Dresden

Solidarität tut not

Rund 300 Personen beteiligten sich an der Kundgebung vor der Dresdner Synagoge. Foto: Steffen Giersch

Am Donnerstagabend haben rund 300 Dresdner vor der Synagoge am Hasenberg ihre Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft demonstriert. Sie folgten damit einem Aufruf verschiedener Initiativen wie »Herz statt Hetze«, »Dresden für alle« oder der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.

Musiker der »Banda Internationale« spielten, Oberbürgermeister Dirk Hilbert, Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch und Superintendent Albrecht Nollau schauten vorbei. Ein paar Muslime der Ahmadiyya-Gemeinde hielten ein Banner hoch mit der Aufschrift »Liebe für Alle – Hass für Keinen«.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Nach dem langen Corona-Lockdown war dies die erste größere Veranstaltung mit Beteiligung der Jüdischen Gemeinde zu Dresden. Freunde der Gemeinde können wenigstens vor der Synagoge stehen, erinnern sich an die Eröffnung vor nunmehr fast 20 Jahren. Deren offener Hof und die Glasfassade des Gemeindehauses gelten seit dem Anschlag von Halle als Sicherheitsrisiko.

Bedrohung Michael Hurshell, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, berichtet, dass er diese Bedrohung bereits gespürt habe, nachdem er mit seiner Frau nach Dresden gezogen war – »als 2004 bei den Landtagswahlen die NPD über 9 Prozent bekam, und ich und meine jüdischen Freunde an dem Wahlabend zusammensaßen und diskutiert haben, was das nun bedeute«.

2019 tolerierte die Stadt monatelang bei PEGIDA-Aufzügen einen Stand, der zur Solidarität mit Ursula Haverbeck aufrief.

Für sie habe sich die Frage gestellt: »Wollen wir hierbleiben, ist es Zeit, die Zelte abzubrechen, wohin geht die Reise hier in Sachsen?  Sehr schnell sind wir zu dem Schluss gekommen, wir lassen uns nicht vertreiben. Wir bleiben hier!«

Nicht zuletzt die antiisraelischen Demonstrationen im Mai hätten die Furcht verstärkt, dass Juden in Deutschland nicht mehr willkommen sind, sagt Michael Hurshell. Er berichtet von einer Debatte im Landtag über jüdische Kultur in Sachsen, an der er am Nachmittag teilgenommen hatte. AfD-Abgeordnete stellten sich dort als Beschützer der Juden dar. Sie benutzten das Thema als Hebel für ihre Ausländerfeindlichkeit. Das sei unerträglich gewesen, so Hurshell.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Michael Nattke vom Kulturbüros Sachsen berichtet vom alltäglichen Rassismus und Antisemitismus. Er nennt das Beispiel einer Löbauer Berufsschule, wo monatelang ein Lehrfilm über das Zinssystem gezeigt wurde, der voller antijüdischer Klischees war. »Ebenfalls vor Wochen hier, wenige Straßen weiter, haben Fußballfans von Dynamo Dresden randaliert, haben die anwesenden Medienvertreter als Judenpresse beschimpft und auch angegriffen.«

PROTESTE 2019 habe die Stadt monatelang bei PEGIDA-Aufzügen einen Stand toleriert, der zu Solidarität mit der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck aufrief, sagt Nattke und blickt dabei Oberbürgermeister Hilbert an. Erst nach Bürgerprotesten hat die Versammlungsbehörde reagiert. 

Alle Redner betonen an diesem Donnerstagabend, wie wichtig es sei, den verschiedensten Formen von Antisemitismus zu widersprechen. Ein erster Schritt sei, »dass wir heute hier stehen«. Für Oberlandeskirchenrat Karl-Ludwig Ihmels vom Sächsischen Landeskirchenamt ist selbstverständlich, »dass wir uns vor die jüdischen Glaubensgeschwister stellen. Der Antisemitismus ist eine gefährliche Sache, die an vielen verschiedenen Stellen auftritt.«

Gemeindevorsitzender Michael Hurshell nennt die Kundgebung lebenswichtig.

Gut eine Stunde dauert die Solidaritätsaktion vor der Neuen Synagoge Dresden, die am 9. November ihr Jubiläum feiert. Michael Hurshell nennt diese Kundgebung lebenswichtig. »Wir brauchen die Solidarität, wir brauchen das Mitgefühl, wir brauchen das Verständnis unserer nichtjüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, denn wir sehen einer riesigen Welle von neuem Antisemitismus entgegen, wir sehen, wie der Holocaust verniedlicht, verleugnet und missbraucht wird, und da ist solch eine Veranstaltung wie heute, wo Menschen zeigen, dass sie an unserer Seite stehen, enorm wichtig.«

Interview

Yorai Feinberg: »Die Wassermelone ist das Symbol von Judenhassern«

Der Restaurantbesitzer über den Wassermelonen-Eklat, die Welle des Antisemitismus, die regelmäßig das »Feinberg’s« trifft und über Zeichen der Solidarität

von Imanuel Marcus  09.05.2025

Berlin

Verleihung von Bundesverdienstkreuz an Margot Friedländer verschoben

Erst vor einem Monat erhielt die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer den Preis des Westfälischen Friedens. Die Verleihung einer weiteren hohen Auszeichnung findet kurzfristig jedoch nicht stat

 09.05.2025

Berlin

Margot Friedländer erhält Bundesverdienstkreuz

Erst vor einem Monat erhielt die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer den Preis des Westfälischen Friedens. Nun verleiht ihr der Bundespräsident die höchstmögliche Auszeichnung der Bundesrepublik

 09.05.2025

Interview

»Mir war himmelangst«

Die 96-Jährige Ruth Winkelmann überlebte die Novemberpogrome in Berlin. Bis heute geht sie in Schulen und spricht über ihr Schicksal - und darüber, was ihr den Glauben an die Menschheit zurückgegeben hat

von Nina Schmedding  09.05.2025 Aktualisiert

Urteil

Klage von jüdischem Erben gegen Sparkasse Hagen bleibt erfolglos

Der Großvater des Klägers hatte den Angaben zufolge 1932 ein Konto bei der Sparkasse in Hagen eröffnet und darauf Geld eingezahlt. Später floh er mit seiner Ehefrau in die Schweiz

 07.05.2025

Digitale Erinnerung

Neue App zeigt Deutschland-Karte mit Nazi-Verbrechen

Von 1933 bis 1945 haben die Nationalsozialisten Menschen enteignet, missbraucht, getötet. Die Untaten auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik versammelt eine neue App. Schon zum Start gibt es eine Erweiterungs-Idee

von Christopher Beschnitt  07.05.2025

Jom Haschoa

Geboren im Versteck

Bei der Gedenkstunde in der Münchner Synagoge »Ohel Jakob« berichtete der Holocaust-Überlebende Roman Haller von Flucht und Verfolgung

von Luis Gruhler  05.05.2025

Berlin/Potsdam

Anderthalb Challot in Apartment 10b

In Berlin und Potsdam beginnt am 6. Mai das Jüdische Filmfestival. Die Auswahl ist in diesem Jahr besonders gut gelungen

von Katrin Richter  05.05.2025

Sehen!

Die gescheiterte Rache

Als Holocaust-Überlebende das Trinkwasser in mehreren deutschen Großstädten vergiften wollten

von Ayala Goldmann  04.05.2025 Aktualisiert