Interview

»Wundersame Stärke«

Dieter Graumann Foto: Rafael Herlich

Herr Graumann, bald wird Purim gefeiert. Was bedeutet Ihnen dieses Fest?
Zunächst einmal muss ich zugeben, dass es einem angesichts der Tragödie in Japan schwerfällt zu feiern. Purim ist ja ein fröhliches, warmes und lautes Fest voller Herzlichkeit. Die Zeit von Haman-Taschen, Kostümen und bunt geschminkten Kindergesichtern. Ich finde, dieses Fröhliche sollte auch Erwachsenen wenigstens einmal im Jahr vergönnt sein. Allerdings ist mir bewusst, dass Purim mehr ist als das ausgelassenste Fest im jüdischen Kalender.

Inwiefern?
Purim erinnert jedes Mal aufs Neue daran, dass wir durch unseren Glauben und Zusammenhalt eine wundersame Stärke hervorbringen! Diese Stärke lässt uns immer wieder alle Gefahren und Herausforderungen, denen wir als jüdische Gemeinschaft begegnen, erfolgreich meistern. Das war in der Vergangenheit der Fall, dies wird in Zukunft mit Sicherheit so bleiben. Von Haman bis zur Hamas, mit vielen anderen Verfolgern dazwischen: Jeder, der das jüdische Volk zu vernichten sucht, wird und muss am Ende scheitern.

Gilt diese Lehre auch für die Gegenwart?
Ganz sicher. Am 14. Adar feiern wir den Sieg über den höchsten persischen Regierungsbeamten, der die Ausrottung des jüdischen Volkes anstrebte. Der Termin für das geplante Pogrom wurde damals ganz willkürlich durch ein Los festgelegt. Heute stehen wir wieder einem iranischen Machthaber gegenüber, der dreist die Vernichtung Israels und seiner Bevölkerung zum Ziel erklärt hat. Aber so, wie wir in der Synagoge Lärm machen, sobald der Name Haman fällt, werden und müssen wir uns auch laut und leidenschaftlich zu Wort melden, wenn wir von Ahmadinedschad hören.

Was bedeutet das konkret?
Wir werden nicht stillschweigend und tatenlos zusehen, wie das jüdische Volk bedroht wird, sondern uns immerzu dafür einsetzen, dass diese Gefahr von der Weltöffentlichkeit erkannt und glaubwürdig bekämpft wird. Wir warten eben nicht ab, bis das Los des Zufalls entscheidet. Dieses Mal nehmen wir unsere Zukunft selbst in die Hand.

Klingt sehr entschlossen.
Soll es auch. Zu den Lehren des Judentums gehören zwei nur scheinbar widersprüchliche Grundsätze: Ein Jude muss seine Zuversicht in Gott setzen. Und: An Wunder soll man glauben, wir dürfen uns aber nicht darauf verlassen, sondern müssen auch selbst handeln.

Das heißt?
Die Kraft des Glaubens gibt uns die Stärke und den Mut, um unserer Verantwortung gerecht zu werden, indem wir unsere jüdische Zukunft resolut selbst gestalten. Wir brauchen dazu den Geist von Solidarität und Zusammengehörigkeit, den wir aus unserer Religion und aus der Geschichte schöpfen. Und die richtige Mischung aus Klugheit und Courage. Aber: Allen Sorgen zum Trotz – wir wollen lebensbejahend feiern, trinken und fröhlich sein, zusammen mit Familien und Freunden. Von ganzem Herzen: Chag Purim Sameach!

Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland sprach Christian Böhme.

Berlin

Scholz: »Der Terror der Hamas muss enden«

Der Bundeskanzler appelliert an die palästinensische Terrororganisation, ihre Waffen »ein für alle Mal« niederzulegen

 17.01.2025

Bitburger Gespräche

Schuster für härtere Strafen gegen Antisemitismus im Netz

Antisemitismus gelte inzwischen als eine Art »Aufnahmeritual« in bestimmten Gruppen, warnt Zentralratspräsident Josef Schuster. Er sieht die Politik dazu aufgefordert, »Strafbarkeitslücken« zu schließen

von Matthias Jöran Berntsen  17.01.2025

Washington D.C.

Trump will Israel im Fall einer neuen Gaza-Operation unterstützen

Der künftige Präsident will zudem das Momentum des Waffenruheabkommens nutzen, um die Abraham Accords wiederzubeleben

 17.01.2025

Meinung

Die linke Tour der Alice Weidel

Mit ihren Aussagen zu Adolf Hitler im Gespräch mit Elon Musk hat die AfD-Chefin erneut ihre Inkompetenz bewiesen

von Michael Thaidigsmann  17.01.2025

Kommentar

Warum bejubelt ihr den Terror, statt euch über Frieden zu freuen?

Ein Kommentar von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel über die israelfeindlichen Demonstrationen in Berlin-Neukölln nach Verkündung der Gaza-Waffenruhe

von Philipp Peyman Engel  16.01.2025

Düsseldorf

Jüdische Zukunft: Panel-Diskussion mit Charlotte Knobloch

Auf dem Podium sitzen auch Philipp Peyman Engel, Hetty Berg und Armin Nassehi

 16.01.2025

Meinung

Die Kürzung der Fördermittel für antizionistische Vereine ist richtig

Unterstützung für Menschenrechtsorganisationen darf nicht bedeuten, dass man am Ende Hass und Hetze unterstützt

von Olga Deutsch  16.01.2025

Reaktionen auf das Abkommen

»Ein Gefühl der Freude in den Adern des jüdischen Volkes«

Politiker und jüdische Organisationen weltweit haben mit Freude auf das Abkommen zur Freilassung der Geiseln reagiert – Donald Trump lobte sich selbst

 15.01.2025

Gazakrieg

Scholz: Waffenruhe Chance für dauerhaftes Kriegsende

Der Bundeskanzler reagiert erleichtert auf eine Einigung über einen Geisel-Deal zwischen Israel und der Hamas

 15.01.2025