Berlin

Knobloch: Einladung Erdogans »absolut falsch«

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München Foto: picture alliance/dpa

Charlotte Knobloch, Holocaust-Überlebende und Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, hat die Einladung der Bundesregierung an den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan scharf kritisiert. »Ich halte es für absolut falsch, ihm in Deutschland ausgerechnet in dieser Situation eine Bühne zu bieten, in der Israel bedroht ist«, sagte Knobloch dem »Tagesspiegel«.

Die Türkei sei »ein wichtiger Verbündeter des Westens« gewesen, so die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. »Nun wendet sie sich von ihm ab. Ich habe den Verdacht, dass die Türkei sich jetzt auf die Seite des Irans schlägt.«

Erdogan soll am 17. November nach Deutschland kommen. Er hatte dem Westen vorgeworfen, durch Israel begangene »Kriegsverbrechen« zu decken und eine direkte Linie vom Völkermord an den Juden zu den heutigen Opfern im Gazastreifen gezogen. Zudem hatte er erklärt, die radikalislamische Hamas sei keine Terrororganisation, »sondern eine Befreiungs- und Mudschaheddin-Gruppe, die für den Schutz ihres Landes und ihrer Bürger kämpft«.

Signale an türkischstämmige Muslime

Weiter erklärte Knobloch mit Blick auf Synagogen-Besuche von muslimischen Imamen als Zeichen der Friedfertigkeit in verschiedenen deutschen Städten, man wisse oft nicht, wer genau diese Gesprächspartner seien, »und genau das ist ein Problem«.

Auch der Leiter der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Ali Erbas, der rund 900 Moscheen in Deutschland unterstehen, »fällt durch antiisraelische und antisemitische Äußerungen auf«, so die Präsidentin. »Damit sendet er ganz bestimmte Signale auch an türkische oder türkischstämmige Muslime in Deutschland - und es sind keine friedlichen.«

»Hochgefährlich« nannte Knobloch das Phänomen eines durch Migration aus arabischen und muslimischen Ländern nach Deutschland importierten Antisemitismus. »Schon die Schulbücher in vielen dieser Länder verbreiten Hass gegen Israel und gegen Juden, die Kinder lernen nichts anderes. Auch viele Imame in Deutschland hetzen gegen Juden.«

»Sträflich unterschätzt«

Sie habe deutsche Politiker immer wieder aufgefordert, gegen diesen Antisemitismus vorzugehen. Die Antwort sei meist gewesen: »Wir wissen um diese Gefahr, aber wir haben nicht die Möglichkeit, dagegen etwas zu tun«, beklagte die 91-Jährige.

Die deutsche Politik habe dieses Phänomen »sträflich unterschätzt« und müsse daher »jetzt endlich einschreiten«, unterstrich Knobloch. »Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre gab es den Spruch: Das Boot ist voll. Das war sehr plakativ, aber in Bezug auf Judenhass muss ich sagen: Ich wünsche mir ein härteres Vorgehen.«

Die Forderung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), antisemitische Vergehen mit dem Entzug des deutschen Passes zu ahnden, begrüßte die Münchnerin. Zugleich sei nicht zu übersehen, dass der Rechtsextremismus eine große Gefahr für die Demokratie darstelle, führte Knobloch weiter aus. »Die Gefahr kommt aber von allen Seiten. Wenn der Antisemitismus auch durch Migration noch weiterwächst, dann stehen bald wir vor einer ziemlich hohen Wand«, mahnte die Präsidentin. kna

Gießen

Tora im Herbst?

Die Jüdische Gemeinde braucht dringend eine neue Rolle. Der Vorstand fand einen Sofer in Bnei Brak. Im Oktober soll sie fertig sein. Schirmherr der Spendenaktion wird Ex-Ministerpräsident Volker Bouffier

von Helmut Kuhn  13.05.2025

Prozess

Verfahren um Brandanschlag auf Oldenburger Synagoge beginnt

Der Angeklagte ist vermutlich psychisch schwer erkrankt und war zur Tatzeit unter Umständen schuldunfähig

 13.05.2025

Begegnung

Yotams Haus

Bei »Resilience Through Music« in Berlin erzählte Tuval Haim aus dem Leben seines Bruders, des Schlagzeugers Yotam, der am 7. Oktober 2023 aus Kfar Aza entführt wurde

von Katrin Richter  12.05.2025

Berlin

Margot Friedländer wird auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee beerdigt

Das nichtöffentliche Begräbnis ist für Donnerstag geplant

 12.05.2025

Margot Friedländer

Holocaust-Überlebende war Stimme gegen das Vergessen

Gegen das Vergessen - Margot Friedländer überlebte das Grauen des Holocausts und hat dazu nie geschwiegen. Als eine der letzten Stimmen für die Erinnerung ist sie nun im Alter von 103 Jahren gestorben

von Leticia Witte  12.05.2025

Berlin

Kondolenzbuch für Margot Friedländer im Roten Rathaus

Die Holocaust-Überlebende wird nach ihrem Tod geehrt

 12.05.2025

Nachruf

Danke, liebe Frau Friedländer!

Die Schoa-Überlebende tanzte mit dem Regierenden Bürgermeister, sprach jungen Menschen Mut zu und war auf etlichen Terminen anzutreffen. Unsere Redakteurin lässt einige Begegnungen Revue passieren

von Christine Schmitt  11.05.2025

Umfrage

Zwischen Skepsis und Hoffnung

Wie erlebten Jüdinnen und Juden die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Berlin und Jerusalem vor 60 Jahren? Wir haben uns umgehört

von Christine Schmitt  11.05.2025

Reaktionen

»Ihr Vermächtnis ist Mahnung und Verpflichtung«

Der Tod der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer ist in Politik und Gesellschaft mit großer Trauer aufgenommen worden

 11.05.2025