Politische Stiftungen

Wird bei der AfD mit zweierlei Maß gemessen?

Die frühere CDU-Bundestagsabgeordnete und mittlerweile zur AfD gewechselte Politikerin Erika Steinbach ist Vorsitzende der Desiderius-Erasmus-Stiftung. Foto: imago images/Metodi Popow

Wie umgehen mit der AfD? Die anderen Parteien nehmen den Rechtspopulisten die Verfassungstreue nicht ab. Die AfD spricht von Benachteiligung und Ausgrenzung - und beruft sich dabei gern auf das Grundgesetz.

Ein Streitpunkt ist die Förderung der politischen Bildungsarbeit: Die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) bekommt als einzige kein Geld vom Staat. Die AfD ist deshalb, wie so oft in jüngster Zeit, vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Heute wird in Karlsruhe verhandelt.

Um was für Geld geht es?
Die gemeinnützigen politischen Stiftungen finanzieren sich überwiegend aus öffentlichen Mitteln. Im Haushalt des Bundesinnenministeriums sind dafür sogenannte Globalzuschüsse vorgesehen - für 2022 insgesamt 148 Millionen Euro. Für bestimmte Aufgaben können die Stiftungen auch noch Geld aus den Etats anderer Ministerien und vom Bundestag bekommen. Die Höhe der Mittel wird in den Verhandlungen über den Bundeshaushalt festgelegt.

Warum werden die Stiftungen gefördert?
Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur politischen Bildung. Voraussetzung ist, dass die Angebote allen offenstehen. Die Stiftungen müssen deshalb von den Parteien, denen sie ideell nahestehen, wirtschaftlich und organisatorisch unabhängig sein.

Welche Stiftungen bekommen Globalzuschüsse?
Im Moment sind das die Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU), die Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD), die Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP), die Rosa-Luxemburg-Stiftung (Linke), die Heinrich-Böll-Stiftung (Grüne) und die Hanns-Seidel-Stiftung (CSU). Kein Geld bekommt die Erasmus-Stiftung, die 2018 von der AfD offiziell als parteinahe Stiftung anerkannt wurde. Vorsitzende ist die frühere CDU-Politikerin Erika Steinbach, die inzwischen der AfD angehört.

Welche Kriterien gelten für die Stiftungsförderung?
Das ist tatsächlich in keinem Gesetz geregelt. Als Richtschnur gilt ein Urteil des Verfassungsgerichts aus dem Jahr 1986. Darin steht, dass sichergestellt sein muss, »daß eine solche Förderung alle dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen in der Bundesrepublik Deutschland angemessen berücksichtigt«. Begründet wird das mit den Berührungspunkten zwischen den Stiftungen und Parteien.

Wann ist eine politische Strömung dauerhaft?
Dafür haben die Stiftungen 1998 selbst einen Vorschlag gemacht. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es, ein geeigneter Anhaltspunkt dürfte »eine wiederholte Vertretung« der entsprechenden Partei im Deutschen Bundestag sein, und zwar zumindest einmal in Fraktionsstärke. Daran hat sich die Politik seither orientiert.

Worum geht es jetzt vor Gericht?
Die AfD, die seit 2017 im Bundestag sitzt, sieht sich in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt. »Weder können wir mit den jährlich rund 12.000 Bildungsveranstaltungen der anderen Stiftungen mithalten, noch ist es uns möglich, Stipendien zu vergeben oder ein Parteiarchiv aufzubauen. Von den geforderten Auslandskontakten ganz zu schweigen«, kritisiert Steinbach. Die Partei will feststellen lassen, dass der Ausschluss von der Förderung gegen Verfassungsrecht verstößt. Ihre Organklage richtet sich gegen den Bundestag, den Haushaltsausschuss, die Bundesregierung, das Innen- und das Finanzministerium.

Wie ist die Ausgangslage?
Die AfD ist der Ansicht, dass der Stiftung wegen ihrer breiten Vertretung in den Landtagen schon seit 2018 Fördergelder zustehen. Zwei Eilanträge auf Auszahlung hatte das Verfassungsgericht 2020 und 2022 zurückgewiesen. Die Stiftung selbst hatte es zuvor auch schon mit einer Verfassungsbeschwerde versucht, war aber zunächst an die Fachgerichte verwiesen worden. Inzwischen hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden, dass der DES bis 2021 zu Recht die Förderung verweigert wurde - das Kriterium des zweifachen Bundestagseinzugs sei nicht zu beanstanden. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Aber 2021 wurde die AfD doch erneut in den Bundestag gewählt?
Trotzdem ist im Bundeshaushalt 2022 kein Geld für die DES vorgesehen. Im Haushaltsgesetz steht nun ein neuer Passus. Danach werden die Zuschüsse »nur politischen Stiftungen gewährt, die nach ihrer Satzung und ihrer gesamten Tätigkeit jederzeit die Gewähr bieten, dass sie sich zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten«. Sie dürften nicht gewährt werden, »wenn begründete Zweifel an der Verfassungstreue von Organen oder Beschäftigten bestehen«.

Was ist in Karlsruhe zu erwarten?
Aus der Verhandlungsgliederung geht hervor, dass sich die Richterinnen und Richter des Zweiten Senats auch mit dem Kriterium der Verfassungstreue befassen wollen. Außerdem dürfte es um die Frage gehen, ob die Stiftungsförderung eine gesetzliche Grundlage braucht. Das Urteil wird frühestens in einigen Monaten verkündet.

Terror

Scholz sieht Ansatzpunkt für Terrorlistung von Irans Revolutionsgarden 

Israel fordert von der EU bereits seit langem, die iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation einzustufen. Kanzler Scholz macht dem Land nun Hoffnung

 17.04.2024

Meinung

Zeitenwende

Der 7. Oktober war kein Terroranschlag. Er war der Beginn eines neuen globalen antisemitischen Krieges, in dem alle Juden angegriffen werden

von Esther Schapira  17.04.2024

Duisburg

Anklage wegen Anschlagsplänen auf Pro-Israel-Demo erhoben

Der Mann habe geplant, mit einem Lkw in die Teilnehmermenge zu fahren

 17.04.2024

Thüringen

Ausstellung zu Luxemburger Abkommen von 1952

Die Dokumentation zeigt »die Geschichte materieller Ansprüche nach der Schoa«

 17.04.2024

Frederik Schindler

Zeit für eine neue deutsche Iran-Politik

Deutschland sollte das Mullah-Regime nicht länger hofieren, sondern unter Druck setzen

von Frederik Schindler  17.04.2024

Oldenburg

Stadtrat erklärt Solidarität mit Jüdischer Gemeinde

Das Gremium will »der zunehmenden Intoleranz und Hass den Nährboden entziehen«

 17.04.2024

Porträt

Hoffnungen einer Kurdin

Die Menschenrechtsaktivistin Soma Assad engagiert sich gegen Islamismus und plädiert für ein stärkeres Bündnis zwischen ihrem Volk und den Juden. Eine Begegnung

von Alicia Rust  16.04.2024

Teheran

Iranischer Journalist nach Kritik an Großangriff im Visier der Justiz

Abbas Abdi muss sich wegen absurd anmutender Vorwürfe vor Gericht verantworten

 16.04.2024

USA

Alarmierender Anstieg antisemitischer Vorfälle

Der höchste Stand seit dem Beginn der Erfassung entsprechender Daten wird verzeichnet

von Imanuel Marcus  16.04.2024