Talmudisches

Gesünder essen

Der Talmud empfiehlt, mehr Geld auszugeben, um gesündere Lebensmittel zu kaufen. Foto: Getty Images

Es gibt kaum einen Lebensbereich, der im Talmud nicht behandelt worden wäre. So auch die Frage, ob wir das Recht haben, Lebensmittel zu kaufen, die uns mehr kosten als andere?

Der Talmud behandelt diese Frage im Traktat Schabbat 140b. Er bezieht sich auf Raw Papa, der vor etwa 1600 Jahren lebte und zur fünften Generation der Amoräer gehört. Die Amoräer waren jüdische Gelehrte des 3. bis 5. Jahrhunderts in Babylonien und in Israel. Ihre Diskussionen über das mündliche Gesetz wurden im Talmud kodifiziert.

verfehlung Raw Papa meint, dass eine Person, die mit Bier zufrieden sein könnte und sich stattdessen entscheidet, den teureren Wein zu trinken, die Verfehlung von Bal Taschchit begeht. Bal Taschchit ist das Verbot, Ressourcen, in erster Linie Nahrungsmittel, zu verschwenden.

Die Weisen des Talmuds kommentieren, dass die Meinung von Raw Papa abgewiesen werden sollte. Sie empfehlen uns, das zusätzliche Geld auszugeben, um gesündere Lebensmittel zu sich zu nehmen oder zu trinken, um unsere Gesundheit zu erhalten.

Wenn wir heute in einen Naturkostladen gehen, werden wir uns vielleicht über die Kosten der Produkte wundern. Eier aus Freilandhaltung, Biogemüse und Vollkornbrot kosten weit mehr als ihre weniger gesunden Gegenstücke. Sind die Mehrkosten gerechtfertigt? Dem Talmud zufolge kann es sich lohnen.

haltbarkeit Diese gesünderen Lebensmittel sind oft sehr viel arbeitsintensiver hergestellt und liefern einen geringeren Ertrag mit einer kürzeren Haltbarkeit als ihre weniger nahrhaften Gegenstücke.

Der Talmud vertritt die Ansicht, langfristig und nachhaltig zu handeln. Dementsprechend sollen wir auch angemessen essen. Abgesehen von unserer eigenen Gesundheit haben viele der sogenannten Bio-Produkte eine vorteilhaftere Auswirkung auf unsere Umwelt, denn es werden keine Pestizide und übermäßige Mengen an Düngemitteln verwendet, und gleichzeitig fallen weniger tierische Abfälle an.

Und natürlich ist der beste Weg, unsere Gesundheit und unser Budget zu schonen, einfach weniger zu essen.

Hinzu kommt, dass nicht alle gesunden Lebensmittel teurer sind und man sich mit relativ preiswerten Lebensmitteln durchaus vernünftig ernähren kann. Obst und Gemüse, Nudeln und andere Grundnahrungsmittel sind in der Regel viel billiger als die meisten ihrer verarbeiteten Gegenstücke und sogar gesünder als die Bio-Schokowaffel, die verlockend im Bioladen liegt. Und natürlich ist der beste Weg, unsere Gesundheit und unser Budget zu schonen, einfach weniger zu essen.

HAUSTIERE Im Talmud finden wir auch an anderen Stellen Betrachtungen zum Thema Essen. So lesen wir im Traktat Gittin 62a eine äußerst interessante Lehrmeinung: Nehmen wir an, Sie kommen von der Arbeit nach Hause und haben das Gefühl, Sie seien am Verhungern. Gerade als Sie die Tür aufschließen, hören Sie den hungrigen Ruf Ihres Haustiers. Wem soll man zuerst eine Speise zukommen lassen: sich selbst oder dem Haustier?

Laut der Gemara müssen wir zuerst unsere Tiere füttern, bevor wir selbst essen. Der Talmud sagt, dass es einem Menschen nicht einmal erlaubt ist, etwas zu kosten, bevor er seine Tiere oder Haustiere füttert. Die Gemara lernt dies aus einem Vers in der Tora: »Und ich werde Gras auf euren Feldern für eure Tiere geben, und ihr werdet essen und gesättigt sein« (5. Buch Mose 11,15).

So wie G›tt sich zuallererst um die Nahrung der Tiere kümmert, sollten auch wir Seinen Wegen folgen und zuerst die Tiere füttern. Dieses Gesetz soll bewirken, dass wir unsere eigenen körperlichen Bedürfnisse zurückstellen müssen, um uns zuerst um die Bedürfnisse derer zu kümmern, deren Wohlergehen von uns abhängt.

Interessant ist, dass dieses Gesetz nur für das Essen und nicht fürs Trinken gilt. Wenn es ums Trinken geht, steht der Mensch an erster Stelle. Dies geht aus der Geschichte von Riwka und Elieser hervor, in der sie zu ihm am Brunnen sagte: »Trinke, und ich werde auch deinen Kamelen zu trinken geben« (1. Buch Mose 24,19).

Talmudisches

Das Schicksal der Berurja

Die rätselhafte Geschichte einer Frau zwischen Märtyrertum und Missverständnis

von Yizhak Ahren  24.10.2025

Schöpfung

Glauben Juden an Dinosaurier?

Der Fund der ersten Urzeitskelette stellte auch jüdische Gelehrte vor Fragen. Doch sie fanden Lösungen, das Alter der Knochen mit der Zeitrechnung der Tora zu vereinen

von Rabbiner Dovid Gernetz  23.10.2025

Noach

Ein neuer Garten Eden

Nach der Flut beginnt das Pflanzen: Wie Noachs Garten zum Symbol für Hoffnung und Verantwortung wurde

von Isaac Cowhey  23.10.2025

Rabbiner Noam Hertig aus Zürich

Diaspora

Es geht nur zusammen

Wie wir den inneren Frieden der jüdischen Gemeinschaft bewahren können – über alle Unterschiede und Meinungsverschiedenheiten hinweg

von Rabbiner Noam Hertig  23.10.2025

Bereschit

Die Freiheit der Schöpfung

G›tt hat für uns die Welt erschaffen. Wir haben dadurch die Möglichkeit, sie zu verbessern

von Rabbiner Avichai Apel  17.10.2025

Talmudisches

Von Schuppen und Flossen

Was unsere Weisen über koschere Fische lehren

von Detlef David Kauschke  17.10.2025

Bracha

Ein Spruch für den König

Als der niederländische Monarch kürzlich die Amsterdamer Synagoge besuchte, musste sich unser Autor entscheiden: Sollte er als Rabbiner den uralten Segen auf einen Herrscher sprechen – oder nicht?

von Rabbiner Raphael Evers  17.10.2025

Mussar-Bewegung

Selbstdisziplin aus Litauen

Ein neues Buch veranschaulicht, wie die Lehren von Rabbiner Israel Salanter die Schoa überlebten

von Yizhak Ahren  17.10.2025

Michael Fichmann

Essay

Halt in einer haltlosen Zeit

Wenn die Welt wankt und alte Sicherheiten zerbrechen, sind es unsere Geschichte, unsere Gebete und unsere Gemeinschaft, die uns Halt geben

von Michael Fichmann  16.10.2025