Oranienburg

Woidke warnt vor Umdeutung der NS-Geschichte

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) spricht bei der Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Sachsenhausen Foto: picture alliance/dpa

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) warnte zum 80.
Jahrestag der Befreiung der Häftlinge des Konzentrationslagers Sachsenhausen vor einer Verharmlosung der Verbrechen der Nationalsozialisten. Manche Geschichtsleugner wollten vom Holocaust nichts mehr wissen, erklärte Woidke am Sonntag bei der zentralen Gedenkveranstaltung in Oranienburg in der Gedenkstätte Sachsenhausen vor mehr als 700 Gästen, darunter vier Überlebende des KZ Sachsenhausen aus Polen, Israel und der Ukraine.

Begonnen hatten die Veranstaltungen am Sonntag mit einem interreligiösen Gottesdienst, gefolgt von einem Zeitzeugengespräch.
Unter den Gästen waren Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne), Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sowie Abgeordnete und Botschaftsangehörige zahlreicher Staaten.

Das KZ Sachsenhausen wurde am 22./23. April 1945 von sowjetischen und polnischen Soldaten befreit. Hier waren seit 1936 mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Mindestens 55.000 von ihnen starben.

Wichtig für die Gegenwart

Die geschäftsführende Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) betonte in der Gedenkstätte Ravensbrück, die Erinnerung der Überlebenden sei wichtig für die Gegenwart. Dabei rief sie zum Widerstand gegen Geschichtsvergessenheit, Hass und Rassismus und zur Verteidigung der Demokratie auf.

Zugleich erinnerte sie auch an die insgesamt rund 120.000 Frauen, 800 Kinder und 20.000 Männer, die in das KZ Ravensbrück verschleppt wurden. Rund 28.000 von ihnen wurden dort ermordet oder kamen auf andere Art ums Leben.

Insgesamt rund 1200 Menschen haben in der Gedenkstätte Ravensbrück im brandenburgischen Fürstenberg/Havel an das Ende des Nationalsozialismus gedacht. Unter den Gästen waren noch neun Überlebende aus Dänemark, Deutschland, Frankreich, Israel, Polen und der Schweiz im Alter zwischen 81 und 95 Jahren. Funktionäre der AfD, der größten Oppositionspartei im brandenburgischen Landtag, waren nicht willkommen, ebenso wenig wie offizielle Vertreter Russlands.

Lesen Sie auch

Politische Streitkultur

Das Konzentrationslager Ravensbrück bei Fürstenberg/Havel wurde
1939 als größtes Frauen-KZ auf deutschem Gebiet errichtet. 1941 kam ein Männerlager, 1942 das sogenannte »Jugendschutzlager Uckermark« für Mädchen und junge Frauen hinzu. Ravensbrück und rund 3000 zurückgelassene kranke Häftlinge waren am 30. April 1945 von der Roten Armee befreit worden.

In Dachau mahnte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) anlässlich der 80. Befreiungsfeier in der KZ-Gedenkstätte eine politische Streitkultur trotz unterschiedlicher Anschauungen an. Die Nationalsozialisten hätten in Dachau vor allem politische Gegner inhaftiert, »mutige Männer und Frauen, die sich dem Zwang und der Unterdrückung entgegenstellten«, sagte Klöckner laut Redemanuskript am Sonntag.

Rund 1700 Gäste hatten sich im Festzelt in Dachau eingefunden, um des Tags der Befreiung durch die US-Amerikaner am 29. April 1945 zu gedenken. Darunter waren Überlebende, Befreier, deren Familien sowie internationale Vertreter aus Politik, Kirchen, Gesellschaft und Opferverbänden.

»Musterlager« Dachau

Die Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, Gabriele Hammermann, sagte, weltweite Trends wie das Erstarken autoritärer Bewegungen stellten Gedenkstätten vor Herausforderungen. Demokratie lebe von Werten, die geschützt werden müssten.

Zuvor erinnerten in einem ökumenischen Gedenkgottesdienst katholische, evangelische und griechisch-orthodoxe Christinnen und Christen an das Leid der Menschen, die in Dachau inhaftiert waren. Der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Christian Kopp, sagte in seiner Predigt laut Manuskript: »In Dachau entzogen Menschen anderen Menschen systematisch das Menschsein. Viele von ihnen starben, weil eine bestimmte Haltung, eine bestimmte Kultur ausgelöscht werden sollte.«

Das Konzentrationslager Dachau wurde am 22. März 1933 auf Anordnung von SS-Reichsführer Heinrich Himmler errichtet und zum »Musterlager« für alle weiteren KZ ausgebaut. Bis 1945 waren hier über 200.000 Menschen inhaftiert, über 41.500 von ihnen kamen aufgrund der unmenschlichen Haftbedingungen, Folter und Schikane ums Leben. Am 29. April 1945 befreiten US-Truppen das KZ Dachau. epd

Rechtsextremismus

Fragezeichen nach skurriler Rede bei AfD-Jugendkongress 

Wer steckt hinter dem mysteriösen Auftritt des Mannes, der mit einer Rede im Hitler-Stil den Gründungskongress der AfD-Jugend aufmischte? Ihm droht der Parteiausschluss

von Jörg Ratzsch  01.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Das Ausmalbuch "From the river to the sea" in einer Buchhandlung in Zürich.

München

Hugendubel streicht antisemitisches Kinderbuch aus Sortiment

»Sofort nach Kenntnisnahme über dessen Existenz« sei das Malbuch entfernt worden, heißt es aus dem Unternehmen

 01.12.2025

Berlin

Karoline Preisler bei Marsch gegen Antisemitismus

»Es ist ganz besonderer Marsch, weil Männer Frauen und Kinder, Menschen aus ganz Deutschland und darüber hinaus zusammengekommen sind«, sagt die Juristin und Politikerin

 01.12.2025

Potsdam

Anne Frank mit Kufiya: Jüdische Gemeinde fordert Ausstellungs-Stopp

Eine Ausstellung im Museum Fluxus+ will Ähnlichkeiten zwischen Palästinensern und Israelis aufzeigen. Doch die Darstellung zieht Kritik aus der Jüdischen Gemeinde und von Brandenburgs Antisemitismusbeauftragten auf sich

 01.12.2025

Interview

»Nach dem Waffenembargo gibt es einiges zu kitten«

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter über den Antrittsbesuch des Bundeskanzlers in Israel, Siedlergewalt im Westjordanland und die Kooperation mit dem Mossad

von Joshua Schultheis  01.12.2025

Hamburg

So reagiert die Politik auf den Rücktritt Stefan Hensels

Wegen der vorzeitigen Amtsaufgabe des Antisemitismusbeauftragten macht die CDU dem rot-grünen Senat schwere Vorwürfe. Der Erste Bürgermeister lobt dagegen die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Beauftragten

von Joshua Schultheis  01.12.2025

Verteidigung

Deutschland stellt Arrow 3 in Dienst

Erstmals kommt das Raketenabwehrsystem außerhalb Israels zum Einsatz

 01.12.2025