der wachsenden Säkularität. In nicht wenigen Debattenbeiträgen nach dem Urteil des Kölner Landgerichts habe sich eine tiefe Entfremdung eines Teils der Gesellschaft von religiösen Lebensformen und ein erschreckender »religiöser Analphabetismus« gezeigt, stimmten die jüdischen und christlichen Gesprächsteilnehmer überein. »Wir müssen einen Dialog mit säkularen Menschen führen, weil viele säkulare Menschen die religiöse Sprache nicht mehr verstehen«, forderte Rabbiner Soussan.

Rabbiner Tom Kucera von der Allgemeinen Rabbinerkonferenz begrüßte die gemeinsamen Absichtserklärungen, merkte aber kritisch an, dass man etwas unkonkret geblieben sei: »Man sollte mehr darüber nachdenken, wie das, was besprochen wurde, nach außen getragen werden kann.« Zudem betonte Kucera, das Judentum sei zwar Religion, aber auch eine Zivilisation: »Auch Säkularität und Atheismus haben einen festen Platz in der jüdischen Geschichte.« Wenn Säkularismus und Religion zusammenkommen sollen, müsse man ein gemeinsames Muster für Diskussion entdecken.

Um die Kluft zwischen religiösen und säkularen Bürgern zu überwinden, halten es Rabbiner und Kirchenleitungen für notwendig, den gesellschaftlichen Dialog über die Bedeutung der jüdischen und christlichen Traditionen für die europäischen Kulturen, über Religionsfreiheit und das Recht auf religiöse Erziehung zu intensivieren. Eine religiös und weltanschaulich plurale Gesellschaft erfordere von allen die Bereitschaft, mit Menschen unterschiedlicher religiöser oder säkularer Überzeugungen zusammenzuarbeiten. Deshalb könne auch von der säkularen Öffentlichkeit Respekt und Verständnis für religiöse Lebensformen erwartet werden. (epd/ja)

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Touro University vergibt erstmals »Seid Menschen«-Stipendium

Die Touro University Berlin erinnert mit einem neu geschaffenen Stipendium an die Schoa-Überlebende Margot Friedländer

 12.11.2025

Jubiläum

»Eine Zierde der Stadt«: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in Berlin eröffnet

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin eingeweiht. Am Dienstag würdigt dies ein Festakt

von Gregor Krumpholz, Nina Schmedding  11.11.2025

Vertrag

Jüdische Gemeinde Frankfurt erhält mehr Gelder

Die Zuwendungen durch die Mainmetropole sollen bis 2031 auf 8,2 Millionen Euro steigen

von Ralf Balke  11.11.2025

Berlin

Ein streitbarer Intellektueller

Der Erziehungswissenschaftler, Philosoph und Publizist Micha Brumlik ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Ein persönlicher Nachruf

von Julius H. Schoeps  11.11.2025