Humboldt-Universität Berlin

Bundesweit erste Beratungsstelle für Opfer antisemitischer Übergriffe eingerichtet

Humboldt-Universität an der Straße Unter den Linden in Berlin Foto: dpa

Beleidigungen im Hörsaal, Angriffe in sozialen Medien, körperliche Übergriffe – gleich mehrere antisemitische Fälle, die sich in den vergangenen Monaten an der Berliner Humboldt-Universität ereignet hatten, sind nun seitens der Studierenden Anlass zu handeln.

Deren parlamentarische Vertretung hat Ende Dezember beschlossen, die bundesweit erste Beratungsstelle für von Antisemitismus betroffene Studierende an einer Hochschule einzurichten. Die Rede ist von einem niederschwelligen Angebot, ganz nach dem Vorbild von RIAS, der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus, mit der man auch zusammenarbeiten möchte. Die Gespräche dazu werden bereits geführt.

»Wir wollen den Betroffenen solidarisch zur Seite stehen«, sagt Henri Armke, Referent für Antifaschismus im ReferenInnnen-Rat der Humboldt-Universität. Wie wichtig das sei, zeigen die vielen Vorkommnisse, die mittlerweile ans Tageslicht kommen.

WHATSAPP So wurden in einer inoffiziellen WhatsApp-Lerngruppe von Studierenden aus dem ersten Semester im Fachbereich Biologie mehrfach Sticker geteilt, die sich über Anne Frank lustig machten oder Hitler zeigten. »Unter den insgesamt 27 Gruppenteilnehmern gab es nur zwei Personen, die diesen Vorfall kritisiert hatten«, berichtet Armke. »Was eigentlich viel schlimmer war, ist die Tatsache, dass die Urheber dieser antisemitischen Beiträge weder zur Rede gestellt wurden, noch ihr Ausschluss aus der Lerngruppe erfolgte.«

Die vorhandenen Strukturen sind nicht ausreichend, um Hilfestellung zu leisten und Vorfälle zu dokumentieren.

Doch an der Humboldt-Universität blieb es nicht bei menschenverachtenden Bildchen. Ein Mitglied der WhatsApp-Lerngruppe, das zu den Verbreitern dieser Sticker zählte, bedrängte Anfang Oktober eine Studentin aus Tel Aviv auf einem Kennenlerntreffen für Studienanfänger in einem Park. Fast obsessiv verneinte der Kommilitone ihr gegenüber das Existenzrecht Israels, und betonte, dass er mit dem Dritten Reich wenig Probleme hätte, weil bereits sein von ihm so verehrter Großvater ein Nationalsozialist gewesen sei.

ARMUTSZEUGNIS »Es ist erschreckend, wie derartige Nazi-Propaganda weitgehend unwidersprochen in universitären Kontexten verbreitet werden kann«, betont Armke. »Die Serie an bedrohlichen antisemitischen Vorfällen und die ausbleibenden Reaktionen der Verantwortlichen an der Universität sind ein Armutszeugnis«, so Armke. Zudem hätte sich dadurch gezeigt, dass die vorhandenen Strukturen nicht ausreichend sind, um Hilfestellung zu leisten und Vorfälle zu dokumentieren.

Genau deshalb sei man jetzt aktiv geworden. Ein konkretes Datum gibt es bislang nicht, doch der Beschluss ist gefasst, und die Studierendenvertreter wollen ihn so schnell wie möglich umsetzen – am liebsten schon im Januar.

Lesen Sie mehr dazu in unserer nächsten Printausgabe.

Weiden

Muslimischer Prediger rief zur Tötung von Juden auf – Bewährungsstrafe

Neben der Freiheitsstrafe auf Bewährung wurde dem Mann eine Geldstrafe auferlegt

 13.12.2024

Israel

TV-Bericht: Netanjahu wurde vor dem 7. Oktober von zwei Seiten vor Angriff gewarnt

Im Krankenhaus soll der Ministerpräsident auf die Bedrohung angesprochen worden sein. Sein Büro spricht von »Verleumdung und Lügen«

 13.12.2024

Nahost

Acht Hamas-Mitglieder in Gaza getötet

Zu den Terroristen gehört ein Mann, der am Massaker vom 7. Oktober 2023 in Israel beteiligt war

 13.12.2024

Berlin/Jerusalem/Tel Aviv

60 Jahre diplomatische Beziehungen: Deutsch-israelischer Buchmesse-Pavillion abgesagt

Regierungsbeamte in Israel sind enttäuscht. Die Bundesregierung sieht die Sache anders

 13.12.2024 Aktualisiert

Meinung

Wenn Social Media zur Gefahr für die Demokratie wird

Politik und Plattformbetreiber müssen konsequent gegen Desinformation und Hetze vorgehen

von Anna Staroselski  12.12.2024

Berlin

Roth: Israelische Angriffe auf syrische Waffenlager verständlich

Israels Luftwaffe bombardiert seit dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad massiv militärische Einrichtungen in Syrien. Der SPD-Politiker zeigt dafür zum Teil Verständnis

 12.12.2024

Nach Eklat

Vatikan entfernt Jesus-Kind mit Keffiyeh

Nach tagelanger Kritik hat die katholische Kirche nun reagiert, auch wenn sie sich öffentlich nicht äußert

von Nils Kottmann  12.12.2024

Baden-Württemberg

Nach antisemitischen Anfeindungen: Innenminister will Pfarrer schützen

Ein evangelischer Pastor in Langenau bei Ulm wird seit Monaten wegen seiner Kritik an den Hamas-Massakern angefeindet

 12.12.2024

Berlin

Was die Bundesregierung gegen Antisemitismus tun will

Mehr Beauftragte, mehr Programme - und trotzdem mehr Judenhass. Der neue Bericht der Bundesregierung zeigt Fortschritte und Lücken bei der Bekämpfung von Antisemitismus auf. Eine Bilanz der vergangenen vier Jahre

 12.12.2024