Dokumentiert

Gefangener Zions

Yosef Begun Foto: Marina Maisel

Moskau 1987, Kazanskij Bahnhof. Auf dem überfüllten Bahnsteig treffen Kameraden den gerade erst aus dem russischen Ge-
fängnis befreiten Yosef Begun. Sie singen »Schalom Alejchem!«, nehmen ihn auf die Schultern. Er wiederholt immer wieder ein Wort: »Nizachon!«, zu Deutsch »Sieg!«. Diese Szene entstammt dem Dokumentarfilm über Yosef Begun, der für die Rechte der Juden in der Sowjetunion gekämpft und dafür lange Jahre im Gefängnis gesessen hat.

Drehbuch Yosef Begun stellt diesen Film Wenn du kämpfst, wirst du deine Rechte erlangen auf Einladung der Zionistischen Organisation München zum Auftakt des Jom Jeruschalaim im Münchner Gemeindezentrum vor. Er war 2007 selbst Co-Autor des Drehbuchs zusammen mit Regisseur Jakov Nazarov. Stanislav Skibinski von der ZO München freut sich, dass sie zum Jom Jeruschalaim den Gast aus Jerusalem gewinnen konnten. Olga Albrandt aus der Sozialabteilung, die den Abend mitorganisiert hat, schenkt Yosef Begun als Erinnerung eine CD mit seinem kürzlich mit Rimma und Andrej Semenov vom Projekt »Archiv« geführten Interview. Thomas Münz von der ZO München begrüßte Yosef Begun als einen »außergewöhnlichen Gast«, der Mut hatte und keine Angst vor Repressalien.

Die Geschichte Yosef Beguns ist die Geschichte des Kampfes für jüdische Identität in der Zeit der sowjetischen Diktatur. Die Karriere des sowjetischen Intellektuellen bricht 1971 jäh zusammen, als Begun den Antrag auf Auswanderung nach Israel stellt. Der Antrag wird abgelehnt und Beguns Leben erfährt als »Seruvnik«, als »Abgelehnter«, eine Wendung.

Armband Schon Mitte der 60er-Jahre hatte Begun für die Rechte der Juden in der Sowjetunion gekämpft, dafür, dass sie ihre Sprache lernen dürfen, Bücher über Geschichte und Kultur ihres Volkes lesen können und das Recht auf Aliyah haben. Begun war aktiv bei der Erstellung von Sammelbriefen und Texten für selbst gedruckte Zeitschriften. Doch das galt als »subversive Tätigkeit gegen den sowjetischen Staat«. Der Dissident verbringt fast zehn Jahre in Gefängnissen, in der Verbannung und in Lagern. Erst 1988 in der Ära Michail Gorbatschows kommt er frei und wandert im Alter von 56 Jahren mit seiner Familie nach Israel aus. Einige Monate später übergibt der damalige US-Präsident Ronald Reagan im Weißen Haus Yosef Begun ein Armband mit der Inschrift »Yosef Begun – Prisoner of Zion«, das er als Erinnerung an das Schicksal der sowjetischen Juden aufbewahrt. In Amerika bezeugten Demonstranten ihre Solidarität mit den Widerstandskämpfern in der Sowjetunion. Yosef Begun und seine jüdischen Mitstreiter haben es geschafft, auch außerhalb des eisernes Vorhanges das Leben der Juden im sowjetischen Regime bekannt zu machen.

Als ein Symbol schenkt Begun der ZO München ein Armband mit seinen Namen. Solche Armbänder mit seinem Namen und den Namen seiner Kameraden trugen damals als Solidaritätszeichen tausende Menschen weltweit. Esther Weinberger nimmt dieses Geschenk stellvertretend für die ZO München in Empfang.

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025

Jüdische Kulturtage Berlin

Broadway am Prenzlauer Berg

Vom Eröffnungskonzert bis zum Dancefloor werden Besucherrekorde erwartet

von Helmut Kuhn  13.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Touro University vergibt erstmals »Seid Menschen«-Stipendium

Die Touro University Berlin erinnert mit einem neu geschaffenen Stipendium an die Schoa-Überlebende Margot Friedländer

 12.11.2025

Jubiläum

»Eine Zierde der Stadt«: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in Berlin eröffnet

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin eingeweiht. Am Dienstag würdigt dies ein Festakt

von Gregor Krumpholz, Nina Schmedding  11.11.2025