Meinung

Wehret den Schlabberlätzchen

Es ist nicht so, dass Juden derzeit nicht gute Gründe hätten, sich zu sorgen. Im Nahen Osten wächst der Einfluss der fundamentalistischen Israelhasser, von den Muslimbrüdern in Ägypten bis zu Al-Qaida-Ablegern in Syrien. In Europa nimmt der offene Antisemitismus zu, wie in Ungarn, Frankreich und Schweden – und leider nicht nur dort.

Und womit befassen sich in dieser Lage jüdische Aktivisten in den USA? Mit Schlabberlätzchen. Genauer, mit einer bei Amazon.com vertriebenen Produktlinie namens »Jüdische Schlabberlätzchen«. Das Jüdische daran sind mehr oder minder witzige Aufdrucke wie zum Beispiel »Mamas kleiner Mazzeknödel«. Gut, darüber regt sich keiner auf. Dafür umso mehr über zwei andere Teile.

Stereotype Auf dem einen steht »Ich werde mal Anwalt«, auf dem anderen »Ich werde mal Arzt«. Dazu, das ist der Stein des Anstoßes, Dollarscheine auf dem einen, Münzen auf dem anderen Lätzchen. Das, so die Aktivisten, sei geeignet, negative Stereotype über geldgierige Juden zu verbreiten. Sie entfachten deshalb einen Shitstorm im Netz, woraufhin Amazon die Schlabberlätzchen aus dem Sortiment nahm. Wieder eine Schlacht gewonnen gegen Amalek. Als Nächstes sind wahrscheinlich die beliebten »Mein Sohn, der Doktor«-Witze dran.

Einige meiner besten Freunde sind jüdische Anwälte. Auch mit jüdischen Angehörigen der Ärzteschaft stehe ich auf vertrautem Fuß. Diese Bekannten verdienen gutes Geld und schämen sich dessen nicht. Warum sollten sie auch? Ihre hohen Einkommen sind ein Ausweis dafür, dass sie ihre Jobs gut und zur Zufriedenheit ihrer Mandanten, Patienten und, last not least, Eltern machen, die ihre Kinder mit gutem Grund auf diesen Berufsweg gedrängt haben.

Ich wage die Behauptung, dass unter den Aktivisten bestimmt keine Juristen oder Mediziner waren. Mal abgesehen davon, dass sie die Zeit für derlei Aktionen nicht haben, weil sie für ihr vieles Geld auch viel arbeiten müssen, stellen jüdische Anwälte und Ärzte (beziehungsweise deren Mütter) mutmaßlich sogar einen Großteil der Käuferschaft der Schlabberlätzchen. Die Aktivisten sind wahrscheinlich nur neidisch. Was ich verstehen kann. Ein Dollar-verziertes Lätzchen mit dem Aufdruck »Ich werde mal Journalist« hatte Amazon nicht im Sortiment.

Akaba/Jerusalem

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