50. Jahrestag Olympia-Attentat

»Wir sind verärgert und enttäuscht«

Ankie Spitzer bei der Gedenkfeier im Fliegerhorst Fürstenfeldbruck anlässlich des 40. Jahrestags des Olympia-Attentats Foto: imago sportfotodienst

Wenige Wochen vor dem 50. Jahrestag des Olympia-Attentats von München am 5. September gibt es offenbar Unstimmigkeiten zwischen den Opferfamilien des Terroranschlags und der Bundesregierung. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums hatte am Mittwoch gesagt, derzeit liefen vertrauensvolle Gespräche mit Angehörigen der Opfer über eine Entschädigung. Diese meldeten sich am Mittwoch ebenfalls zu Wort: Ihnen sei bereits am vergangenen Freitag eine Summe angeboten worden, die »beleidigend« und deshalb von den Opferfamilien abgelehnt worden sei.

Die Sprecherin der Opferfamilien, Ankie Spitzer, sagte dem »RedaktionsNetzwerk Deutschland« (Online/Mittwoch): »Wir sind verärgert und enttäuscht.« Sollte es bei dem Angebot bleiben, würden die Angehörigen nicht zur Gedenkfeier zum Jahrestag des Attentats nach München kommen. Das Entschädigungsangebot sei den Hinterbliebenen des Terroranschlags auf die israelische Mannschaft bei den Olympischen Spielen in München 1972 am vergangenen Freitag vom neuen deutschen Botschafter in Israel, Steffen Seibert, in der Botschaft in Tel Aviv vorgelegt worden.

Archive Laut Bundesinnenministerium sieht das Angebot eine umfassende historische Aufarbeitung und eine Öffnung der Archive vor. Auch seien weitere Anerkennungsleistungen an die Hinterbliebenen der Opfer möglich. Den Opferfamilien zufolge geht es um eine Summe von zehn Millionen Euro für alle Hinterbliebenen, wobei frühere Zahlungen aus 1972 und 2002 von rund viereinhalb Millionen Euro angerechnet werden sollen. Dies entspreche nicht den internationalen Standards. »Wir wollten nie öffentlich über Geld reden«, kritisierte Spitzer: »Aber nun sind wir gezwungen, es zu tun.«

Laut Bundesinnenministerium sieht das Angebot eine umfassende historische Aufarbeitung und eine Öffnung der Archive vor.

Die »Süddeutsche Zeitung« (Online) hatte am Mittwoch berichtet, dass Deutschland 50 Jahre nach dem Attentat auf die israelische Mannschaft Entschädigungszahlungen an die Familien der Opfer plant.

Die finanziellen Leistungen sollen nach Auskunft des Bundesinnenministeriums der Bund, das Land Bayern und die Landeshauptstadt München übernehmen. Über die Höhe wurden hingegen keine Angaben gemacht. Mit Blick auf den 50. Jahrestag des Attentats, bei dem elf israelische Sportler ums Leben kamen, habe man die Ereignisse »einer Neubewertung unterzogen«, sagte ein Ministeriumssprecher.

regierungsgespräche Zu der Frage, wie die Bundesregierung auf die Ablehnung des Angebots reagieren will, wollte sich das Ministerium am Mittwoch auf Nachfrage des Evangelischen Pressedienst (epd) nicht äußern. Laut dem »RedaktionsNetzwerk Deutschland« soll bis zum 15. August bei Regierungsgesprächen zwischen Deutschland und Israel nach einer Lösung für die auch diplomatisch heikle Entschädigungsfrage gesucht werden.

Bei den Olympischen Sommerspielen in München im Jahr 1972 überfielen am 5. September palästinensische Terroristen die israelische Mannschaft, töteten zwei Menschen und nahmen neun Sportler als Geiseln. Sie verlangten von Israel die Freilassung von palästinensischen Terroristen und von Deutschland die Freilassung der RAF-Terroristen Andreas Baader und Ulrike Meinhof. Ein Befreiungsversuch der Geiseln durch deutsche Sicherheitsbehörden scheiterte. Am Ende starben alle Geiseln, ein bayerischer Polizist und fünf Terroristen. epd

Berlin

Ausstellung im Haus der Wannsee-Konferenz beschädigt

Kuratorin: «Auffällig, dass ausgerechnet Plakate zum israelbezogenen Antisemitismus beschädigt wurden«

 24.04.2024

Kommentar

AfD in Talkshows: So jedenfalls nicht!

Die jüngsten Auftritte von AfD-Spitzenpolitikern in bekannten Talk-Formaten zeigen: Deutsche Medien haben im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei noch viel zu lernen. Tiefpunkt war das Interview mit Maximilian Krah bei »Jung & Naiv«

von Joshua Schultheis  24.04.2024

Umfrage

Studie: Für die meisten muslimischen Schüler ist der Koran wichtiger als deutsche Gesetze

Fast die Hälfte der Befragten will einen islamischen Gottesstaat

 22.04.2024

Vereinte Nationen

»Whitewash«: UNRWA-Prüfbericht vorgelegt

Eine Untersuchung sollte die schweren Vorwürfe gegen das UN-Hilfswerk aufklären - vorab sickerten erste Details durch

von Michael Thaidigsmann  22.04.2024

Berlin

Ausstellung will Leben in Geiselhaft simulieren

In der Fasanenstraße werden in einem Container die Bedingungen der Geiseln in Gaza simuliert

von Pascal Beck  22.04.2024

Rechtsextremismus

»Höckes Sprachgebrauch ist ein klarer Angriff - und erfolgreich«

Der Soziologe Andreas Kemper zu Strategien des AfD-Politikers

von Nils Sandrisser  22.04.2024

Frankreich

Französischer Bürgermeister zeigt Hitlergruß - Rücktrittsforderungen

Die Präfektur Val-de-Marne will die Justiz einschalten

 22.04.2024

Meinung

Der Fall Samir

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Österreich

Vier Deutsche nach Gedenkbesuch bei Hitlers Geburtshaus angezeigt

Die Verdächtigen waren nach Braunau gefahren, um dort weiße Rosen niederzulegen

 22.04.2024