Musik

Endlich zurück

Musikliebhaber haben sie lange vermissen müssen. Die Rede ist von den Chören aus aller Welt, die im Rahmen des Louis-Lewandowski-Festivals jedes Jahr in Synagogen und Kirchen in Berlin auftreten, so auch traditionell in der Rykestraße. Pandemiebedingt fielen die Veranstaltungen 2020 und 2021 aus oder wurden digital übertragen. Doch am vergangenen Freitagabend war es so weit. Endlich konnte man wieder live und vor Ort in den Genuss der Kompositionen des deutsch-jüdischen Komponisten kommen.

Das Synagogal Ensemble Berlin unter Leitung von Regina Yantian trat gemeinsam mit dem Moran Singers Ensemble aus Israel und seiner Dirigentin Naomi Faran – mit tatkräftiger Unterstützung der beiden Kantoren Jochen Fahlenkamp und Gabriel Loewenheim – in der Synagoge im Prenzlauer Berg auf und begeisterte nicht nur Beterinnen und Beter, sondern auch zahlreiche geladene Gäste. So zum Beispiel mit einem wunderschön vorgetragenen »Lecha Dodi« zur Begrüßung des Schabbats.

»Wir freuen uns wirklich sehr, dass es dieses Jahr endlich wieder geklappt hat«, betonte Heinz Rothholz, Vorsitzender des Vereins der Freunde und Förderer des Synagogal Ensemble Berlin, auf dessen Initiative das viertägige Musikfestival zurückgeht. »Zwar ist im Vergleich zu den früheren Veranstaltungen alles ein wenig bescheidener, also eher ein Festival ›light‹, aber es gibt großartige Konzerte.«

motto Eigentlich hätte das nunmehr elfte Louis-Lewandowski-Festival bereits im vergangenen Jahr im Dezember stattfinden sollen – schließlich jährte sich der Geburtstag des 1821 in der Provinz Posen geborenen jüdischen Komponisten zum 200. Mal. Auch wollte man endlich einige der bis dato im Verborgenen gebliebenen Werke vorführen, die erst kürzlich in Bibliotheken und Auktionshäusern bei Recherchen entdeckt wurden, weshalb das Festival auch unter dem Motto »Der unbekannte Lewandowski« stand. Doch Corona machte all dem wieder einmal einen Strich durch die Rechnung, daher die Verzögerung um einige Monate. »Aber besser spät als nie«, so Rothholz.

Nils Busch-Petersen, der Festivaldirektor, erklärte, dass zwischen den Organisatoren der Konzertreihe und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin eine enge Verbundenheit besteht, die auch an diesem Kabbalat-Schabbat-Gottesdienst wieder zum Ausdruck kam, was ihn besonders erfreute. »Denn wir alle brauchen Kultur, um in diesen schwierigen Zeiten angesichts der enormen Herausforderungen ein wenig Kraft zu schöpfen.«

»Wir alle brauchen Kultur, um in diesen schwierigen Zeiten Kraft zu schöpfen.«

Nils Busch-Petersen

Damit verwies er auf den Krieg in der Ukraine und die Auswirkungen des Konflikts, die auch in Berlin zu spüren sind. Man wolle konkret einen Beitrag leisten. »Das Abschlusskonzert ist ganz bewusst gratis. Dafür wollen wir Spenden sammeln, die den Mitgliedern des Symphonieorchesters in Czernowitz zugutekommen sollen.«

Genau diese schwierigen Zeiten brachte auch Franziska Giffey (SPD) zur Sprache. »Einfach ist es nicht, an diesem wunderschönen Ort zu sein, die Musik zu genießen und sich zu entspannen«, so Berlins Regierende Bürgermeisterin, die gemeinsam mit Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Gideon Joffe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, die Schirmherrschaft über das Louis-Lewandowski-Festival übernommen hatte.

Sie stattete deshalb am Freitagabend der Synagoge Rykestraße eigens einen Besuch ab – der im Übrigen ihr erster war. Giffey erinnerte noch einmal an die Rolle des Festival-Namensgebers als Reformer jüdischer Sak­ralmusik und sein Verständnis von der Orgel. »Sie war für Lewandowski immer das ›Instrument der Instrumente‹, und daher ist anzunehmen, dass er die Krönung der Orgel zum ›Instrument des Jahres 2021‹ sehr begrüßt hätte.«

geflüchtete Zugleich sprach die Regierende Bürgermeisterin der Jüdischen Gemeinde ihren Dank dafür aus, dass sie an so vielen Orten in der Stadt rasch und unkompliziert Flagge gezeigt hatte, um geflüchtete Menschen aus der Ukraine willkommen zu heißen. »Das hat eine so große Bedeutung, weil Berlin, wo sie nun Zuflucht und Schutz finden, für viele in der Vergangenheit nicht unbedingt der Ort war, den man damit in Verbindung gebracht hätte.«

Auf die besondere Bedeutung des Schabbats in diesem Kontext wies Gideon Joffe hin. »Das Gebot, den siebten Tag in der Woche zu heiligen und jegliche Arbeit ruhen zu lassen, ist, ehrlich gesagt, einer der Gründe, warum ich das Judentum so liebe. Es ist schon über 3000 Jahre alt und gilt, was man nicht vergessen darf, sowohl für Menschen als auch für Tiere«, so der Gemeindevorsitzende. »Damit ist es das erste verbriefte Menschenrecht überhaupt und eine Erfindung des Judentums, die weltweit angenommen wurde.« Und selbstverständlich habe vor dem Hintergrund der politischen Ereignisse auch dieser Ruhetag an zusätzlichen Konnotationen gewonnen. »Schließlich sollen auch am Schabbat alle Probleme ruhen.«

Rabbiner Boris Ronis, der in seiner Predigt über Laschon Hara und die Macht der Worte sprach, freute sich über die vielen Gäste in der Synagoge: »Die Tatsache, dass Frau Giffey in diesen schwierigen Zeiten, in denen sie gewiss mit vielen anderen Aufgaben konfrontiert ist, sich für uns Zeit nehmen konnte, war ein wichtiges Zeichen und hat mein Herz erwärmt.«

Berlin

Zwölf Rabbiner blasen das Schofar

Die Jüdische Gemeinde Chabad Berlin lud zum Neujahrsempfang. Zu Gast war auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner

von Detlef David Kauschke  18.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Berlin

Zentralrat der Juden begeht sein 75. Jubiläum

Die Dachorganisation der jüdischen Gemeinden lud zahlreiche Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft nach Berlin. Der Bundeskanzler hielt die Festrede

von Imanuel Marcus  17.09.2025

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  17.09.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Erstes Konzert in Magdeburger Synagoge

Die Synagoge war im Dezember 2023 eröffnet worden

 15.09.2025