Soziale Medien

»Zuckerberg denkt an Profit«

Internetpionier und Buchautor Jaron Lanier Foto: dpa

Herr Lanier, vor allem Soziale Medien tragen dazu bei, dass Antisemitismus im Internet stark zugenommen hat. Das stellt eine Studie der Technischen Universität Berlin fest. Überrascht Sie das Ergebnis?
Eigentlich nicht. Ich bin wie viele andere angesichts der Entwicklung besorgt. In der derzeitigen Onlinekultur denkt jeder, er sei der Nächste, den es erwischen könnte, insofern will man den anderen zuerst erwischen. Die Gruppe, die am meisten unter Vorurteilen zu leiden und in Europa gelitten hat, sind Juden. Also ist die Entwicklung einigermaßen logisch – im negativen Sinne.

Ihre Empfehlung lautet, jeder sollte einfach seine Social-Media-Accounts löschen.
Ich weiß, wie schwierig das ist. Es ist eine sehr starke Sucht und Abhängigkeit, die man in den Sozialen Medien entwickelt, so wie man eben auch spielsüchtig werden kann. Dann gibt es auch Netzwerkeffekte. Wenn alle anderen auf Facebook sind, ist es umso schwieriger, Facebook zu verlassen. Schließlich kann man dann manche Dinge nicht mehr erreichen, die von jedermann auf einer solchen Plattform erwartet werden. Das ist schwierig. Daher möchte ich über die Vorteile sprechen, die größer sind als die Schwierigkeiten. Man gewinnt persönliches Glück hinzu, wenn man die Sozialen Medien verlässt. Die meisten, vor allem jüngere Leute, werden glücklicher, das ist wissenschaftlich nachgewiesen.

Sie behaupten, Facebook, Google & Co. fördern Hass und Entfremdung, schaden der Demokratie.
Ja, auf gesellschaftlicher Ebene sind die Vorteile noch deutlicher. Es müssen wieder Diskussionen außerhalb eines manipulativen Systems wie Facebook geführt werden. Das kann sehr wichtig für die Gesellschaft sein.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat kürzlich erklärt, er wolle Beiträge, in denen der Holocaust geleugnet wird, nicht aut0matisch sperren lassen. Wie schätzen Sie das ein?
Bei einem Geschäftsmodell wie Facebook ist das so: Je wütender die Leute werden, desto engagierter werden sie, und je mehr Aufmerksamkeit sie dem Geschehen auf der Plattform widmen, desto mehr Geld verdient man. So kann Zuckerberg auf der einen Seite sagen, dass er an den Idealen der freien Rede festhält, auf der anderen Seite denkt er an seinen persönlichen Profit.

Wie können Nutzer reagieren?
Zuckerberg kann seine eigene Macht nicht richtig einschätzen. Facebook hat es noch nicht in die Top Five der weltweit größten Firmen geschafft, in seinem Sinne kämpft Facebook also immer noch als eine Art großes Start-up. Er empfindet sich nicht als der Bad Guy. Ich glaube nicht, dass er weiß, welchen Einfluss Facebook auf rechte populistische Politik hat. Daher bin ich der Meinung, dass ihm ein Protest klarmachen muss, welchen Schaden er anrichtet und anrichten kann – und dass er uns wenigstens zuhören muss.

Mit dem Internet-Pionier und Autor des Buches »Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst« (Hoffmann und Campe, Hamburg 2018, 14 €) sprach Detlef David Kauschke.



Großbritannien

Israelfeindlicher Protest: Greta Thunberg festgenommen

In London treffen sich Mitglieder der verbotenen Gruppe Palestine Action zu einer Protestaktion. Auch die schwedische Aktivistin ist dabei. Die Polizei schreitet ein

 23.12.2025

Stockholm

Was bleibt von den Mahnungen der Überlebenden?

Der Schoa-Überlebende Leon Weintraub warnt vor der AfD und Fanatismus weltweit. Was für eine Zukunft hat die deutsche Erinnerungskultur?

von Michael Brandt  23.12.2025

Israel

Netanjahu warnt Türkei

Israel will die Zusammenarbeit mit Griechenland und Zypern stärken. Gleichzeitig richtet der Premier scharfe Worte an Ankara

 23.12.2025

New York

Mitglieder von Mamdanis Team haben Verbindungen zu »antizionistischen« Gruppen

Laut ADL haben mehr als 80 Nominierte entsprechende Kontakte oder eine dokumentierte Vorgeschichte mit israelfeindlichen Äußerungen

 23.12.2025

Düsseldorf

Reul: Bei einer Zusammenarbeit mit der AfD wäre ich weg aus der CDU

Die CDU hat jede koalitionsähnliche Zusammenarbeit mit der AfD strikt ausgeschlossen. Sollte sich daran jemals etwas ändern, will Nordrhein-Westfalens Innenminister persönliche Konsequenzen ziehen

 23.12.2025

Interview

»Diskrepanzen zwischen warmen Worten und konkreten Maßnahmen«

Nach dem Massaker von Sydney fragen sich nicht nur viele Juden: Wie kann es sein, dass es immer wieder zu Anschlägen kommt? Auch der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sieht Defizite

von Leticia Witte  22.12.2025

Washington D.C.

Kritik an fehlenden Epstein-Dateien: Minister erklärt sich

Am Freitag begann das US-Justizministerium mit der Veröffentlichung von Epstein-Akten. Keine 24 Stunden später fehlen plötzlich mehrere Dateien - angeblich aus einem bestimmten Grund

von Khang Mischke  22.12.2025

Australien

Behörden entfernen Blumenmeer für die Opfer von Bondi Beach

Die Regierung von New South Wales erklärt, man habe sich vor dem Abtransport der Blumen eng mit der jüdischen Gemeinde abgestimmt

 22.12.2025

Sydney

Attentäter warfen Sprengsätze auf Teilnehmer der Chanukka-Feier

Die mutmaßlichen Attentäter Naveed und Sajid Akram bereiteten sich auf das Massaker vor. Ihre Bomben explodierten nicht

 22.12.2025