Berlin

Mit Pailletten 
gegen BDS

Wenn in Tel Aviv das Finale des Eurovision Song Contest (ESC) über die Bühne geht, dann muss auch in Berlin kräftig gefeiert werden. Genau deshalb lud die Wochenzeitung »Jungle World« gemeinsam mit dem israelischen Kulturverein Habait sowie der Jüdischen Studierendeninitiative Studentim und dem Jungen Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in den Festsaal Kreuzberg, um es ordentlich krachen zu lassen.

»Normalerweise ist der ESC nicht unser Thema«, erklärt Irene Eidinger. »Aber weil die Veranstaltung dieses Jahr in Israel stattfindet und die antisemitische Boykottbewegung BDS so sehr dagegen agitiert hatte, war es uns allen ein ganz persönliches Anliegen«, sagte die Jungle-World-Geschäftsführerin der Jüdischen Allgemeinen.

DRAGQUEEN Selbstverständlich standen Musik und Showeinlagen im Vordergrund. Bereits um 19 Uhr erschienen die ersten Gäste, und rasch wurde es sehr eng im Festsaal. Mehr als 500 Teilnehmer waren der Einladung gefolgt, um den Wettkampf der Kandidaten aus 26 Natio­nen live auf der Leinwand zu verfolgen – und natürlich lauthals zu kommentieren.

Stilsicher führte Patsy l’Amour laLove, Berlins wohl prominenteste Polit
tunte, gemeinsam mit ihrer Kollegin, der Dragqueen-Artistin Doris Belmont, durch den Abend. »1998 ist die transsexuelle Dana International für Israel ins Rennen gegangen und wurde Siegerin. Jetzt gehen wir Transen für Israel auf die Bühne«, bringt Patsy l’Amour laLove ihre Motivation auf den Punkt.

Die Moderatorinnen machten sich über die »Spaßbremsen« der Boykottbewegung lustig.

Zur Melodie des Eurovision-Klassikers »Ein bisschen Frieden«, mit dem Nicole 1982 den europäischen Gesangswettbewerb gewann, stimmten beide Künstlerinnen ein Loblied auf das pralle Leben der Stadt Tel Aviv an und machten sich über die »Spaßbremsen« der Boykottbewegung lustig. Damit war auch klar, dass trotz Kitsch, Trash und reichlich Pailletten eine Eurovision in Israel niemals eine unpolitische Veranstaltung sein kann – selbst wenn sie in Berlin stattfindet.

Zweifellos spannungssteigernd waren die zahlreichen Ausfälle der Übertragungstechnik auf die Leinwand, die vor allem bei der Punktevergabe am Ende der Show in Tel Aviv zahlreichen Gästen im Festsaal den Atem stocken ließen.

Vorschau

Volk des Buches

Zum Europäischen Tag der jüdischen Kultur

von Nora Niemann  01.09.2025

Meinung

Schlechte Zeiten für Frankfurts Juden

Durch die Radikalisierung der israelfeindlichen Szene ist die jüdische Gemeinschaft der Mainmetropole zunehmend verunsichert. In der Stadtgesellschaft interessiert das jedoch nur wenige

von Eugen El  01.09.2025

Vor 80 Jahren

Neuanfang nach der Schoa: Erster Gottesdienst in Frankfurts Westendsynagoge

1945 feierten Überlebende und US-Soldaten den ersten Gottesdienst in der Westendsynagoge nach der Schoa

von Leticia Witte  01.09.2025

Forschung

Storys per QR-Code

Studierende der TU recherchieren zu Geschichte und Gegenwart jüdischen Lebens im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf

von Helmut Kuhn  31.08.2025

Bildung

Mathe, Kunst, Hebräisch

Diese Woche ist die Jüdische Grundschule in Dortmund feierlich eröffnet worden. Warum entscheiden sich Eltern, ihr Kind auf eine konfessionell geprägte Schule zu schicken – und warum nicht?

von Christine Schmitt, Katrin Richter  31.08.2025

Essay

Wie eine unsichtbare Wand

Immer sind Juden irgendetwas: Heilige oder Dämonen, Engel oder Teufel. Dabei sind wir ganz normale Menschen. Warum nur gibt es immer noch Erstaunen und teils Zurückweisung, wenn man sagt: Ich bin jüdisch?

von Barbara Bišický-Ehrlich  31.08.2025

Porträt der Woche

Sprachen, Bilder, Welten

Alexander Smoljanski ist Filmemacher, Übersetzer und überzeugter Europäer

von Matthias Messmer  31.08.2025

Würdigung

Tapfer, klar, integer: Maram Stern wird 70

Er ist Diplomat, Menschenfreund, Opernliebhaber und der geschäftsführende Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses. Zum Geburtstag eines Unermüdlichen

von Evelyn Finger  29.08.2025

Interview

»Physisch geht es mir gut, psychisch ist ewas anderes«

Sacha Stawski über den Angriff auf ihn und seine Kritik an Frankfurts Oberbürgermeister

von Helmut Kuhn  28.08.2025