Meinung

Wir dürfen uns nichts mehr vormachen

Der Rechtsstaat muss härter gegen Judenhasser und Hetze im Netz vorgehen

von Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt  11.10.2019 13:46 Uhr

Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz Foto: Uwe Steinert

Der Rechtsstaat muss härter gegen Judenhasser und Hetze im Netz vorgehen

von Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt  11.10.2019 13:46 Uhr

Der schreckliche Anschlag auf die Synagoge in Halle war ein Schock für die ganze jüdische Welt. Ausgerechnet an Jom Kippur wird auf Juden geschossen, und ausgerechnet in Deutschland. Hass und Gewalt gegen unsere Gemeinde haben eine neues, lange nicht dagewesenes Niveau erreicht.

Antisemitismus Wir dürfen uns nichts mehr vormachen: Antisemitismus und Rechtsextremismus sind wieder auf dem Vormarsch, und Europa ist weit davon entfernt, diese Entwicklung zurückzudrängen. Die entscheidende Frage ist: Macht Deutschland jetzt endlich ernst mit dem Kampf gegen den Antisemitismus?

Folgen Taten, oder wird es wieder nur Betroffenheitsbekundungen geben? Die sind zwar schön, werden den nächsten Anschlag aber nicht verhindern. Ich frage mich: Müssen immer erst Menschen sterben, bis gehandelt wird? Wie groß ist noch das Vertrauen in den deutschen Staat?

Auch die Medien sollten genauer hinschauen, um nicht ungewollt antijüdische und antiisraelische Klischees zu verbreiten.

Wenn es Politik und Gesellschaft wirklich wichtig ist, dass der erfolgreiche Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde in Deutschland am Ende nicht doch noch scheitert und weiterhin jüdisches Leben in Deutschland stattfindet, muss energisch gehandelt werden. Der Rechtsstaat muss härter gegen Hass und Hetze im Netz und gegen rechte Agitatoren vorgehen, in der Neonaziszene durchgreifen und den Gewaltbereiten und Agitatoren das Handwerk legen. Auch für die Sicherheit von Synagogen und jüdischen Einrichtungen muss mehr getan werden.

Sicherheit Es braucht auch den Einsatz für Prävention und für eine bessere Bildungsarbeit. Und es muss die bürgerschaftliche Zivilcourage gefördert werden. Auch die sozialen Medien spielen eine große Rolle. Sie dürfen nicht weiter Vehikel für Hassbotschaften und Aufrufe zur Gewalt sein.

Und auch die Medien sollten genauer hinschauen, um nicht ungewollt antijüdische und antiisraelische Klischees zu verbreiten oder die Täter in den Mittelpunkt der Berichterstattung zu stellen. Nur wenn Deutschland es schafft, die Brandherde von Hass und Antisemitismus zu löschen, die sich peu à peu in der Gesellschaft ausbreiteten, wird jüdisches Leben weiter eine Zukunft haben.

Der Autor ist Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz.

Umfrage

Studie: Für die meisten muslimischen Schüler ist der Koran wichtiger als deutsche Gesetze

Fast die Hälfte der Befragten will einen islamischen Gottesstaat

 22.04.2024

Vereinte Nationen

»Whitewash«: UNRWA-Prüfbericht vorgelegt

Eine Untersuchung sollte die schweren Vorwürfe gegen das UN-Hilfswerk aufklären - vorab sickerten erste Details durch

von Michael Thaidigsmann  22.04.2024

Berlin

Ausstellung will Leben in Geiselhaft simulieren

In der Fasanenstraße werden in einem Container die Bedingungen der Geiseln in Gaza simuliert

von Pascal Beck  22.04.2024

Rechtsextremismus

»Höckes Sprachgebrauch ist ein klarer Angriff - und erfolgreich«

Der Soziologe Andreas Kemper zu Strategien des AfD-Politikers

von Nils Sandrisser  22.04.2024

Frankreich

Französischer Bürgermeister zeigt Hitlergruß - Rücktrittsforderungen

Die Präfektur Val-de-Marne will die Justiz einschalten

 22.04.2024

Meinung

Der Fall Samir

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Österreich

Vier Deutsche nach Gedenkbesuch bei Hitlers Geburtshaus angezeigt

Die Verdächtigen waren nach Braunau gefahren, um dort weiße Rosen niederzulegen

 22.04.2024

Berlin

Große KZ-Gedenkstätten gegen Schüler-Pflichtbesuche

Die Unionsfraktion hatte sich dafür ausgesprochen

 22.04.2024

Meinung

Erinnert euch an Ägypten

Nur eine Handvoll Mitglieder zählen die Gemeinden in Kairo und Alexandria heute. Jedoch haben die wenigsten Juden ihre Heimat aus religiöser Sehnsucht verlassen – sie wurden gewaltvoll vertrieben

von Mascha Malburg  22.04.2024