Jewrovision

»Eine unheimlich tolle Erfahrung«

Rabbiner Avichai Apel will sich auf jeden Fall den Auftritt der Frankfurter Jugendlichen anschauen. Foto: Marco Limberg

Herr Rabbiner Apel, am ersten März­wochenende startet die Jewrovision in Berlin. Sie werden für die rund 1300 Kinder und Jugendlichen einen Gottesdienst gestalten. Haben Sie sich auch so akribisch vorbereitet wie die Kids?
Das ist eine große Herausforderung, weil es eine einmalige Möglichkeit ist, Kindern den Gottesdienst in Form und Inhalt näherzubringen. Wir treffen ab und zu auch in der Gemeinde Kinder, die die Synagoge besuchen, aber dieser Schabbat-Gottesdienst ist in der Regel auf Erwachsene ausgerichtet. Bei der Jewrovision haben wir die Chance, die Form des Gottesdienstes ein bisschen zu verändern und anders zu gestalten.

Inwiefern?
Zu diesem Event kommen Hunderte Kinder, und sie sind unter sich. Das ist für uns die beste Gelegenheit, eine gute Verbindung herzustellen, damit sie nicht das Gefühl haben, dass die Erwachsenen sowieso schon alles wissen. Ich möchte sie ansprechen mit den Melodien, mit dem Zusammenkommen, dem Gemeinschaftsgefühl und dem Mitmachen.

Haben Sie die Erfahrung gemacht, dass die Kinder und Jugendlichen nach der Jewrovision häufiger zu Gottesdiensten kommen?
Ja sicher, das ist immer ein schöner Moment. Auch bei der Jewrovision sehe ich oft dieselben Kids wieder, weil sie sich jedes Jahr für den gleichen Gottesdienst entscheiden. Sie möchten wieder dabei sein, weil sie so eine positive Erfahrung gemacht haben. Das stärkt mich auch.

Was wird Ihr Thema beim Gottesdienst sein?
Die Themen, die mit dem Wochenabschnitt verbunden sind, kennen wir ja. Uns geht es darum, eine Verbindung mit dem Gebet aufzubauen. Ich möchte ihnen zeigen: Darin kann ich meine Ruhe finden, egal, was mich beschäftigt. Wenn ich gemobbt werde oder ich mich freue – das Gebet spricht mich an. Das ist doch die Kunst des Gebets. Jeder Mensch soll sich in jeder Situation dort wohlfühlen und soll etwas annehmen können.

Was bedeutet es für die Jugendlichen, zusammen Schabbat zu feiern?
Es ist für viele eine einmalige Möglichkeit, Schabbat richtig zu feiern. Etliche feiern zu Hause gar nicht. Die Jewrovision ist wie ein Machane, dort wird auch ein richtiger Schabbat gefeiert.

Kann man den Kindern und Jugendlichen mit einer gemeinsamen Schabbat-Feier auch die Aufregung vor dem Auftritt nehmen?
Ja, aber es ist schwierig. Ich habe schon davon gehört, dass sie nach dem Gottesdienst gesagt haben, dass sie nun gewinnen könnten, weil sie gebetet haben.

Es gibt fünf Gottesdienste. Wie unterscheiden sie sich?
Es gibt ja verschiedene Strömungen im Judentum. Darüber hinaus haben Kinder auch oft einen persönlichen Bezug und möchten unbedingt mit einem bestimmten Rabbiner den Gottesdienst feiern. Oft ist der Heimatrabbiner derjenige, zu dem sie kommen. Und dann gibt es noch die Mundpropaganda, dass sie sich untereinander austauschen und sagen: Zu dem musst du unbedingt hin.

Wenn Sie Jugendlicher wären, würden Sie dann mitmachen?
Das machen schon meine Kinder.

Werden Sie bei der Show dabei sein?
Die Frankfurter muss ich auf jeden Fall sehen. Ich versuche, die ganze Show mitzubekommen.

Worauf freuen Sie sich besonders?
Auf das Zusammenkommen von allen. Das Freitagabendgebet ist eine unheimlich tolle Erfahrung. Wenn 1000 Kinder zusammenstehen und singen und etwas erleben – wow! – das ist etwas ganz Außergewöhnliches.

Mit dem Frankfurter Gemeinderabbiner sprach Christine Schmitt.

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025

Porträt

Am richtigen Ort

Arie Oshri ist Koch, Dragqueen und lebt in seiner Wahlheimat Berlin

von Alicia Rust  20.12.2025

Umbenennung

Yad-Vashem-Straße in Berlin: Wegner will schnelle Umsetzung

Nach der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem soll ein Straßenabschnitt im Herzen von Berlin benannt werden. Der Regierende Bürgermeister hofft auf eine schnelle Umsetzung

von Jonas Grimm  18.12.2025

Fachtagung

Ein geschützter Raum

Was passiert, wenn alte Traumata angesichts neuen Terrors wieder hochkommen? In Frankfurt tauschten sich Therapeuten, Sozialarbeiter und Schoa-Überlebende aus

von Mascha Malburg  18.12.2025

Neuerscheinung

Mit Emre und Marie Chanukka feiern

Ein Pixi-Buch erzählt von einem jüdischen Jungen, der durch religiöse Feiertage Verständnis und Offenheit lernt

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Zahl der Woche

1437

Funfacts & Wissenswertes

 18.12.2025

Bildungsministerkonferenz

Publizist Friedman: Leben jüdischer Kinder schlecht wie nie seit 1945

Schulen als Bildungsorte für Demokratie und Menschenrechte, gegen Hass und Antisemitismus: Der Publizist Michel Friedman sieht hier große Defizite in Deutschland

 18.12.2025