Kino

»Helfen war niemals unmöglich«

Charlotte Knobloch und SquareOne-Geschäftsführer Al Munteanu Foto: IKG München und Oberbayern/Astrid Schmidhuber

Wie viele Opfer des Holocaust hätten gerettet werden können, wenn Menschen vor und während des Völkermords an den europäischen Juden geholfen und nicht kollektiv weggeschaut hätten? Diese Frage stellt man sich seit 1945, und sie bleibt bis heute hochaktuell. Den Briten Sir Nicholas Winton, genannt »Nicky«, quälte sie sogar ein Leben lang.

Dabei hatte gerade er nicht zu den untätigen Zuschauern gehört: Seinem Einsatz als Fluchthelfer in Prag zum Jahreswechsel 1938/39 verdanken 669 jüdische Kinder, denen er die Ausreise nach Großbritannien ermöglichte, ihr Leben. Winton war klar, dass der Einmarsch der Deutschen bevorstand, weshalb er versuchte, vorher so viele Kinder wie möglich außer Landes zu bringen.

Dass er denjenigen, die sich im neunten Rettungszug befanden, nicht mehr helfen konnte, ließ ihm zeit seines Lebens keine Ruhe. Über seine Hilfsaktion schwieg er jahrzehntelang. Erst 1988 wurde seine Heldentat durch eine Fernsehsendung öffentlich. Wintons so außergewöhnliche wie wenig bekannte Geschichte behandelt nun der Spielfilm One Life, der am heutigen Donnerstag in den deutschen Kinos anlief.

Bereits Anfang vergangener Woche hatte die Produktionsfirma SquareOne Entertainment in Kooperation mit dem Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern zu einer Sondervorführung ins ARRI-Kino geladen, an der unter anderem IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch teilnahm.

Gemeinsam mit dem Geschäftsführer von SquareOne, Al Munteanu, sprach sie vor Beginn der Vorstellung im vollen Kinosaal und verwies dabei auf die überragende Bedeutung des individuellen Engagements hin. Helfen, so Knobloch, sei in der NS-Zeit ohne Zweifel nicht leicht gewesen; aber es »war niemals und für niemanden unmöglich«. In diesem Zusammenhang zitierte sie Winton selbst, dessen Motto »Wenn etwas nicht unmöglich ist, dann muss es einen Weg geben« ihn zum Handeln motiviert habe. Seine Überzeugung sei es gewesen, so Knobloch, »dass der Einzelne zum Handeln nicht nur fähig, sondern verpflichtet« sei. SquareOne-Geschäftsführer Al Munteanu betonte, dass die Erinnerung an die Leistung von Menschen wie Winton angesichts weiterhin existierender Herausforderungen noch immer wichtig sei. So wurde das Gedenken an die Kindertransporte zum Ziel antisemitischer Angriffe. Erst zum Jahresbeginn 2024 sei etwa die Gedenkstätte am Berliner Bahnhof Friedrichstraße mit Graffiti beschmiert worden. Es ermutige ihn deshalb, dass »Menschen, deren moralischer Kompass korrekt ausgerichtet ist, sich auf den Straßen Deutschlands versammeln, um gegen Hass und Rassismus zu demonstrieren«.

Wintons inspirierende Geschichte sei so zugleich ein Plädoyer gegen das Wegschauen und ein Auftrag: »Ganz gewöhnliche Menschen können – allen Widrigkeiten zum Trotz – etwas bewirken.«

Der Film »One Life« läuft ab 28. März im Kino

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025

Oldenburg

Brandanschlag auf Synagoge: Beschuldigter bittet um Entschuldigung

Am 5. April 2024 war ein Brandsatz gegen die massive Tür des jüdischen Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen worden

 11.06.2025

Erinnerung

731 Schulen erinnern an Anne Frank

Der Aktionstag findet seit 2017 jährlich am 12. Juni, dem Geburtstag des Holocaust-Opfers Anne Frank (1929-1945), statt

 11.06.2025

Grand Schabbaton

Eine 260-köpfige Familie

In Potsdam brachte der»Bund traditioneller Juden« mehrere Generationen zusammen

von Mascha Malburg  11.06.2025

Meinung

Jewrovision: einfach jung und jüdisch sein

Junge Jüdinnen und Juden sind alltäglich Anfeindungen ausgesetzt. Für sie ist die Jewrovision ein Safe Space

von Katrin Richter  11.06.2025

Jewrovision

Party der Herzen

1300 Jugendliche kamen in Dortmund zum größten Gesangs- und Tanzwettbewerb für jüdische Kinder und Teenager zusammen. In angespannten Zeiten lebten sie das Motto »United in Hearts«

von Katrin Richter  11.06.2025