Meinung

Warschauer Helden

Zentralratspräsident Dieter Graumann Foto: Das Portrait

»Es ging nur darum, die Art des Sterbens zu wählen.« Mit diesen ebenso schlichten wie ergreifenden Worten erklärte Marek Edelman das Motiv für den Warschauer Ghettoaufstand. Vor 70 Jahren wagten es knapp 1000 Bewohner des Ghettos, sich gegen die militärisch völlig überlegenen Deutschen zu erheben.

2009 starb der letzte überlebende Anführer des Warschauer Ghettoaufstands. Heute gedenken wir voller Bewunderung der Männer und Frauen, die so tapfer Widerstand leisteten. Es war ihnen klar, dass sie keine Chance hatten, den Aufstand zu gewinnen. Es ging ihnen nicht um den Sieg, es ging ihnen lediglich um ihre Würde, um die Würde aller Ghettobewohner. 1943, drei Jahre nach Errichtung des Ghettos, lebten von den einst etwa 500.000 Menschen, die in das Ghetto eingezwängt wurden, nur noch rund 60.000.

kommando Mordechai Anielewicz gelang es, die bis dahin zersplitterten Widerstandsgruppen zu einen. Unter seinem Kommando erhob sich am 19. April 1943 die Jüdische Kampforganisation »Zydowska Organizacja Bojowa« (ZOB) mit geheim gesammelten Waffen gegen die SS-Truppen. In den knapp vier Wochen dauernden Kämpfen wurden mehr als 56.000 Juden von SS und Polizei getötet oder deportiert.

Über den Heldenmut der Aufständischen ist ebenso viel diskutiert worden wie über die angeblich mangelnde Gegenwehr der Millionen Opfer der Schoa. Vergessen wurde dabei, dass die Verfolgten gar keine Chance hatten. Wie hätten sie sich denn Waffen besorgen sollen? Wo gab es Unterstützung aus der zivilen nichtjüdischen Bevölkerung?

denunziation In Deutschland und den meisten von den Nazis besetzten Ländern fehlte nicht nur diese Hilfe, die notwendig gewesen wäre, um sich zu wehren. Es war doch sogar zu oft das genaue Gegenteil der Fall. Die Zivilbevölkerung war häufig von Verfolgern, Denunzianten und Spitzeln durchsetzt. Und: Wer nicht aktiv mitmachte bei der Ausgrenzung und Verfolgung der Juden, schaute einfach weg. Das hat es den Nazis so leicht gemacht, ihr Vernichtungswerk europaweit in Gang zu setzen – und den Juden wiederum jede Gegenwehr praktisch unmöglich gemacht. Jene einzelnen, ganz wenigen Menschen, die damals den bedrängten Juden dennoch halfen, verdienen heute umso mehr Beachtung und Bewunderung.

Der Aufstand im Warschauer Ghetto aber ist für uns bis heute ein Fanal geblieben. Wir nehmen Benachteiligung nicht mehr widerspruchslos hin. Wir verstecken uns nicht. Wir lassen uns nicht einschüchtern. Und wir lassen uns unser jüdisches Leben auch nicht beschränken. In diesem kämpferischen Geist behauptet sich auch Israel, das uns allen so am Herzen liegt, nun schon seit 65 Jahren, allen machtvollen Feinden zum Trotz. Wichtig ist, dass wir Juden in Deutschland, aber auch weltweit, dabei zusammenstehen. So wie seinerzeit die Widerstandskämpfer im Warschauer Ghetto. Ihr Vermächtnis wird bleiben. Wir werden sie niemals vergessen!

Der Autor ist Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Frankreich

Spezialeinsatz vor iranischem Konsulat in Paris

Ein Mann soll mit Granaten am Gürtel das Gebäude betreten haben

 19.04.2024

Wiesbaden

Hessen lädt iranischen Generalkonsul aus

Es könne nicht so getan werden, »als ob nichts gewesen wäre«, sagt Manfred Pentz (CDU)

 19.04.2024

Nahostkonflikt

»Israel muss iranische Rakete mit Atomsprengkopf fürchten«

John Bolton warnt im NZZ-Interview vor der Verbreitung von Nukleartechnologie durch Nordkorea

 19.04.2024

Meinung

Gezielte Aktionen gegen das iranische Regime werden weitergehen müssen

Warum Teheran nicht nur eine Gefahr für die Region, sondern auch für die Ukraine ist

von Saba Farzan  19.04.2024

Iran/Israel

Scholz warnt erneut vor Eskalation im Nahen Osten

Es habe »erneut eine militärische Aktivität« gegeben, stellt der Bundeskanzler fest

 19.04.2024

Gmund

Merz: Selbstverteidigungsrecht Israels endet nicht an eigener Grenze

»Die Eskalationsdominanz liegt allein beim Mullah-Regime in Iran«, so der CDU-Chef

 19.04.2024

Antisemitismus

Zentralrat der Juden äußert sich zu Hallervordens Gaza-Video

Das Gaza-Gedicht des Schauspielers wurde in den vergangenen Tagen massiv kritisiert

 19.04.2024

Vereinte Nationen

Amerikanisches Veto gegen UN-Vollmitgliedschaft für Palästina

Die USA sehen Einigung auf eine Zweistaatenlösung als Voraussetzung für eine Anerkennung

 19.04.2024

Berlin

Zeitung: Anstieg rechtsextremer und antisemitischer Straftaten

Durch Judenhass motivierte Straftaten nehmen stark zu

 19.04.2024