Meinung

Was will Palästina in Den Haag?

Es war absehbar. Nachdem die UN-Vollversammlung 2012 der Palästinensischen Autonomiebehörde den Beobachterstatus zuerkannte, benannte diese sich umgehend in »State of Palestine« um. Der Beitritt zum sogenannten Rom-Statut, der die Mitgliedschaft beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (ICC) ermöglicht, war daher nur eine Frage der Zeit.

Nachdem die Palästinenser vor dem UN-Sicherheitsrat mit ihrem Plan gescheitert waren, Israel zu einem einseitigen Abzug aus Judäa, Samaria und Ostjerusalem zu zwingen, ließ der Beitritt zum Rom-Statut nicht lange auf sich warten. Als ICC-Mitgliedsstaat können die Palästinenser die Verfolgung von vermeintlichen israelischen Kriegsverbrechen innerhalb der von Israel 1967 eroberten Gebiete beantragen.

konsequenzen Doch möglicherweise hat Abbas die Konsequenzen unterschätzt: Dann unterstellen sich die Palästinenser nämlich auch selbst der internationalen Strafverfolgung. Die Hamas, mit der Abbas koaliert, hat tausendfach vorsätzlich zivile Ziele in Israel beschossen und versucht, israelische Zivilisten aus Tunneln anzugreifen; das sind Kriegsverbrechen.

Zudem verfolgt der ICC nur dort, wo ein betroffener Staat nicht selbst ermittelt. Israel aber hat bezüglich des letzten Gaza-Kriegs eigene strafrechtliche Ermittlungen gegen Zahal-Soldaten eingeleitet. Ein Einschreiten des ICC dürfte daher fraglich sein. Zudem stellt der Beitritt der Palästinenser einen krassen Verstoß gegen die Osloer Verträge dar: dort steht das Verbot einseitiger Maßnahmen sowie der Grundsatz der ausschließlich israelischen Jurisdiktion über die in den Gebieten lebenden Israelis.

kriminalisierung Doch geht es den Palästinensern in Wirklichkeit um etwas anderes: die internationale Kriminalisierung der in den Gebieten errichteten Siedlungen. Der palästinensischen Interpretation der 4. Genfer Konvention, die den Transfer der eigenen Zivilbevölkerung in militärisch kontrollierte Gebiete untersagt, stimmen etliche Staaten zu. Hier wird Israels Argumentation der Freiwilligkeit und der völkerrechtlichen Rechtmäßigkeit der Wohnsitznahme nachhaltig herausgefordert werden.

Für Israel sind das keine Gründe zur Gelassenheit, zumal die Osloer Verträge den Palästinensern durch die Autonomie den Gang nach Den Haag erst ermöglichten. Eines zeigt sich an dieser Entwicklung erneut: Den Palästinensern ist die Schädigung und Delegitimierung Israels wichtiger als die Förderung ihrer eigenen Unabhängigkeit.

Der Autor ist Rechtsanwalt in Berlin und Vorsitzender des Keren Hayesod Deutschland.

Nahost

Netanjahu nach Washington abgereist - Treffen mit Trump 

Der israelische Regierungschef trifft den US-Präsidenten zum dritten Mal in sechs Monaten. Die Beziehungen sind eng. Mit Blick auf den Nahen Osten knüpfen sich an den Besuch große Erwartungen

 06.07.2025

Politik

AfD will im Bundestag »gemäßigt« auftreten

Die rechtsextreme Partei will sich im Parlament weniger krawallig präsentieren und beschließt dafür einen Verhaltenskodex

 06.07.2025

Meinung

New York: Zohran Mamdani und der Clash der Generationen

Der Bürgermeisterkandidat der Demokraten wurde nicht zuletzt wegen seiner antizionistischen Haltung gewählt. Während er unter jungen jüdischen New Yorkern Unterstützer hat, stehen die älteren überwiegend fest an Israels Seite

von Hannes Stein  06.07.2025

Meinung

Israel, Iran und das Völkerrecht

Die Präventivschläge Israels gegen das Atomprogramm der Mullahs verstießen nicht gegen das Völkerrecht, sondern waren ebenso notwendig wie angemessen

von Daniel Neumann  06.07.2025

Westjordanland

Kritik nach Angriff auf Deutsche-Welle-Mitarbeiter

Eine Korrespondentin und ein Kameramann wurden am Freitag von radikalen Siedlern mit Steinen beworfen

 06.07.2025

Interview

Antisemitismusforscher: »Seit dem 7. Oktober gibt es eine Mobilisierung gegen Juden«

Günther Jikeli über die Auswirkungen des 7. Oktober 2023 auf die deutsche Gesellschaft, israelfeindliche Proteste an Hochschulen und Defizite in der Wissensvermittlung

von Pascal Beck  06.07.2025

Nuklearprogramm

Atominspektoren der IAEA verlassen den Iran

Nach dem Krieg mit Israel setzt Teheran weiter auf Konfrontation mit der Internationalen Atomenergiebehörde

 05.07.2025

Extremismus

BSW-Chefin Wagenknecht will Brandmauer zur AfD einreißen 

Gespräche zwischen BSW und AfD? Landespolitiker in Thüringen haben es vorgemacht. Selbstverständlich sei das auch auf Bundesebene möglich, sagen beide Seiten

von Torsten Holtz  04.07.2025

Meinung

Der falsche Feind

Warum der deutsche Pazifismus blind für die Realitäten in Nahost ist – und deshalb moralisch Schiffbruch erleiden muss

von Mirna Funk  06.07.2025 Aktualisiert