Nachruf

Sie war die erste Religionslehrerin nach der Schoa

Ora Guttmann (1931–2024), die langjährige Religionslehrerin, las gern und viel. Foto: Uwe Steinert

Die ehemalige Religionslehrerin der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Ora Guttmann, ist im Alter von 93 Jahren verstorben. Sie wurde auf dem Friedhof Scholzplatz beerdigt. Das Kaddisch sprach Kantor Jochen Fahlenkamp. 33 Jahre lang war Ora Guttmann Religionslehrerin der Gemeinde, die erste nach der Schoa. Neben ihrer Familie trauern viele ehemalige Schüler um sie.

»Sie war meine erste Liebe, ich war unsterblich in sie verliebt«, sagt Benno Bleiberg, ehemaliges Mitglied der Repräsentantenversammlung und einer von Ora Guttmanns damaligen Schülern. Als Sechsjähriger drückte er bei ihr nachmittags die Schulbank. »Sie war eine sehr gute Pädagogin und schaffte es sogar, mich dazu zu bringen, Hebräisch zu lernen«, sagt Bleiberg. Bis ins hohe Alter unterrichtete Ora Guttmann erwachsene Schüler. Die letzten Jahre verbrachte sie in einer Seniorenresidenz.

1931 wurde Ora Guttmann in Haifa geboren. Ihre Eltern ließen sich scheiden und brachten sie und ihren Bruder in einem Kibbuz unter. »Das war damals so üblich«, erklärte Ora in einem Interview mit der Jüdischen Allgemeinen. Ab und zu verbrachte sie Zeit mit ihrem Vater und dessen zweiter Frau, die wie er auch Deutsch sprach. Auf diese Weise lernte sie etwas von der Sprache. Nach der Schule besuchte sie das Lehrerseminar. Dann lernte sie ihren zukünftigen Mann Gad kennen. 1957 zog das Paar nach Deutschland, da Gad Sehnsucht nach seiner Geburtsstadt Berlin hatte.

Als das Gemeindehaus in der Fasanenstraße eröffnet wurde, zog sie mit Büchern und Schülern dorthin um.

Ihr Mann wurde Sportlehrer, und Ora Guttmann begann, die wenigen jüdischen Kinder in einer Schule in der Sybelstraße zu unterrichten. Als das Gemeindehaus in der Fasanenstraße eröffnet wurde, zog sie mit Büchern und Schülern dorthin um. Die Schulen, die ein paar jüdische Kinder hatten, besuchte die Religionslehrerin am Vormittag, darunter die John-F.-Kennedy-Schule in Zehlendorf und das Friedrich-Ebert-Gymnasium in Steglitz.

In der Synagoge Pestalozzistraße gab sie darüber hinaus Kurse für diejenigen, die zum Judentum übertreten wollten. Ihr war es zu verdanken, dass die Mädchen in dieser Synagoge Batmizwa feiern durften. Sie selbst hatte nie eine Batmizwa. In den 90er-Jahren wurde Ora Guttmann als erste Frau in den Vorstand der Synagoge Pestalozzistraße gewählt und arbeitete an dem neuen Gebetbuch der Synagoge mit. Nach dem Tod ihres Mannes verbrachte Guttmann die Zeit mit Lesen und Radiohören.

Das Judentum interessierte sie mit seinen Ideen, seiner Geschichte und Philosophie. Die Themen ließen sie auch im Alter nicht los. Deshalb wurde sie nicht müde, immer wieder ihre Bücher aufzuschlagen. »Sie war ein Vorbild für uns«, so die frühere Gemeindechefin Lala Süsskind.

Abschied

Eine letzte Verneigung

Die am 9. Mai verstorbene Holocaust-Überlebende Margot Friedländer ist am Donnerstag in Berlin beigesetzt worden. An der Trauerfeier nahmen neben Wegbegleitern auch die gesamte Staatsspitze teil

von Markus Geiler  15.05.2025

Berlin

Große Anteilnahme bei Beisetzung von Margot Friedländer

Knapp eine Woche nach ihrem Tod wird die Holocaust-Überlebende beigesetzt. Zu der Trauerfeier kommen viele Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft

 15.05.2025 Aktualisiert

Jahrestag

Erben der Erinnerung

Auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau gedachten Schoa-Überlebende sowie Vertreter aus Politik und Gesellschaft der Befreiung vor 80 Jahren

von Vivian Rosen  15.05.2025

Gedenkstunde

»Der Sieg ist auch der Sieg der Gefallenen«

Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern ehrte die jüdischen Soldaten mit einer Kranzniederlegung

von Vivian Rosen  15.05.2025

Essen

Blumen aus Lotan

Ein Team des Kibbuz im Negev ist zu Gast in der Alten Synagoge, um Jugendlichen Ökologie, Achtsamkeit und Nachhaltigkeit näherzubringen

von Stefan Laurin  15.05.2025

Berlin

Margot Friedländer wird beigesetzt

Auch knapp eine Woche nach dem Tod von Margot Friedländer trauern viele Menschen um die Frau, die als Holocaust-Überlebende für Menschlichkeit eintrat. Zu ihrer Beisetzung kommen hochrangige Gäste

 15.05.2025

Magdeburg

Mehr antisemitische Vorfälle in Sachsen-Anhalt

Direkt von Anfeindungen betroffen waren laut Rias 86 Personen und in 47 Fällen Einrichtungen

 14.05.2025

Gießen

Tora im Herbst?

Die Jüdische Gemeinde braucht dringend eine neue Rolle. Der Vorstand fand einen Sofer in Bnei Brak. Im Oktober soll sie fertig sein. Schirmherr der Spendenaktion wird Ex-Ministerpräsident Volker Bouffier

von Helmut Kuhn  13.05.2025

Prozess

Verfahren um Brandanschlag auf Oldenburger Synagoge beginnt

Der Angeklagte ist vermutlich psychisch schwer erkrankt und war zur Tatzeit unter Umständen schuldunfähig

 13.05.2025