Köln

Historische Parallelen

Elena Solominski (l.) und Chana Bennett neben einem Foto von Jacob Lwowitsch Teitel Foto: Constantin von Hoensbruch

Niemand der Organisatoren, unter ihnen die Gemeinde-Kulturbeauftragte Chana Bennett, konnte in Vorbereitung der Ausstellung ahnen, unter welchen Umständen sie zu sehen sein würde: Am 24. Februar, dem Tag, als Russland den Krieg gegen die Ukraine begann, lud die Vernissage im Gemeindesaal unter dem Titel »Helfen bedeutet Leben« zu einer Zeitreise zwischen russischer Oktoberrevolution 1917 und Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 ein.

Im Mittelpunkt stehen dabei das Leben und Wirken von Jacob Lwowitsch Teitel (1850–1939) und der von 1920 bis 1935 bestehende Verband russischsprachiger Juden in Deutschland. Teitel, geboren in Tscherny Ostrov nahe Kiew, hatte nach seiner Auswanderung nach Berlin den Vorsitz des Vereins übernommen, der sich für Tausende jüdische Flüchtlinge aus Russland einsetzte.

Analogie Frappierend ist die Analogie der Ereignisse. »Die Ausstellung widmet sich einem Kapitel, über das wenig bekannt und doch an Aktualität nicht zu übertreffen ist«, bringt es Abraham Lehrer, Präsident der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden (ZWST), als Schirmherr auf den Punkt und ergänzt: »Wir Juden wissen nur zu gut, was es heißt, wenn Grenzen geschlossen werden.«

Doch die Ausstellung will nicht nur über die Zwischenkriegszeit informieren, in der die Lage jüdischer Flüchtlinge erstmals eindeutig als internationales Thema identifiziert worden ist. »Die Ausstellung will erstaunen, inspirieren und ermutigen«, betont Projektkuratorin Elena Solominski. Denn: »Menschen wie Teitel lehren uns, dass wir handeln können, wenn wir hinsehen.«

Abraham Lehrer ergänzt: »Und dass Helfen und Gutes tun im Sinne des Tikkun Olam als eines der höchsten Prinzipien im Judentum und inneren Kompass jüdischer Menschen gilt.« Jacob Teitel hat dies beispielhaft vorgelebt: »Beeilt euch, Gutes zu tun«, sagte der Jurist einmal.

Helfen und Gutes tun im Sinne des Tikkun Olam ist eines der höchsten Prinzipien des Judentums.

Dass gesellschaftliche Integration und Teilhabe durch Bildung und Beruf befördert werden, hatte er selbst erfahren dürfen. Soziale Solidarität und berufliche Integration bilden auch die Grundlage des Vereinszwecks. Die Flüchtlinge hatten kein Recht auf Arbeit, keinen Anspruch auf Sozialhilfe, keine medizinische Versorgung. Erst ab 1927 kam es zu einer Anpassung in der Gesetzgebung.

Netzwerke Die Ausstellung stellt den Aufbau regionaler und internationaler Netzwerke dar. Individuelle Hilfen wurden auf den Weg gebracht, medizinische Versorgung organisiert. »Er war ein Humanist mit großen Visionen, der sich für viele bekannte und namenlose Menschen eingesetzt und jüdisches Leben sichtbar gemacht hat«, sagt Elena Solominski, die wie Teitel in ihrer Heimatstadt Kiew verschiedene Hilfsprojekte begleitet hat. Wie sehr sie die derzeitige Situation mitnimmt, zeigt sich, als sie mit spürbarer innerer Bewegung sagt: »Mein Herz schlägt hart.«

Bis 14. März in der Roonstraße 50; vom 15. bis 31. März im Begegnungszentrum Köln-Chorweiler, Pariser Platz 30

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in wiedereröffneter Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  16.09.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Erstes Konzert in Magdeburger Synagoge

Die Synagoge war im Dezember 2023 eröffnet worden

 15.09.2025

Thüringen

Jüdisches Bildungsprojekt »Tacheles mit Simson« geht erneut auf Tour

Ziel des Projektes sei es, dem Aufkommen von Antisemitismus durch Bildung vorzubeugen, sagte Projektleiter Johannes Gräser

 15.09.2025

Essen

Festival jüdischer Musik mit Igor Levit und Lahav Shani

Der Festivalname »TIKWAH« (hebräisch für »Hoffnung«) solle »ein wichtiges Signal in schwierigen Zeiten« setzen, hieß es

 15.09.2025

Berlin

Margot Friedländer Preis wird verliehen

Die mit insgesamt 25.000 Euro dotierte Auszeichnung gehe an Personen, die sich für Toleranz, Menschlichkeit, Freiheit und Demokratie einsetzen

 15.09.2025