Trauer

Zerstörte Tradition

»Der physischen Zerstörung ging die spirituelle voraus«: Pinchas Goldschmidt Foto: Gregor Zielke

Heute Abend beschreiben wir die Geschichte von Hunderten Synagogen, die nicht mehr stehen, und von Orten der Gelehrsamkeit, die nicht wiedereröffnet wurden. Das Rabbinerseminar zu Berlin existiert heute wieder. Ebenso die Synagoge Beth Zion. Mit ihr ist eine lebendige, ständig weiter wachsende junge Gemeinde entstanden, die zu den mehrmals täglich stattfindenden Gebeten ein volles Haus garantiert.

Doch wo sind die großen Institutionen von Würzburg und Köln, die Jeschiwot von Frankfurt und Fürth, die im ganzen Land verstreuten Batei Midrasch und Schulen? Sie sind verloren und fast vergessen. Die Schrecken und Gräuel, das Ausmaß des Verlustes, das alles ist nur schwer zu fassen. So viele Synagogen, so viele Institutionen ...

Wir werden sicherlich darin Trost finden, dass wir heute gemeinsam hier sitzen, Juden und Nichtjuden zusammen in einer wiederaufgebauten Synagoge, einem der zahlreichen zerstörten Gebäude, die überall in Deutschland wiedererrichtet wurden.

namen Doch lassen Sie uns nicht allzu fröhlich werden. Rufen wir uns in Erinnerung, dass der physischen Zerstörung die spirituelle vorausgeht. So können wir unseren Fokus nicht alleine auf die Ziegel und Steine legen, mit denen vielerorts Synagogen restauriert oder neugebaut wurden. Wenn wir dagegen an die spirituelle Zerstörung denken, erinnern wir uns an das, was wir verloren haben. Mit den Synagogen und Bildungseinrichtungen ist vor 75 Jahren eine jahrtausendealte Geschichte der Tora-Tradition und Gelehrsamkeit in Flammen aufgegangen. Dieser Verlust für das jüdische Volk und für Deutschland bleibt weitestgehend bestehen.

Natürlich gibt es heute in Deutschland ein historisches Bewusstsein, doch dieses ist häufig eindimensional und reicht historisch nicht sonderlich weit zurück. Während die säkulare Welt das deutsche Judentum mit Namen der vergangenen 200 Jahre assoziiert, mit Namen wie Mendelssohn, Jacoby, Heine, Baeck und Einstein, erinnert sich die religiöse Welt an eine deutsch-jüdische Tradition mit tausendjähriger Geschichte: Raschi, Rabbeinu Ascher aus Köln, Rabbi Meir von Rothenburg, Rabbi Jonathan Eibeschütz aus Hamburg, Samson Raphael Hirsch aus Frankfurt, die Größen des Berliner Hildesheimer Rabbinerseminars: Hoffmann, Kaplan, Weinberg.

Das Erbe dieser Giganten lebt weiter. Auf der ganzen Welt werden ihre Werke studiert. Ihre Namen kennt jeder ernst zu nehmende Student der Tora. Für Deutschland ist dieses Erbe jedoch weitestgehend verloren.

Wenn wir heute Abend gemeinsam gedenken, lassen Sie uns nicht nur an die physische Zerstörung der Synagogen erinnern, sondern auch an die spirituelle Zerstörung der Tradition, die sie beherbergten.

Auszüge aus der Rede des Präsidenten der Europäischen Rabbinerkonferenz am 10. November in der Berliner Synagoge Beth Zion

Schalom Aleikum

Denkfabrik diskutiert über interreligiösen Trialog

Das Zentralratsprojekt hat am Mittwoch eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion aus jüdischer, muslimischer und christlicher Perspektive veranstaltet

 30.03.2023

Sport

Judenhass: FIFA entzieht Indonesien die Fußball-WM

Gegen die Teilnahme des jüdischen Staates hatte es in Jakarta massiven Widerstand gegeben

 29.03.2023

Medien

Die »taz«, Verkehrsminister Wissing und der Nazi-Vergleich

»Die Karikatur hätte so nicht erscheinen sollen, das tut uns leid«, schreibt die Zeitung auf Twitter

 29.03.2023

Berlin

Umbenennung von Straßen mit antisemischem Bezug beginnt

Zwei Umbenennungen sind laut Samuel Salzborn erfolgt, zwei weitere sind bereits beschlossen

 29.03.2023

Solidarität

Bremen beteiligt sich an Härtefallfonds für Rentner

In Bremen und Bremerhaven sind etwa 600 jüdische Zuwanderer antragsberechtigt

 29.03.2023

Tagung

Zeit zu handeln

In Berlin diskutierten Experten über Strategien gegen Judenhass – und arbeiteten konkrete Empfehlungen aus

von Joshua Schultheis  29.03.2023

Großbritannien

Labour untersagt Ex-Parteichef Corbyn Abgeordneten-Kandidatur

Starmer hatte Corbyn bereits vor drei Jahren wegen dessen Umgangs mit Antisemitismus aus der Fraktion ausgeschlossen

 29.03.2023

USA

Biden: Kein US-Besuch von Netanjahu »in nächster Zeit«

Der Präsident erklärte, er hoffe, dass der israelische Ministerpräsident die Justizreform-Pläne aufgebe

 29.03.2023

Antisemitismus

Attentat auf jüdisches Restaurant verhindert

Zwei Pakistaner festgenommen

 28.03.2023