Interview

»Zensur geht nach hinten los«

Herr Dershowitz, Sie beraten die Enthüllungs-Plattform Wikileaks für den Fall, dass es in den USA zu einem Prozess gegen Julian Assange kommt. Warum?
Es geht mir um die Prinzipien der Rede- und Pressefreiheit. Ich möchte dafür sorgen, dass das Recht, das für Printmedien gilt, auch für die neuen Technologien, das Internet und die sozialen Medien wie Facebook, Twitter und Blogs angewendet wird.

Ungeachtet des Inhalts? Was ist zum Beispiel mit Hassrede?
Das wird in den USA nicht als Verbrechen verfolgt. Und mir liegt viel daran, dass dies so bleibt. Ich heiße Gesetze in Ländern wie Deutschland, die Hassrede oder die Leugnung des Holocausts verbieten, nicht für gut. Ich bin immer gegen so etwas. Ich habe Nazis verteidigt, die eine Kundgebung planten, und ich unterstütze den Ku-Klux-Klan in seinem Recht zu marschieren. Wenn Hassrede juristisch geahndet wird, dann geht das nach hinten los: Es hilft den Hassern, eine Plattform zu bekommen, und produziert Märtyrer.

Sollten Enthüllungs-Plattformen jede Information veröffentlichen dürfen?
Nein, es gibt Grenzen. Journalisten haben gelernt, zum Beispiel die Namen von Spionen, die Ortung von Atom-U-Booten und Satelliten oder die Methoden, Kernwaffen herzustellen, nicht zu veröffentlichen. Ich denke, wir müssen es dem feinen Gespür der Presse überlassen, Material nicht preizugeben, das das Leben unschuldiger Menschen gefährdet.

Was ist mit Informationen, die die Sicherheit Israels aufs Spiel setzen könnten?
Staaten neigen in diesem Bereich zur Übertreibung. Ich finde, Israel geht mit seiner Geheimhaltungspolitik viel zu weit, abgesehen davon funktioniert sie nicht. Wenn die Jerusalemer Regierung zum Beispiel der israelischen Tageszeitung Ma’ariv nicht erlaubt, eine bestimmte Information zu veröffentlichen, doch der »Spiegel« in Deutschland erhält sie, dann erscheint sie in anderer Form letztlich eben doch in Israel. Die israelischen Zensurgesetze sind nicht sehr wirksam.

Wie lassen sich die Rechte des Einzelnen mit den neuen Medien vereinbaren?
Das Recht des Individuums ist ein wichtiger Punkt, den wir verteidigen. Die amerikanische Regierung versucht jetzt, Listen zu bekommen von Leuten, die über Twitter und andere soziale Medien mit Wikileaks kommuniziert haben. Wir sind massiv dagegen.

Sie kritisieren, im Westen werde mit zweierlei Maß gemessen, was die Nutzung neuer Medien betrifft. Wie meinen Sie das?
Washington unterstützt voller Enthusiasmus den Gebrauch fortschrittlicher Kommunikationsformen in Ägypten, Tunesien, Iran und anderen Teilen der Welt. Aber sobald er sich auf die USA auswirkt, soll man ihn einschränken. Demokratien wie die USA, Deutschland und Israel müssen vor Enthüllungen weit weniger Angst haben als tyrannische Regime, die ihrem eigenen Volk gegenüber sehr viele Dinge streng geheim halten.

Mit dem New Yorker Starverteidiger und Harvard-Professor sprach Tobias Kühn.

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