Frankfurt

Bewusste Gedenkkultur

Schülerinnen und Schüler wurden für ihren gesellschaftlichen Einsatz ausgezeichnet. Foto: Rainer Raczinski

Am 14. Februar wäre Benjamin »Beni« Bloch, langjähriges Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde Frankfurt und ehemaliger Direktor der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST), 81 Jahre alt geworden. Das nahm die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main zum Anlass, die Preisträger des diesjährigen Beni-Bloch-Preises für Jugendengagement zu verkünden.

Der erste Platz geht an Schülerinnen und Schüler des Friedrich-Dessauer-Oberstufengymnasiums in Frankfurt am Main. Diese haben im vergangenen Jahr ihr Abitur abgelegt. Als Teil der damaligen Kunstkurse der Kunstpädagogin und Künstlerin Julia Roppel und in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin Dana Arieli aus Jerusalem haben sie sich aktiv mit der NS-Diktatur befasst.

»Nazi-Phantoms – Reading the Past«

Bei ihrem Schulprojekt »Nazi-Phantoms – Reading the Past« haben die mittlerweile ehemaligen Schülerinnen und Schüler sich mit Fotografien von Orten mit früherem NS-Kontext beschäftigt und in einem sehr intensiven Einsatz eigene Kommentare zu den Bildern von Arieli geschrieben. Diese wurden schließlich in einer Zeitschrift mit dem Titel »Reading the Past« veröffentlicht sowie mithilfe der Heussenstamm-Stiftung in einer Ausstellung präsentiert. Die Jury erkannte darin nicht nur ein ambitioniertes Anliegen der Wissensvermittlung, sondern eine Förderung der kreativen Auseinandersetzung mit der Schoa, die einen persönlichen Zugang schuf und damit nachhaltig Wirkung behält.

Platz Nummer zwei belegt die 17-jährige Amira Esposito der Dreieichschule in Langen. Sie engagiert sich für Demokratie sowie gegen Rassismus und Antisemitismus und tritt dabei für eine würdige Gedenkkultur ein. So hat sie nicht zuletzt anlässlich der Gedenkstunde zur Pogromnacht am 9. November 2023 in der Paulskirche in Frankfurt am Main entschlossene Worte für ein immerwährendes Erinnern und den Kampf gegen Rechtsextremismus und Menschenhass gefunden. Sie wurde von der Margit-Horváth-Stiftung für den Beni-Bloch-Preis für Jugendengagement nominiert. Dort beeindruckt sie durch ihren Einsatz in Fragen der Menschenwürde und des Respekts.

Den Ehrenpreis räumen die Schülerinnen und Schüler der Klassen 9a und 9b der I. E. Lichtigfeld-Schule in Frankfurt ab. Sie haben in Eigeninitiative nach den Terroranschlägen vom 7. Oktober sofort Hilfe für die Betroffenen leisten wollen und eine Spendenaktion gestartet. Durch den Verkauf von Snacks in den Schulpausen und die Mobilisierung weiterer Schülerinnen und Schüler, es ihnen gleichzutun, konnten sie bisher mehr als 2000 Euro sammeln und das Geld Hilfsorganisationen in den von den Terroranschlägen betroffenen Gemeinden in Israel zukommen lassen.

Solidarität und aktive Hilfestellung für Menschen in Not

All das hat die Jury überzeugt, einen separaten Ehrenpreis zu schaffen. Solidarität und aktive Hilfestellung für Menschen in Not sind für beide Klassen eine wahre Herzenssache – und Tradition. So haben sie bereits Spendenaktionen für die Ukraine im Februar 2022 sowie eine Spendenaktion für die Türkei im Februar 2023 nach dem dortigen Erdbeben gestartet.

Die Jury erkannte eine Förderung der kreativen Auseinandersetzung mit der Schoa.

Benjamin Graumann, Vorstandsmitglied und zuständiger Dezernent, betont: »Sie stehen auch in diesem Jahr exemplarisch und vorbildlich für die Werte Beni Blochs, der sich stets für Menschen in Not, für ein inklusives Miteinander, für eine bewusste Gedenkkultur und gegen Antisemitismus und Rassismus eingesetzt hat. Sie übernehmen die Verantwortung und lernen dabei aus der Vergangenheit, um es für die Zukunft besser zu machen.«

Gerade in der aktuellen Zeit, in der sich Antisemitismus und Rechtsextremismus Bahn brechen, würden solche jungen Menschen gebraucht, die sich für das Gute einsetzen und sich Hass und Hetze entgegenstellen, so Graumann weiter.

Zur Förderung der weiteren Arbeit ist der erste Platz mit einem Preisgeld in Höhe von 1000 Euro und der zweite Platz sowie der Ehrenpreis mit jeweils 500 Euro dotiert.

Einsatz für soziale Gerechtigkeit

Der Beni-Bloch-Preis für Jugendengagement wird dieses Jahr bereits zum zweiten Mal verliehen. Ins Leben gerufen wurde er am 14. Februar 2021. Die Jüdische Gemeinde Frankfurt möchte damit an ihr früheres Vorstandsmitglied Benjamin Bloch und dessen unermüdliches Engagement für die jüdische Gemeinschaft sowie an seinen Einsatz für soziale Gerechtigkeit erinnern.

Die Auszeichnung für Jugendengagement, die alle zwei Jahre vergeben wird, soll dazu animieren, sich mit dem jüdischen Leben in Frankfurt und Hessen sowie mit allgemeinen gesellschaftlichen Herausforderungen auseinanderzusetzen. Ausgezeichnet werden Einzelpersonen, Schulklassen, Vereine, Jugendprojekte und -initiativen, die im Sinne Beni Blochs handeln und somit einen Beitrag zu einer sozialeren und toleranteren Gesellschaft leisten.

Die Jüdische Gemeinde Frankfurt will damit junge Menschen und Multiplikatoren würdigen und zugleich weitere motivieren, sich für ein tolerantes und friedvolles Miteinander einzusetzen. ja

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