Im Traktat Pessachim (116a) stellt Rav Ami fest, dass Charoset geeignet sei, Gift in Bitterkräutern zu neutralisieren. Und im Weiteren erfahren wir, man solle Rettich essen gegen das Gift im Salat beziehungsweise im Lattich. Ein Gegenmittel für das Gift im Rettich sei dagegen Lauch, und gegen das Gift im Lauch helfe heißes Wasser. Das Wasser sei sogar allgemein ein gutes Mittel gegen das Gift im Gemüse.
Manche Bitterstoffe wirken, in Maßen genossen, verdauungsfördernd
Was meint er mit diesem Gift? Weder der Salat noch der Rettich oder der Lauch sind an sich giftig. Sie enthalten aber unterschiedliche Bitterstoffe, die nicht unbedingt gut schmecken. Manche davon wirken, in Maßen genossen, sogar verdauungsfördernd, unter anderem die Bestandteile von Kopfsalat, Lattich und Rettich. Gesundheitsschädlich sind sie jedenfalls nicht.
Weniger gesund sind allerdings die Bitterstoffe im Lauch, die vor allem dann entstehen, wenn das Gemüse in sehr heißem Klima angebaut wird, und insbesondere, wenn die Pflanzen überreif geerntet oder unsachgemäß gelagert werden. Dies fördert die Vermehrung von Cucurbitacin im Lauch, einem Zellgift, das Übelkeit, Erbrechen und Magen-Darm-Krämpfe auslösen und schlimmstenfalls sogar tödlich wirken kann. Dieser Stoff wird zwar auch in heißem Wasser nicht völlig zerstört, er kann jedoch möglicherweise zumindest zum Teil ausgespült werden.
Während man den Lauch, wenn er allzu bitter ist, doch lieber entsorgen sollte, schmecken Salat und Lattich durch das Eintauchen in etwas Süßes weniger bitter und werden damit etwas bekömmlicher, gerade in der Kombination mit den Äpfeln, die auch im Charoset enthalten sind. Den Rettich taucht man dagegen besser in Salzwasser, wodurch seine Schärfe gemildert wird.
Weshalb nennt der Talmud nun warmes beziehungsweise heißes Wasser als generelles Antidot? Es kann zum einen zur Beruhigung von Magen-Darm-Problemen dienen, als innerliche Wirkung. Andererseits ist kurz vorher im Talmud die Rede vom Waschen der Hände. Dies gibt uns eine weitere Erklärung. Denn aufgrund von Unsauberkeit können Bakterien ins Essen gelangen, die Übelkeit und Durchfall verursachen. Reine Hände und sorgfältig gewaschenes Gemüse wirken dem entgegen. Kochendes Wasser tötet darüber hinaus die meisten Bakterien ab.
Oleander ist eine hochgiftige Pflanze
All das hilft jedoch nicht bei wirklich giftigen Pflanzen. Im talmudischen Traktat Chullin (58b) wird die tödliche Wirkung von Pflanzen wie Asant (Asafoetida) und Oleander auf Tiere beschrieben. Beides ist aber auch für den Menschen gefährlich. Oleander ist eine hochgiftige Pflanze, die man nicht einmal verbrennen sollte, weil selbst der dabei entstehende Rauch beim Einatmen schädlich ist.
Asant dagegen dient in winzigen Mengen als Gewürz und wird sogar medizinisch eingesetzt, unter anderem gegen Magen-Darm-Beschwerden sowie zur Stärkung des Immunsystems. Hier entscheidet klar die Dosis zwischen Gift und Heilmittel.
Lebensgefährlich ist auch Schlangengift, im Regelfall aber nicht im Essen, sondern dadurch, dass es mit dem Biss der Schlange direkt in die Blutbahn gelangt. In Chullin (58b) wird interessanterweise nachdrücklich vor dem Verzehr von Tieren gewarnt, die durch einen Schlangenbiss zu Schaden kamen, und vor dem Trinken von Wasser oder Wein aus einem offen stehenden Behältnis, in dem eine Schlange ihr Gift hinterlassen haben könnte. Es ist tatsächlich nicht völlig auszuschließen, dass dieses Gift in Speisen oder Getränken über eine kleine Verletzung oder Entzündung im Mund- und Rachenbereich ins Blut gelangt und so dem Menschen gefährlich werden kann.
In winzigen Dosen findet Schlangengift allerdings auch Anwendung in der Medizin, wenngleich normalerweise nicht in der kuriosen Form, die ein Restaurant in China praktiziert. Die Spezialität des Lokals sind Gerichte aus Hühnern, die durch Schlangenbisse getötet und anschließend stark erhitzt werden, um das Gift in einen eiweißartigen Stoff umzuwandeln, der gegen Gefäßleiden eingesetzt wird.