Berlin

Mit Witz, Musik und Lebensmut

Vor dem Rathaus Schöneberg standen am Mittwochabend knapp 100 enttäuschte Coco-Schumann-Fans. Der Gitarrist, Schlagzeuger, Jazzer und Swinger feierte am 14. Mai seinen 90. Geburtstag, und der Platz im Willy-Brandt-Saal, in dem die Feier für ihn ausgerichtet wurde, reichte nicht aus, um alle die, die den Künstler sehen wollten, aufzunehmen.

Als der Musiker an der Seite seines Bruders Jürgen den Saal betrat, gab es Standing Ovations. Anschließend wurden Fotos aus Schumanns Lebens auf die Leinwand projiziert, seine jetzige Band trat auf – nur Coco Schumann selbst war an diesem Abend musikalisch beurlaubt.

Glückwünsche Eine Musikgruppe spielte seine Kompositionen, die zehnjährige Großnichte Naomi sang und schaffte es, dass alle ein »Happy Birthday« für den Jubilar anstimmten. Weggefährten, Freunde und Politiker, darunter Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) und der ehemalige Regierende Berliner Bürgermeister Walter Momper (SPD), gratulierten Schumann. Björn Böhning, Chef der Senatskanzlei, übermittelte die Grüße des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) und des gesamten Senats.

Katia Schaefer von der Bayrischen Akademie der Schönen Künste in Bayern sagte: »Die Welt braucht Menschen wie Sie. Sie sind ein Mahner gegen das Vergessen, Ihre Botschaft ist mit Witz, Musik und Lebensmut gespickt.« Sie hatte den Film Refuge in Theresienstadt mit betreut. Coco Schumann war für dieses Projekt ins Ghetto zurückgekehrt. Er habe es wiedersehen wollen, weil er es überlebt hatte, sagte der Musiker.

Wolfgang Kuntze, ehemaliges Mitglied der Coco Schumann Band, betonte in seiner Ansprache, dass die alten Nazis alle tot seien, Coco Schumann aber lebe. Gregor Gysi (Die Linke), der die Laudatio auf Schumann hielt, sagte: »Wir verehren dich, du hast das Musikleben mitgeprägt. Und wir sind glücklich, dass du trotz bitterer Erfahrung nach Berlin zurückgekehrt bist.« Coco Schumann hörte sich alles aufmerksam an und gab zwischendurch einige seiner berühmten Kommentare zum Besten.

Gitarre Coco Schumann wuchs in Berlin-Mitte auf, hörte schon als Zwölfjähriger Swing- und Jazzmusik und lernte daraufhin das Gitarrenspiel. Als Jude, und auch noch minderjährig, spielte er in Bars verbotene Musik, bis er verraten wurde und erst nach Theresienstadt und später Auschwitz-Birkenau deportiert wurde. Beide Lager überlebte er, indem er Musik machte. Nach der Nazizeit kam er zurück nach Berlin und wurde zur Jazzlegende. Noch heute übt er täglich Gitarre und tritt mit seiner Band auf.

Die Feier im Schöneberger Rathaus hatten Bärbel Petersen vom Kulturmanagement Berlin und die Mitarbeiter der Ausstellung »Wir waren Nachbarn« organisiert, in der auch ein biografisches Album von Coco Schumann ausgestellt ist. Bei den letzten Songs des Abends stürmten Freunde und Fans zu ihm und überreichten ihm Blumen und Geschenke.

Lesen Sie auch:
www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/19067
www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/18214

München

Das Schweigen brechen

Stephan Lebert und Louis Lewitan stellten ihr neues Buch »Der blinde Fleck« über ein deutsches Tabu und seine Folgen vor

von Helen Richter  03.07.2025

Sport

Fit mit Makkabi

Schmerzt der Rücken? Fehlt die Kraft? Wir haben vier Übungen für alle, die fit im Alltag werden wollen. Gezeigt hat sie uns Noah von Makkabi

von Katrin Richter  03.07.2025

Berlin

»Wie vorm Berghain«

Avi Toubiana über das Kosher Street Food Festival, organisatorische Herausforderungen und Warteschlangen

von Helmut Kuhn  03.07.2025

Lesung

Familiengeschichten

Der Autor Daniel Zylbersztajn-Lewandowski stellte im »taz-Café« zwei Bücher über seine Vorfahren vor – und lernte bislang unbekannte Verwandte kennen

von Alicia Rust  03.07.2025

Chemnitz

Marx und Mikwe

Die Jüdische Gemeinde präsentiert sich im Kulturhauptstadtjahr zwischen Baustelle, Geschichte und Begegnung. Ein Ortsbesuch

von Anett Böttger  02.07.2025

Meinung

Nicht ohne meine Klimaanlage!

Warum sich Deutschland im Sommer an Israel ein Beispiel nehmen sollte

von David Harnasch  02.07.2025 Aktualisiert

Interview

Das hilft wirklich gegen zu viel Hitze und Sonne

Yael Adler über die Frage, wie wir uns am besten schützen können und was wir im Sommer von den Israelis lernen können

von Philipp Peyman Engel  02.07.2025 Aktualisiert

Bayern

Als Rassist und Antisemit im Polizeidienst? Möglich ist es …

Der Verwaltungsgerichtshof München hat geurteilt, dass Beamte sich im privaten Rahmen verfassungsfeindlich äußern dürfen, ohne deswegen mit Konsequenzen rechnen zu müssen

von Michael Thaidigsmann  01.07.2025

München

Gedenken in schwerer Zeit

Die Stadt erinnerte an jüdische Opfer des NS-Regimes. Die Angehörigen aus Israel konnten wegen des Krieges nicht anreisen

von Luis Gruhler  01.07.2025