Meinung

Was es bedeutet, jüdischer Studierender in Berlin zu sein

Hanna Veiler, Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD). Foto: privat

Als unsere Handys am Samstagabend klingelten und uns die Nachricht erreichte, dass ein jüdischer Studierender krankenhausreif geschlagen wurde, war kaum jemand von uns überrascht. Es war eingetroffen, wovor wir seit Monaten gewarnt haben. Die schlimme Befürchtung, die Gefahr würde bald auch körperlich werden, erfüllte sich. 

Es ist eine Bitterkeit unter jüdischen Studierenden eingekehrt, die wir früher so nicht kannten. Es ist zu unserer Normalität geworden, sich auf dem Heimweg umzudrehen, um sicher zu stellen, nicht verfolgt zu werden. Es ist Normalität geworden, im Uni-Alltag jederzeit auf antisemitische Vorfälle vorbereitet zu sein. Das Klima, in dem sich jüdisches Studierendenleben aktuell abspielen muss, ist bestenfalls ignorant und schlimmstenfalls - dies ist keineswegs eine Übertreibung - lebensgefährlich. 

Dass einem jüdischen Studierenden mitten in Berlin die Nase gebrochen wird, er mehrfache Frakturen im Gesicht erlitten hat , zeigt deutlich, dass auf Parolen auf Demos schnell Taten folgen. Wer von »Intifada von Dahlem bis nach Gaza« träumt oder das Massaker des 7. Oktobers als Widerstand legitimiert, wird nicht davor zögern, zuzuschlagen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Diese Art des Judenhasses ist an deutschen Unis längst salonfähig.

Man muss das Wort »Jude« nur durch »Zionist« ersetzen, um die moralische Legitimation zu verspüren, körperliche Gewalt anzuwenden. Denn im antisemitischen Weltbild sind »Zionisten« keine Menschen. Sie hätten ihr Leid verdient, heißt es in der Argumentation. Eine Argumentation, die wir nach dem 7. Oktober viel zu häufig hören mussten und die wir nun, nachdem einer von uns mit ernsten Verletzungen im Krankenhaus liegt, von zahlreichen Mitstudierenden, die den Angriff des Täters befürworten, hören. 

Dass Worte zu Taten werden, sollte gerade in diesem Land keiner weiteren Ausführung brauchen. Umso schlimmer ist es, dass dies bei der Universitätsleitung der FU weiterhin nicht angekommen zu sein scheint. Anhand der bisher veröffentlichen Statements wird klar, dass die Leitung der Freien Universität weiterhin nicht sieht, welche Rolle ihr eigenes Versagen im Übergriff auf den jüdischen Studierenden gespielt hat. Denn in den vergangenen Monaten konnte sich Antisemitismus an der FU ohne Angst vor unmittelbaren Konsequenzen ausbreiten.

Dass es so weit gekommen ist, ist ein Indiz für die jahrzehntelange Relativierung der antisemitischen Gewalt innerhalb des Bildungswesens. Es ist die Konsequenz der Leugnung dessen, dass es an der eigenen Einrichtung ein Antisemitismusproblem geben könnte, die bis heute anhält. Und es sind jüdische Studierende, die nun den Preis dafür zahlen. 

Die Autorin ist Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD).

Terrorismus

Plant der Iran einen Anschlag in München?

Einem »Focus«-Bericht zufolge ist ein islamistischer Terrorplot aufgedeckt worden - auch Juden sollen im Visier sein

 02.05.2024

Bayern

Antisemitische Vorfälle in Bayern auf Rekord-Hoch

Auffallend sei der Anstieg registrierter Vorfälle mit Bezug auf die Ereignisse in Israel und den Palästinensergebieten seit dem 7. Oktober

 02.05.2024

Meinung

Propaganda-Krieg vor Gericht

Wie Israel kriminalisiert und das Gesetz zur Waffe im politischen Kampf gegen den jüdischen Staat wird

von Rafael Seligmann  02.05.2024

Köln

Masal tow, Ebi!

Zentralratsvizepräsident Abraham Lehrer ist 70 geworden. Eine Würdigung von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst

von Hendrik Wüst  02.05.2024

Nahost

Hamas lehnt Geiseldeal ab, will aber weiter verhandeln

Die Lage am Donnerstagmorgen - und ein Ausblick auf den Tag

 02.05.2024

Judenhass

Festnahme nach Brandanschlag auf Synagoge

Der Tatverdächtige ist 16 Jahre alt

 01.05.2024 Aktualisiert

Justiz

Facebook-Post am 7. Oktober - Prozess gegen Münchner Imam

Der Imam hatte am Tag des Angriffes der Hamas auf Israel geschrieben: »Jeder hat seine eigene Art, den Oktober zu feiern.« Dahinter hatte er einen Smiley gesetzt

 01.05.2024

Antisemitismus

Islamistische Jugendliche sollen Angriffe auf Juden geplant haben

Eine Gruppe von 14- bis 17-Jährige sollen geplant haben, Juden mit Waffen anzugreifen

 01.05.2024

Teheran

International gesuchter Ex-Boss der »Hells Angels« im Iran getötet

Ramin Y. galt als Hauptverdächtiger für einen Anschlag auf die Bochumer Synagoge

 01.05.2024