Interview

»Wer eine Bedrohung darstellt, sollte exmatrikuliert werden«

Adrian Grasse ist wissenschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus Foto: imago images/Stefan Zeitz

Herr Grasse, was muss der Präsident der Freien Universität tun, damit sich jüdische Studenten auf dem Campus wieder sicher fühlen?
Antisemitismus ist kein spezifisches Problem der Freien Universität, sondern betrifft alle Berliner Hochschulen. Die Entwicklungen, die wir in den vergangenen Wochen beobachten mussten, erfüllen mich mit großer Sorge. Wenn jüdische Studentinnen und Studenten sich auf dem Campus nicht mehr sicher fühlen, dann ist das ein Zustand, der uns alarmieren muss und den wir nicht hinnehmen können. Daher erwarte ich auch von der Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten der Berliner Hochschulen eine klare und unmissverständliche Haltung in der Verurteilung jedweder Form von Antisemitismus, und zwar ohne Relativierung oder Aufweichung der im November 2023 gefassten Beschlüsse. Darüber hinaus fordere ich die Verantwortlichen an den Berliner Hochschulen auf, alle ihnen bereits zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um den Schutz und die Sicherheit jüdischer Studentinnen und Studenten zu gewährleisten.

Was sollte der Senat tun?
Im Gegensatz zu anderen Bundesländern sind nach der derzeitigen Rechtslage in Berlin Exmatrikulationen aus Ordnungsgründen nicht möglich. Die Berliner Hochschulen haben hier kaum Handlungsspielräume. Auch der Präsident der Freien Universität hat deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht die derzeitigen Hilfsmittel nicht ausreichend sind. Ich verstehe das als klaren Auftrag an den Gesetzgeber, hier nachzuschärfen. Vorübergehende Hausverbote können doch nicht die alleinige Antwort sein. Studenten, die für ihre Kommilitonen eine Bedrohung darstellen, sollten exmatrikuliert werden können. Wenn einzelne Hochschulleitungen dies tatsächlich anders sehen, dann bin ich auf die Begründung gespannt. Aus meiner Sicht dürfen wir jedenfalls keinen Zweifel daran lassen, dass Antisemitismus in unserer Stadt und damit auch an unseren Hochschulen keinen Platz hat.

Sie fordern, Antisemitismus auch mit Exmatrikulationen zu bekämpfen. In welchen Fällen sollten antisemitische Studenten exmatrikuliert werden?
Bis zum Jahr 2021 gab es im Berliner Hochschulgesetz eine Regelung, die Exmatrikulationen bei Ordnungsverstößen als mögliches Mittel vorsah, wenn ein Student beispielsweise durch die Anwendung von Gewalt gegenüber anderen Hochschulmitgliedern oder durch sexuelle Belästigung auffällig wurde. Auf diese oder eine ähnliche Regelung könnte man zurückgreifen. Mir geht es in erster Linie darum, den Instrumentenkasten für die Hochschulleitungen um die Exmatrikulation zu erweitern. Allein durch die Möglichkeit zur Anwendung dieses Instruments verspreche ich mir im Übrigen bereits eine disziplinarische und auch präventive Wirkung.

Warum wurde das Ordnungsrecht überhaupt aus dem Hochschulgesetz gestrichen?
Das Ordnungsrecht wurde kurz vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus im Jahr 2021 im Rahmen der damaligen Novellierung aus dem Berliner Hochschulgesetz gestrichen. Die Initiative ging auf einen Änderungsantrag von Rot-Rot-Grün zurück, zu dem die Hochschulen selbst übrigens nie angehört wurden. Als CDU haben wir sowohl das Verfahren als auch die inhaltliche Ausgestaltung der BerlHG-Novelle scharf kritisiert. Die Abschaffung des Ordnungsrechts war fatalerweise Teil einer Reihe von Maßnahmen zur Einschränkung der Hochschulautonomie. Ich halte dies nach wie vor für einen schweren Fehler.

Die Fragen an den wissenschaftspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus stellte Nils Kottmann.

Terror

Eli Sharabi berichtet von Hamas-Geiselhaft und Mord an seiner Familie

Ausgehungert, erniedrigt, seiner Familie beraubt: Eine ehemalige Geisel der Hamas erzählt vor dem UN-Sicherheitsrat seine Geschichte von 491 Tagen in Gefangenschaft

von Benno Schwinghammer  20.03.2025

Leserbriefe

»Es gibt uns, nichtjüdische Deutsche, die trauern und mitfühlen«

Nach der Sonderausgabe zum Schicksal der Familie Bibas haben uns zahlreiche Zuschriften von Lesern erreicht. Eine Auswahl

 20.03.2025

Brandenburg

KZ-Gedenkstätten erwarten 17 Schoa-Überlebende

Zum 80. Jahrestag der Befreiung von Sachsenhausen und Ravensbrück wird im Mai an die mehr als 300.000 Inhaftierten erinnert

 20.03.2025

Freiburg

»Bundesweit einzigartig«: NS-Dokumentationszentrum öffnet

Das neue Zentrum will Museum, Gedenkort und Diskussionsforum sein. Die Macher sprechen vom modernsten Zentrum seiner Art in ganz Deutschland

 20.03.2025

Washington D.C.

Indischer Wissenschaftler wegen Hamas-Nähe festgenommen

Vor etwa anderthalb Wochen sorgte die Festnahme eines palästinensischen Studenten in den USA für Aufsehen. Nun trifft es einen indischen Akademiker. Der Verdacht in beiden Fällen: Unterstützung der Hamas

 20.03.2025

Medien

Gil Ofarims Anwälte sollen ihn »zum Geständnis geprügelt haben«

Lange hatte der Musiker zum Verleumdungs-Prozess gegen ihn geschwiegen. Jetzt erwecken seine Anwälte den Eindruck, dass Ofarim nur aus einer Not heraus gestanden hat

 20.03.2025

Hass

Medwedew vergleicht Merz mit Goebbels

Der wahrscheinliche nächste Bundeskanzler Merz wirft Russland vor, »Krieg gegen Europa« und nicht nur gegen die Ukraine zu führen. Das stößt in Moskau auf eine scharfe Reaktion

von Ulf Mauder  20.03.2025

Würzburg

Knobloch: Aus Angst bestellen Juden Pizza unter falschem Namen

Judenhass in Deutschland nimmt immer größere Ausmaße an, so die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Für sie kann von Normalität keine Rede mehr sein - schon bei kleinen Dingen im Alltag

 20.03.2025

Studie

Kooperation mit der AfD - Laut Studie wird die Brandmauer bröckelig

Die Parteien der politischen Mitte betonen es regelmäßig: Sie lehnen eine Zusammenarbeit mit der AfD ab. Die Realität sieht jedoch anders aus

 20.03.2025