Meinung

Wir müssen draußen bleiben

Achim Doerfer Foto: mirko plha

Lieber als zu vergleichbaren Themen diskutiert die deutsche Öffentlichkeit über die Gründung Israels und das Schicksal der damals dort lebenden Araber. Gewiss, wir Juden können nicht verlangen, bei diesem Thema die Meinungsfreiheit einzuschränken, mag die historische Darstellung auch sehr oft sehr falsch sein. Was wir aber verlangen können, ist, gehört zu werden. Das gilt umso mehr vor einem Forum, das vom Ringen um die Wahrheit lebt: der Universität.

hamas Umso bedauerlicher ist, was sich derzeit an der Georg-August-Universität Göttingen abspielt. Da findet eine Vortragsreihe mit Ausstellungen und Filmen statt, Veranstalter sind das Institut für Kriminalwissenschaften, das Seminar für Arabistik und die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft, und der gewählte Titel klingt neutral: »Naher Osten – Ferner Frieden?« Die Details aber zeigen, dass es – teils propagandistisch – um die palästinensische Sicht geht. Unter den Vortragenden ist beispielsweise ein Hamas-Apologet. Besondere Kritik ruft auch das Zeigen der umstrittenen Ausstellung Die Nakba hervor.

Wir als Jüdische Gemeinde Göttingen wurden vorher nicht angesprochen. Erst als alles feststand, kam ein privater Brief: Wir mögen keine Furcht haben, dass sich das Ganze gegen Israel und die Juden richte. Furchtsam sind wir nicht, aber natürlich richtet sich da Etliches gegen Israel und – warten wir ab – wohl auch gegen Juden.

proteste Die Studentenvertretung protestierte, sie will eine Gegenveranstaltung organisieren, und man einigte sich, dass die Ausstellung gerade mal zwei Wochen später eröffnet wird. Die Uni ergänzte jedoch: »Vorwürfe, die Ausstellung sei antisemitisch, sind haltlos«, das Verwaltungsgericht Freiburg habe so geurteilt. Das aber ist irreführend: Das Gericht hat kein Urteil gefällt, sondern einen Beschluss im Eilverfahren. Mit Antisemitismus beschäftigte es sich nicht, das Wort taucht nicht auf.

Fazit: Wissenschaft bedeutet gerade dort, wo die Wahrheit in der Debatte ist, die Darstellung beider Seiten. Das gilt überall, außer, so scheint es, hier an der Universität Göttingen. Und es bleibt der Eindruck, dass man angesichts der intellektuellen Sprengkraft einer solchen Veranstaltung die Juden außen vor halten möchte.

Das ist verletzend. Und eine vertane Chance. Für das Recht der Bürger und Studenten auf umfassende Information. Und für den essenziell wichtigen Dialog.

Der Autor ist Anwalt, Publizist und sitzt im Vorstand der Jüdischen Gemeinde Göttingen.

Vatikan

Robert Francis Prevost ist neuer Papst

Er ist der erste Amerikaner in diesem Amt und hat sich den Namen Leo XIV. gegeben

von Philipp Znidar, Sabina Crisan  09.05.2025 Aktualisiert

Gedenken

Steinmeier: »Flüchten wir nicht aus unserer Geschichte«

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach bei der Gedenkstunde im Bundestag zum Ende des Zweiten Weltkriegs über Gefahren für die Demokratie

 08.05.2025

Gericht

AfD rechtsextrem? Verfassungsschutz gibt Stillhaltezusage ab

Damit können die Verfassungsschützer die AfD nicht beobachten, bis das Verwaltungsgericht Köln ein Urteil gefällt hat

 08.05.2025

Kommentar

Die Menschen in Gaza brauchen schnell Hilfe

Eine Demokratie wie Israel sollte sich nicht auf schmutzige Kriegstaktiken wie die Blockade von Hilfsgütern einlassen, auch wenn es sich bei der Hamas um skrupellose, abgrundtief böse Terroristen handelt

von Nils Kottmann  08.05.2025

Kommentar

Ulrike Eifler, die Linkspartei und die Auslöschung Israels

Ein hochrangiges Mitglied der Partei delegitimiert auf X Israel. Die Linke muss sich klar davon distanzieren, wenn sie glaubwürdig für Menschenrechte eintreten will

von Andreas Büttner  08.05.2025

Kommentar

Der Ukraine-Krieg überlagert die Pluralität der Erinnerungen

Die Auffassung, dass jeder nach seiner Fasson dem Zweiten Weltkrieg gedenkt, wurde durch Russlands Einmarsch in die Ukraine zerstört. Lenin- und Roter Stern-Orden jüdischer Veteranen und Veteraninnen und ihre »hundert Gramm« in Erinnerung an die gefallenen Kameraden wirken deplatziert

von Dmitrij Belkin  08.05.2025

Umfrage

80 Jahre Kriegsende – Jeder fünfte Deutsche will mehr Gedenken

Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht. Der Zweite Weltkrieg war vorüber. In Berlin und anderswo erinnern die Menschen an die Millionen Opfer. Jüdische Vertreter würdigen die Erinnerungskultur - und warnen zugleich

von Leticia Witte  08.05.2025

Debatte

Schuster: AfD-Regierung wäre für Juden das Signal zur Auswanderung

Die hohen Zustimmungswerte der AfD machen gerade Juden besorgt. Zentralratspräsident Josef Schuster erinnert an die 1930er Jahre: Auch in der NS-Zeit hätten viele Juden lange nicht für möglich gehalten, was dann folgte

von Christoph Schmidt  07.05.2025

Globaler Antisemitismus

J7 beklagen Staatsversagen beim Kampf gegen Judenhass

Ziele sind Einrichtungen wie Synagogen und Schulen - aber auch Menschen. Ein Bericht zeigt erschreckende Zahlen zu Antisemitismus in Deutschland, den USA, Argentinien, Großbritannien, Kanada, Frankreich und Australien

von Leticia Witte  07.05.2025