Berlin

Deutschlands schönste Synagoge in neuem Licht

Die Neue Synagoge an der Oranienburger Straße Foto: dpa

Berlin

Deutschlands schönste Synagoge in neuem Licht

Eine neue Dauerausstellung im Centrum Judaicum erzählt die wechselvolle Geschichte des Gotteshauses

von Markus Geiler  04.07.2018 14:42 Uhr

Sie galt als Deutschlands schönstes, größtes und bedeutendstes jüdisches Gotteshaus: Die 1866 in Berlin eingeweihte Neue Synagoge in der Oranienburger Straße war auch Ausdruck eines gewachsenen jüdischen Selbstbewusstseins.

Der im maurischen Stil errichtete Prunkbau mit seiner gewaltigen, weithin leuchtenden goldenen Kuppel war das »Statement einer Minorität, die sich als Teil eines Ganzen sah«, wie die stellvertretende Direktorin der Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, Chana Schütz, am Mittwoch sagte. Untermauert wurde dieses durch das Bibelzitat »Tuet auf die Pforten«, das vor der Zerstörung des Sakralbaus in der Nazi-Zeit in hebräischen Lettern über den Portalen prangte.

Sakralbau Unter dem gleichen Motto steht die neue Dauerausstellung, die von Donnerstag an in dem früheren Sakralbau zu sehen ist und die am heutigen Mittwoch feierlich eröffnet wird. Nach mehrjährigen Wiederaufbau von Teilen des Gebäudes wurde das heutige Centrum Judaicum im Mai 1995 eröffnet. Nach mehr als 20 Jahren und über drei Millionen Besuchern stand nun die Renovierung der Räume und eine Neukonzeption der Dauerausstellung an.

Die neue von Schütz kuratierte Schau erzählt die Geschichte des Prachtbaus als Mittelpunkt des Berliner jüdischen Lebens vom Kaiserreich bis in die Gegenwart. Das eigentliche Hauptobjekt ist dabei laut Kuratorin das Gebäude selbst. Neu sei, dass nicht nur die Ausstellungsräume in Rotunde, Vestibül und ehemaliger Vorsynagoge, sondern auch das historische Treppenhaus und der zweite Stock integrativer Teil der ständigen Ausstellung sind.

Auch die Kuppel kann besichtigt werden. Ein Höhepunkt ist laut Schütz der neu renovierte Repräsentantensaal – in dem sich einst die Abgeordneten der Jüdischen Gemeinde zu Berlin trafen und in dem nun neun Interviews mit Zeitzeugen zu sehen sind.

Rückkehr Eine der Zeitzeuginnen ist die 1935 geborene Alisa Jaffa, die als Tochter des damaligen Gemeinderabbiners Ignaz Maybaum in Berlin aufwuchs. Nach der Verhaftung des Vaters 1938 flüchtete die Familie im März 1939 nach England, wo Jaffa heute noch lebt. Die Übersetzerin und Lektorin berichtet in dem Film über ihr Aufwachsen als deutsch-jüdisches Kind in England und das Gefühl der gemischten Identität.

Die Rückkehr an den Ort ihrer Kindheit empfinde sie als zwiespältig, sagte Jaffa am Mittwoch, die eigens zur Eröffnung der Ausstellung nach Berlin gekommen war. Ein weiterer Zeitzeuge ist Michael Blumenthal, der langjährige Direktor des Jüdischen Museums Berlin und frühere US-Finanzminister.

Angereichert wird die Ausstellung durch historische Objekte, die gerettet werden konnten. Sie stammen wie ein Selbstporträt des Malers Max Liebermann (1847–1935) zum Teil aus dem im Januar 1933 eröffneten ersten Berliner Jüdischen Museum, das nach den Novemberpogromen 1938 wieder schließen musste.

Israel Viele seiner Bestände gingen in der Nazizeit verloren, einiges befindet sich heute in Museen und Archiven in Israel und den USA. Zu sehen sind zudem zum Teil noch nie gezeigte
Film- und Tonelemente. So ist etwa ein Originalmitschnitt von den Synagogenchören zu sehen, der 1932 in der Neuen Synagoge für die Deutsche Wochenschau aufgenommen wurde.

Auch die deutsche Judenfeindlichkeit wird thematisiert. Von der Pracht des Gebäudes fühlten sich seinerzeit eingefleischte Antisemiten wie der Historiker Heinrich von Treitschke (1834–1896) oder der Kulturphilosoph Paul de Lagarde (1827–1891) provoziert – und hetzten gegen das neue jüdische Selbstbewusstsein.

Gedenken

Neues Denkmal für jüdische Häftlinge in Gedenkstätte Ravensbrück

Etwa 20.000 Jüdinnen und Juden sind im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück in Brandenburg inhaftiert gewesen. Die heutige Gedenkstätte hat nun ein neues Denkmal enthüllt - im Beisein von Überlebenden

von Daniel Zander  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert

Reaktionen

Zohran Mamdanis Sieg spaltet die jüdische Gemeinschaft

Während ein Drittel der New Yorker Juden den neuen Bürgermeister gewählt hat, haben andere Angst, dass dessen Antizionismus ihre Sicherheit gefährdet

 06.11.2025

Hamburg

Viel mehr als Klezmer

In der Hansestadt haben die zweiten Jüdischen Kulturtage begonnen. Bis Mitte Dezember erwartet die Besucher ein breit gefächertes Programm – inklusive einer jiddisch-hebräischen Oper

von Heike Linde-Lembke  06.11.2025

Düsseldorf

»Eine Stimme, wo andere schwiegen«

Die Gemeinde zeichnet Wolfgang Rolshoven mit der Josef-Neuberger-Medaille aus

von Stefan Laurin  06.11.2025

Berlin

Andacht für Margot Friedländer: »Du lebst weiter«

Sie war Holocaustüberlebende, Berliner Ehrenbürgerin und eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Gestern wäre Margot Friedländer 104 Jahre alt geworden. An ihrem Grab erinnern Freunde und Bekannte an sie

von Andreas Heimann  06.11.2025

Laudatio

»Wie hält man so etwas aus?«

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hielt die Laudatio auf Karoline Preisler anlässlich der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises in Berlin. Eine Dokumentation

von Julia Klöckner  05.11.2025

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025