München

Eine hohe Auszeichnung

Charlotte Knobloch während ihrer Dankesrede Foto: Erzpriester Apostolos Malamoussis

München

Eine hohe Auszeichnung

Charlotte Knobloch wurde von Frankreichs Botschafterin für ihren Einsatz für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte geehrt

von Miryam Gümbel  01.04.2022 09:09 Uhr

»Ja, es war ein schöner Nachmittag«, sagte Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, in einem persönlichen Gespräch, als sie am 22. März zur Veranstaltung mit Rafael Seligmann und Christian Ude ins Gemeindezentrum kam. Ein kurzes, glückliches Lächeln huschte dabei über ihr Gesicht.

Nur drei Stunden zuvor war sie im Französischen Kulturinstitut mit einer besonderen Würdigung geehrt worden: Die Botschafterin der Französischen Republik in Deutschland, ihre Exzellenz Anne-Marie Descôtes, war eigens aus Berlin angereist, um Charlotte Knobloch die Insignien eines »Commandeur de la Legion d’Honneur« zu verleihen, die höchste Auszeichnung, die der französische Staat zu vergeben hat.

werte Diese Ehrung, so die Botschafterin, gelte einer unermüdlichen Verteidigerin europäischer Werte. Einer großen Humanistin, die sich nicht nur gegen Antisemitismus einsetze, sondern ganz allgemein für Freiheit, Demokratie und die universellen Menschenrechte. Sie hob zugleich das große internationale Ansehen hervor, das Knob­loch weit über die jüdische Gemeinschaft hinaus genieße. Anne-Marie Descôtes erinnerte an die Rede der IKG-Präsidentin am 27. Januar 2021 im Deutschen Bundestag, die weithin große Beachtung fand.

Die Unbeirrbarkeit, Charlotte Knob­lochs leidenschaftlichen Kampf für Menschenrechte, in dem sie nie müde werde, hatte Descôtes in ihrer Rede immer wieder betont.

Die Geehrte bezeichnete die besondere Auszeichnung in ihrer Dankesrede auch als »Auftrag, den Werten von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in aller Welt gerecht zu werden«. Das gelte in dieser Situation, in der in Europa wieder Krieg herrsche, ganz besonders.

ukraine Denn von Miteinander, gar von Freiheit könne in Teilen des Kontinents derzeit keine Rede sein: »Unsere Länder tun alles in ihrer Macht Stehende, um den Ukrainern zu helfen: mit humanitären Mitteln, mit politischer Unterstützung und mit allem, was notwendig ist, um den verbrecherischen Überfall Russlands zurückzuschlagen. Auf diesen Beistand in schwerer Stunde kann Europa, können Deutschland und Frankreich stolz sein. Sie tun das Richtige.« Ihr Appell: Die Katastrophe, die sich in Osteuropa abspielt, müsse ein Ende finden – ein Ende, das nicht den Auftakt biete zu einer noch größeren Katastrophe.

Dass diese wegen der Pandemie zunächst verschobene Ehrung gerade jetzt stattfand, unterstrich die Relevanz der wehrhaften Verteidigung europäischer Werte.

Die Bedeutung dieser Werte habe Charlotte Knobloch schon früh erkannt: »In den Jahren, die ich unter falschem Namen auf dem Bauernhof der Familie Hummel in Franken verbringen musste, wurde ich vor dem Schlimmsten bewahrt, aber ich habe dort Hilflosigkeit und Todesangst erlebt. Auch wegen dieser Erfahrung wusste ich nach Kriegsende, warum es so wichtig war, die Wiederholung eines Ausbruchs von Hass und Gewalt in Europa um jeden Preis zu verhindern. Das war und ist seit jeher meine Meinung als Vertreterin der jüdischen Gemeinschaft – aber auch als Bürgerin dieses Landes. Als Münchnerin, als Bayerin, als Deutsche und als Europäerin.«

freundschaft Die deutsch-französische Freundschaft zeige, »dass es gelingen kann, Hass zu überwinden. Deutsche und Franzosen, die nicht gegeneinander kämpfen, sondern miteinander heftig diskutieren. Für mich bleibt es aber eines der größten Wunder unserer Zeit«. Die deutschsprachige jüdische Gemeinschaft fühle sich dem europäischen Friedensprojekt, das auf einem festen deutsch-französischen Fundament steht, ganz besonders eng verbunden.

Zu dem anschließenden Empfang waren Familie, Freunde und Wegbegleiter der IKG-Präsidentin eingeladen. Hohe Repräsentanten aus Politik, Justiz, Wirtschaft und kulturellem sowie religiösem Leben waren gekommen, um der Geehrten ihre Reverenz zu erweisen. Es herrschte eine »sehr bewegende Stimmung«, äußerte sich einer der Gäste. »Das, was Charlotte Knobloch gesagt hat, zeigt viel Liebe. Das zu hören, war ein Privileg.«

Charlotte Knobloch hatte ihre Rede beendet mit dem Wunsch, die deutsch-französische Freundschaft müsse vorangehen gegen Krieg, Gewalt und Unterdrückung. Den Orden der Ehrenlegion nehme sie vor diesem Hintergrund mit Dankbarkeit entgegen: »Vive la liberté! Vive la démocratie! Vive la paix! Und besonders: Vive l’amitié franco-allemande!«

KZ-Befreiungen

Schüler schreibt über einzige Überlebende einer jüdischen Familie

Der 18-jährige Luke Schaaf schreibt ein Buch über das Schicksal einer Jüdin aus seiner Heimatregion unter dem NS-Terrorregime. Der Schüler will zeigen, »was Hass und Hetze anrichten können«

von Stefanie Walter  29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Berlin

Bebelplatz wird wieder zum »Platz der Hamas-Geiseln«

Das Gedenkprojekt »Platz der Hamas-Geiseln« soll laut DIG die Erinnerung an die 40 in Geiselhaft getöteten Israelis und an die 59 noch verschleppten Geiseln wachhalten

 28.04.2025

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an Warschauer Ghetto-Aufstand

Zum Abschluss der Namenslesung vor dem Jüdischen Gemeindehaus in der Berliner Fasanenstraße ist für den Abend ein Gedenken mit Totengebet und Kranzniederlegung geplant

 28.04.2025

Düsseldorf

Erinnerungen auf der Theaterbühne

»Blindekuh mit dem Tod« am Schauspielhaus stellt auch das Schicksal des Zeitzeugen Herbert Rubinstein vor

von Annette Kanis  27.04.2025

Hanau

Jüdische Gemeinde feiert Jubiläum

»Im Grunde genommen ist es mit das Größte und Schönste, was eine Gemeinde machen kann: eine neue Torarolle nach Hause zu bringen«, sagt Gemeinde-Geschäftsführer Oliver Dainow

 25.04.2025

Begegnung

Raum für das Unvergessene

Jede Woche treffen sich Schoa-Überlebende im Münchner »Café Zelig«, um Gemeinschaft zu finden im Schatten der Geschichte. Ein Ortsbesuch

von Katrin Diehl  23.04.2025

Interview

»Das Gedenken für Jugendliche greifbar machen«

Kurator Pascal Johanssen zur neuen Ausstellung im ehemaligen Jüdischen Waisenhaus in Pankow

von Gerhard Haase-Hindenberg  21.04.2025

Porträt der Woche

Austausch mit Gleichen

Maria Schubert ist Gemeindesekretärin in Magdeburg und tanzt gern

von Alicia Rust  18.04.2025